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L!VE-Redaktion

Starker Typ macht starke Fotos

Schwer zu entscheiden, was der größere Hingucker ist, der charismatische Fotograf Jonas Ziegler, die Körperkunst auf seinem Body oder seine Fotografien. Der gebürtige Schwalbacher ist Jahrgang ’93 und gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger. Ein Beruf, zu dem er trotz aller bekannten Widrigkeiten wie fehlender, wirklicher, gesellschaftlicher Wertschätzung nach wie vor steht, wenn gleich in letzter Zeit seine Hingabe zur Fotografie mehr und mehr seiner Zeit in Anspruch nimmt. Denn seit etwa fünf Jahren betreibt er sein einstiges Hobby zunehmend ernsthafter. Da wird es Zeit, den Mann mal vorzustellen…

Text: Kasimir Ehmke

L!VE: Bevor wir zur Fotografie kommen, kurz ein paar Gedanken zu Deinem eigentlich Job. Mal abgesehen von den Karmapunkten, die Du und Deine Kollegen da mehr als verdient sammeln, macht die Arbeit in der Pflege überhaupt Spaß?

Jonas Ziegler: In der Pflege muss man um alles kämpfen. Das ist halt so das Ding. In der Fotografie kann man sich sehr leicht sehr viel selbst erarbeiten. Dafür braucht man kein ultimates Equipment, um da ziemlich gute Arbeit abzuliefern und damit Geld zu verdienen. Dagegen könnte ich in meinem Pflegeberuf noch zig Weiterbildungen machen und noch etliche Sachen mehr. Trotzdem würde kaum mehr verdienen. Da überlegt man schon, mit der Fotografie in die Selbstständigkeit zu gehen. Ich arbeite an sich auch sehr gerne in meinem eigentlichen Beruf, aber es wird halt zunehmend mieser.

L!VE: Wie viel Zeit nimmt Deine Fotografie unter diesen Bedingungen im Augenblick in Anspruch?

JZ: Meinen Job in der Pflege habe ich schon auf 75 Prozent reduziert. Den Rest mache ich Fotografie. Manchmal sogar noch mehr darüber hinaus. Im Moment läuft es ganz gut und ich denke, ich werde dann auch weiter mehr zur Fotografie übergehen. Gibt mir im Prinzip aktuell mehr und ich komm damit sogar besser über die Runden als wenn ich mich jetzt in der Pflege halb tot arbeiten würde.“

L!VE: Also ist die Arbeit mit der Kamera längst mehr als nur ein Hobby?

JZ: Genau. Das war mal ein Hobby. Zuerst habe ich gar keine Menschen fotografiert, sondern nur Lost Places. Dann, so mit Beginn der Pandemie, wurde es immer schwieriger an die Locations zu kommen. Man konnte ja auch nicht mehr ins Ausland gehen. Da dachte ich mir, ich probiere mal was anderes und versuche mich auch in anderen Sparten der Fotografie.

L!VE: Die Talente, die Du unbestreitbar hast, teilst Du auch gerne mit anderen, indem Du beispielsweise andere, junge Fotografen unterstützt und ihnen sogar dein Equipment leihst.

JZ: Ja, also sagen wir mal so, man sieht ja, wenn jemand sehr ambitioniert ist und Bock auf die Sache hat. Beim Jonas Kammer habe ich das beispielsweise direkt gesehen und der hatte halt mega Bock. Der war zu dem Zeitpunkt ja ausschließlich analog unterwegs und ich dachte mir, der jetzt zum Beispiel dasselbe Equipment hätte wie ich, dann könnte er so viel reißen. Sowas unterstütze ich dann halt mega gern, weil es halt an sich ein sehr teures Hobby ist. Da kann man wirklich froh sein, wenn da jemand einen an die Hand nimmt. In der Vergangenheit als ich damit angefangen habe, hatten wir so eine kleine Gruppe an Leuten, mit der wir uns immer gegenseitig geholfen haben. Und es gibt natürlich mehrere Fotografen, mit denen ich bis heute zusammenarbeite und wo man sich das eine oder andere leiht oder sich ergänzt oder mir hilft.

L!VE: Gab es so was wie einen Hauptbeweggrund, der Dich antrieb,zu fotografieren? Bei den Lost Places war es wahrscheinlich die Faszination, die diesen vergessenen Räume irgendwie innewohnt?

JZ: Also das war schon so das Ding von Lost Place fotografieren. So der Nervenkitzel. Bei der anderen Fotografie oder bei der generell normalen Fotografie finde ich halt immer geil, entweder Eigenes zu schaffen, also wirklich sehr kreativ zu sein und das dann auch wirklich umzusetzen. Und wenn das dann funktioniert, ist natürlich noch geiler. Außerdem sehe ich halt in meinem eigentlichen Beruf schon sehr viel Leid und eher negative Sachen und auf der Station, wo ich arbeite, hat man jetzt auch nicht immer die krass positiven Erfahrungen. Dann im Ausgleich dazu beim Fotografieren diese schönen Momente für mich selber so wahrzunehmen, auch darum ging es mir.

L!VE: Lost Places, Portraits, Live-Konzerte, hast Du bei all dem eine bevorzugte Richtung?

JZ: Also, das mit dem Lost Places mache ich schon länger nicht mehr, weil das ist wirklich sehr zeitintensiv und einiges an Vorbereitung bedarf. Also ich würde sagen, ich bin fototechnisch eher ein Allrounder geworden. Sprich ich gucke in alles rein, gucke mir alles nur an und nehme nur mit, was geht. Unterm Strich aktuell hauptsächlich Porträtfotografie, aber beispielsweise auch gerne Hochzeiten. Die nutze ich nicht nur, um mein Equipment etc. zu finanzieren, das macht auch sehr viel Spaß. Aber ich würde mich jetzt nicht festlegen, was ich genau am liebsten mache. Wie gesagt, ich gucke in jede Sparte rein. Ich teste mich da aus, weil dann bin ich auch im Endeffekt für alles, was dann so an Aufträgen kommt, auch gewappnet, kann dann dementsprechend gut drauf reagieren.

L!VE: Zurück zu den Anfängen, was war Deine erste Kamera?

JZ: Das war eine von meiner Mutter und die ist auch längst zurück bei ihr, das war nur eine Leihgabe. Aber da habe ich als allererstes gemerkt, da kommt man ganz schnell ans Limit. Und die ersten Bilder von der Digitalkamera waren dann so geil, wo ich mir dachte Wow, krass. Das ist alles möglich, wenn man die Einstellungen richtig setzt und macht. Und dann habe ich mir irgend so eine Sportkamera am Anfang gekauft. Ich weiß auch nicht mehr, was es für eine war. Die war aber leider nicht so passend für meine Dienste und ich bin ich relativ schnell und switcht auf eine digitale Spiegelreflex und dann irgendwann auf eine Systemkamera.

L!VE: Deine Foto-Skills, hast du dir das alles selber oder hast du deinerseits von Bekannten profitiert oder gar irgendwelche Kurse besorgt?

JZ: Ich hatte immer ziemlich Glück, dass ich zur richtigen Zeit an die richtigen Leute geraten bin. Als ich gerade so am Switchen war von Lost Places zur Porträtfotografie, bin ich über eine Arbeitskollegin Lydia Golumbeck geraten. Sie hat mich dann mit an der Hand genommen und bei der bin ich so circa zweieinhalb, drei Jahre, immer, wenn die Zeit hatte, mitgelaufen und habe mir da sämtliches Wissen angeeignet, was ich jetzt so als Basis nutzt. Also die war schon sehr, sehr tragend auch für meine Entwicklung und hat mich wirklich sehr vorangebracht. Genau wie Marco Schmidt, der auf jeden Fall mit seinem Foto meinen Weg begleitet hat und ohne den ich sehr viele Möglichkeiten nicht gehabt hätte, das muss ich ganz klar sagen. Das Gleiche gilt auch für Julia Valentini und Sandro Ryu Rose, mit denen ich viel zusammengearbeitet haben und immer noch sehr gerne zusammenarbeite.

L!VE: Wie entstehen deine Bilder?

JZ: Also erstens kommt die Bildidee oder die Bildsprache an sich. Ich gucke immer, dass ich meinen Bearbeitungsstil relativ ans Analoge anlehnen. Ich finde Analogfotografie megageil und es schon schwierig, diesen Look zu imitieren. Also wenn man den Look will, ist es am Einfachsten direkt analog zu fotografieren. Und ja, generell so ein bisschen retro. Ich nutze sehr wenig Kunstlicht, generell kaum Bildbearbeitung und wenn, dann nur sehr dezent. Also ich fange jetzt nicht an, jemandem die Arme dünner zu retuschieren oder den Körper komplett zu verändern oder jegliche Falten aus dem Gesicht zu holen, weil ich finde, gerade das gibt dem Bild halt so ein gewisses Leben.

L!VE: Der einzige Weg sich deine Arbeiten anzuschauen, ist dein Insta-Account. Du hast aktuell keine Website, woran hängt es?

JZ: Eigentlich ist die Seite schon zu drei Viertel fertig. Ich muss die jetzt nur noch anlegen, dann gibt es noch so ein bisschen rechtliches Zeug und Impressum zu klären und dann steht die Seite.

Insta: @jonas_zglr_

Reine Männersache

Kubanische Zigarren, Champagner, Showgirls und ein unschlagbares Vier Gänge Menü – Was will man(n) mehr?

Ruhig Blut, werte Damen, selbstverständlich waren beim Herrenabend im Spiegelpalais Ende November auch bezaubernde weibliche Begleitungen gern gesehen. Allerdings war die Programmgestaltung dieses Zigarren-Events ausdrücklich auf die Herren der Schöpfung zugeschnitten. Die gönnten sich einen durch und durch männlichen Abend der Extraklasse im Alexander Kunz Theatre. Und der war wirklich überragend gelungen mit einer unvergesslichen Dinnershow mit Spitzenartisten und Künstlern, Champagner von Laurent Perrier, frischen Austern, leckeren Cocktails uns natürlich wunderbare Gäste. Kurz, es war eine rauschende Ballnacht, wie nicht zuletzt unsere Bilder belegen.

Pack die Raver-Hose ein

Das Lucky Lake Festival im Strandbad Losheim wird auch nächstes Jahr aufs Neue seine Bedeutung für alle Liebhaber elektronischer Musik in der Großregion unterstreichen. Das mitreißende Zusammenspiel aus angesagten DJs und Musikern, feierlustigem Publikum, qualitativ hochwertigen Soundsystemen, immer wieder neuen Dekoideen, lächelnden Securities und Barleuten, geschmackssicheren und regionalen Food Trucks und, und, und… Das alles macht das Lucky Lake Festival in Losheim aus! Headliner dieses Jahr sind u.a. Alfred Heinrichs, Ben Dust, Hillmann & Neufang, Kerstin Eden, Klanglos, Lexy & K-Paul, Mark Dekoda, Nusha, Pappenheimer, Pretty Pink. Mit dem Strandbad in Losheim am See wurde die perfekte Location für unser elektronisches Musikfestival gefunden. Der Badesee gehört zu den größten der Region und ist mit einer Kapazität von bis zu 10.000 Personen perfekt geeignet, das elektronische Open Air Festival zu zelebrieren. Außerdem verfügt er über einen Campingplatz, zwei Hotels und ausreichend Parkplätze am Festivalgelände. Alle Infos und das komplette Line-Up auf luckyfestival.com

Lucky Lake Festival – am 31.08. ab 12.00  Uhr im Strandbad Losheim am See 

WinterAktion Saar 2023/24

Das Saarland rückt erneut zusammen

Es ist Winter und draußen wird es immer kälter. Für viele Menschen ist die Winterzeit Erholung und Beisammensein. Für andere stellt die kalte Jahreszeit eine große Herausforderung dar. Hohe Energie- und Lebensmittelpreise treffen insbesondere die heute schon Ärmsten unserer Gesellschaft.

In der Zeit von Anfang November 2023 bis Ende März 2024 wird daher wieder das Mitmachprojekt „WinterAktion Saar“ ins Leben gerufen. Die Landesregierung möchte mit der Aktion die größten sozialen Härten vermeiden und gewährleisten, dass im Saarland niemand hungern oder frieren muss. Gemeinsam mit dem großen Netzwerk bestehend aus den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Kommunen, Vereine und weiteren Organisationen wird ein großes Angebot an Hilfsmaßnahmen vorgehalten.

Die Hilfe umfasst beispielsweise Wintercafés, in denen Mahlzeiten verteilt werden oder auch Ausgabestellen von Hilfspaketen mit Dingen des täglichen Bedarfs. Die Hilfe richtet sich an alle, die aufgrund der allgemeinen Preisentwicklungen in einer finanzielle Schieflage sind.

Alle beteiligten Partner sind stets auf der Suche nach helfenden Händen: Sprechen Sie die Mitarbeiter:innen vor Ort einfach an. Sie finden die Kontaktdaten und Ansprechpartner:innen auf unserer Webseite. Oder unterstützen die Aktion finanziell – jeder Euro hilft!

Web: saarland.de/winteraktion

IBAN: DE93 5905 0000 0700 0088 40

Wildnis [er]leben

Als Lebewesen sind wir unbestreitbar ein Teil der Natur, in der heutigen Zeit gerät das nur allzu
schnell in Vergessenheit. Wir haben uns von „unserer“ Natur entfernt, sind ihr fremd geworden. Daher
ist es nicht verwunderlich, wenn eine Nacht allein im Wald, auf dem Boden, für die meisten eher eine
Albtraum-Vorstellung ist. Doch ganz so krass muss es nicht unbedingt sein.

Von der Kräuterwanderung bis hin zum Survival-Kurs, in der Wildnisschule „Plan-B – Wildnis [er]leben“ gibt es verschiedene Angebote um der Natur wieder näher zu kommen. Etwas Neues lernen, sich selbst oder Kollegen aus einem anderen Blickwinkel kennen lernen, dazu muss man immer einen Schritt über den eigenen Horizont hinaus wagen. Was einen dort erwartet? Nun, in jedem Fall ein kleines Abenteuer.
Neben den umfangreichen Kursangeboten zu unterschiedlichsten Themen sind auch individuelle
Anfragen für Gruppen oder Firmen für Teamevents und Teambuilding jederzeit möglich. Alle Kurse
sind auch als Gutschein erhältlich.
Alle Infos auf www.plan-b-erlebnis.de

Damals hätte sage müssen: „Fick dich!“

Es gibt kaum etwas, was Thorsten Diehl nicht kann und praktisch keine Kunst, die ihn nicht wenigstens interessiert. Klingt komisch, ist aber so. Unter seinem Pseudonym TAD lebt er sein künstlerisches Talent in den unterschiedlichsten Genres aus. Neben einer ansehnlichen Karriere als Frontmann und Rapper in der Hip Hop Szene beeindruckt er durch denkbar vielseitige Arbeiten in der bildenden Kunst.

Gleich ob Streetart, Kalligraphie, Reliefs, Arbeiten mit geplotteten Stencils, Entwerfen von Characters und Logo, Herstellen eigener T-Shirts und nicht zuletzt eben Malerei. Der Mann ist ein Macher und beispielhaft bescheiden dabei. Auch beruflich kann der pädagogische Fachanleiter und frühere Lehrer für Kunstgeschichte nicht von seiner Kunst lassen. Nachdem er 1968 in Dudweiler geboren wurde, verließ er den Stadtteil schon mit zwölf Jahren, „weil er dieses Kaff bis auf den Tod hasst“. Seine Sozialisation fand Thorsten im Wesentlichen in der Saarbrücker Karstadt-Passage. Die stand er einst vor allem für Breakdance und Grafittis und in dieser Szene geht er auf.  

L!VE: Deine ersten Berührungspunkte mit bildender Kunst Graffitis…

Thorsten Andreas Diehl: „Nein, ich hatte eigentlich schon sehr, sehr früh angefangen zu zeichnen und zu malen, als Kind und als sehr junger Bub. Streetart und Graffiti kam im Grunde genommen obendrauf. Tatsächlich habe ich hier schon gesprüht, da waren die heute hier Aktiven alle noch flüssig. Das wissen die ja alle gar nicht. Also, ich meine, die sind top mittlerweile. Das ist ja Wahnsinn, was die machen. Da komme ich auch nicht mehr mit. Dann habe ich für mich die Renaissance und ihre Künstler entdeckt und die liebe ich noch heute. Ich zitiere sehr immer wieder gern alte Meister, auch in meinen Graffitis. Unter anderem Caravaggio, Dürer, Da Vinci, Michelangelo, die Großen des 15. und 16. Jahrhundert. Und damit bin ich groß geworden und wollte eigentlich immer Kunst studieren. Aber mein Kunstlehrer hat mir in der elften Klasse gesagt: Lass das mal! Ich bin halt sehr sensibel und bin dann aus dem Kunstkurs raus, habe nie wieder einen besucht und habe auch nie eine Kunstakademie von innen gesehen. Jetzt weiß ich, was ich dem damals hätte sage müssen: Fick dich!“

L!VE: Wahrscheinlich bist Du nur eines von unzähligen Talenten, die sich durch eine dumme Äußerung eines unaufmerksamen Lehrers entmutigen ließen.

TAD: „Es war eigentlich mein Lebensinhalt. Ist es immer noch, seit meiner Jugend. Und deshalb bin ich auch wieder zurückgekehrt zur bildenden Kunst, nachdem ich es lange schleifen ließ. Ich bin klassischer Autodidakt im wahrsten Sinne des Wortes. Habe zwar immer mal wieder hier und da was gemacht, aber dann zu mir gesagt: jetzt noch mal richtig angreifen.“

L!VE: Seit wann ist die bildende Kunst wieder in den Fokus gerückt ist?

TAD: „Seit fünf Jahren mindestens. Ich habe eigentlich die ganze Zeit was gemacht, aber vielleicht ist es mein Fehler, dass ich vielleicht nicht laut genug klappere. Vielleicht kann ich das auch nicht so gut, aber ich versuche es zumindest mal, durch meine Werke immer mal wieder auf mich aufmerksam zu machen.“

L!VE: Gibt es ein Projekt aus der jüngeren Zeit, dass Dir besonders wichtig ist?

TAD: „Das sind ganz klar die menschlichen Fossilien. Alles andere mache ich gern, aber die menschlichen Fossilien sind mein Herz. Das verfolge ich jetzt mittlerweile schon seit fast 15 Jahren und sie sind immer besser geworden. Worum es geht, glaube ich, ahnt man schon, wenn man es nur anguckt. Es ging darum, unsere Zivilisation zu zeigen. Ich war ja Lehrer an der Walddorfschule und habe dort Kunstgeschichte unterrichtet bis zum Abitur. Und da hatten wir einmal das Gespräch darüber, was bleibt denn von uns übrig in 5.000 Jahren? Gesetzt dem Fall, man gräbt in 5000 Jahren unsere Zivilisation aus und man sieht bestimmte Dinge. Was denken die zukünftigen Menschen darüber? Wir hatten dieses Beispiel mit einer bekannten Fast-Food-Kette. Stell dir mal vor, die finden dann auf der Erde verteilt überall dieses goldende „M“. Denken die dann, vielleicht war das eine Religion oder irgendwas in die Richtung. So allein dieser Gedanke, der von einer Schülerin geäußert wurde, das ist hochinteressant, Leute, habe ich gesagt, lasst uns mal daraus ein Projekt machen. Ich habe mit Schülern angefangen, Alltagsgegenstände einzugipsen, wieder auszugraben und zu patinieren und sie so aussehen zu lassen, als wären es Fossilien. Ich meine, ich stehe da auch in der Tradition bildender Künstler wie Marcel Duchamp oder Picasso. Alle haben mit diesen Assemblagen gearbeitet, also altes Material neu zusammengesetzt. Ich bin kein Erfinder, Ich habe das Rad nicht neu erfunden, aber in der Art und Weise habe ich es noch nicht gesehen. Und das fand ich hochspannend und habe dann unterschiedliches Material eingegipst, unter anderem den Wasserhahn, irgendwelchen Elektromüll, was aussieht wie ein Fossil. So hab ich dann natürlich auch kundig gemacht über echte Fossilien, wie ist die Farbigkeit, was ist das für ein Gestein? Das da ist aus dem Jura, ein anderes aus der Kreide und das da weiß ich nicht, vielleicht noch eine Million Jahre vornedran. Und das war sehr interessant. Das ist mein Herz.“

L!VE: Und jetzt gibt es nur noch Gestein von dir?

TAD: „Nein. Ich mache gerne Character, mache gern Schriftzüge, ich bin grafisch stark unterwegs. Ich mache auch immer wieder Logos für irgendwelche Leute, die irgendwas brauchen, beispielsweise für die Saarbrücker „Funk Freaks“ mache ich jetzt gerade viel. Also ich versuche mich sehr breit aufzustellen. Ich weiß, man hat angeblich größeren Erfolg, wenn man sich auf eine Sache fokussiert, womit man dann auch irgendwie mehr Wiedererkennung generiert. Das ist ja so ein bisschen das, womit man dann auch Geld macht, sage ich mal, aber eigentlich fühle ich mich mit meinem Weg sehr wohl.“

L!VE: Auf diesem Weg gibt es doch bestimmt auch noch andere Herzensprojekte?

TAD: „Genau, eines wollte ich noch erwähnen, eine zweite Herzenssache: ich bemale Möbel – und das mache ich gerade sehr gern. Dieses Sideboard, das ist aus den 60er Jahren. Das hat ein Kollege von mir grundiert, das habe ich bemalt, das hat er dann wiederum lackiert. Er ist Möbel- und Kunsthändler und das ist ein Stück von vielen, die gemacht wurden. Ich habe auch schon eins verkauft, das ist in die Schweiz gegangen, an einen guten Freund. Das ist zwar hochpreisig dann, ist aber auch viel Arbeit, verdammt viel Arbeit ist. Ich meine, schau dir an, was die Jungs mittlerweile für Wände bemalen bekommen. Also nicht nur hier, sondern überall weltweit. Ich möchte es gar nicht wissen, fünfstellig ist das. Locker. Das ist vielleicht von der Fläche her mehr, aber die Möbel, das ist richtig Arbeit, vom Entwurf über das Gemalte bis zum Endprodukt. Solche Sachen mache ich jetzt gerade verstärkt. Und ich habe die Motive ja auch bereits malerisch auf Leinwand umgesetzt, zum Beispiel versucht „Caravaggios Kreuzigung Petri“ oder Da Vincis „Erschaffung Adams“ mit moderner Architektur zu verbinden und dann auf der technischen Seite natürlich unterschiedliche Layer angelegt für die Stencils angelegt.“

L!VE: Apropos Technik, ganz am Anfang, wenn so ein neues Projekt entsteht, hast Du da ein leeres Blatt oder einen leeren Bildschirm vor Dir?

TAD: Der Entwurf entsteht sowohl von Hand als auch am Computer. Das heißt, ich arbeite mit dem Plotter und arbeite mit Folien. Das ist ja heute bei den „echten“ Graffitisprühern höchst verpönt, mit Schablonen zu arbeiten. Aber ich bin alt genug, ich weiß schon, was ich tue. Ich muss mir von den Schnöseln nix sagen. Schließlich arbeite ich auch mit Pinsel. Das heißt, es werden Dinge auch überarbeitet. Bei den Vier Aposteln von Dürer habe ich vor zwei Jahren frecherweise die Köpfe ausgetauscht und so die Leader der westlichen und der östlichen Welt aufgeführt, also Macron, Xi Jinping, Trump und Putin. Mittlerweile ist das so hochaktuell! Also ich zitiere gern. Und zwar nicht, um diese Künstler lächerlich zu machen oder mich darüber zu stellen, sondern ganz im Gegenteil, sie zu ehren. Und da hat der Chef aber schon den Pinsel in der Hand. Das ist jetzt reine Pinselarbeit, und zwar ganz klassische Malerei, wie man sie kennt. Also hier Töpfchen, Pinselchen und dann geht es los. Also das kann er dann auch, der Thorsten.“

L!VE: Was sind deine aktuellen Projekte?

TAD: „Ich schicke gerade seit ein paar Wochen die Graffiti Writer hier in Saarbrücken ein bisschen aufs Glatteis. Ich habe so „Grafitti is dead“ Sticker gemacht dazu auch so eine kleine Insta Story. Wenn ich irgendwelche Tags sehe, klebe die Sticker einfach auf und mache mich so ein bisschen lustig. Aber das ja klasse gemeint, das mache ich gerade sehr gern. Und was ich ganz vergessen habe: sehr viele Shirts. Das heißt, ich mache unter anderem auch für die Funk Freaks. Hab‘ das Logo gemacht und geplottet und schweiße die auf. Macht richtig viel Spaß.“

L!VE: Also Du entwirft die T-Shirts nicht nur, du stellst sie auch selber her.

TAD: „Für alle möglichen Leute. Zum Beispiel habe ich gerade ein Logo für eine Entrümpelungs-Firma entworfen. Ehemaliger Schüler von mir hat sich selbstständig gemacht, macht jetzt in Entrümpelung Firma. Dem habe ich nicht nur das Logo entwickelt, sondern ihm gerade noch ein paar T-Shirts gemacht. Da war der natürlich high!“

L!VE: Mit Hip Hop und Musik haben wir begonnen und jetzt am Schluss nochmal dazu zurück: Ist das im Augenblick (wieder) ein Thema für Dich?

TAD: „Musik ist in jedem Fall noch ein Thema für mich. Ich habe noch ein paar Sachen in der Schublade, die ich mit dem Kollegen noch machen will, in Richtung HipHop. Nicht das, was man heute so macht, sondern so wie ich das verstehe. Musik ist immer noch immer noch Thema. Ja, ja, aber ich meine, meine Kraft fließt gerade mehr in die bildende Kunst. Aber es ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden ein, zwei Jahren was entsteht. Das wird dann aber klein, bescheiden – und gut!

L!VE: Wir bedanken uns sehr für Deine Zeit, das hochinteressante Gespräch und die Einblicke in Deine Kunst.

www.mistertad.de

@mister.tad.artefaktes

Ballsaison

Hallo Mikrokosmonauten: Geben gleiche Paare den besten Tanz?

Hatte ich es schon erwähnt? Zur Genüge gewiss, jedoch bedarf es einer erneuten Ausführung. Also ich mag Bälle. Also nicht den Ball als Gegenstand, sondern den tanzbaren Ball. Den Festball. Die Feierlichkeit in seiner Reinform. Genauer gesagt unterscheide ich seit jeher zwischen Feier und Festlichkeit. Eine Feier ist für mich das, was ich jahrelang zu begehen pflegte. Das waren Partynächte in mehr oder minder angesagten Clubs der Stadt. Minirock und Gin-Tonic, flüchtige Küsse zwischen Toilette und Tanzfläche und immer mit einem leichten Hauch Verruchtheit. Und am Ende auf einer verschlissenen Rückbank eines Taxis beschwipste WhatsApp-Nachrichten an den Flirt schreiben.

Eine Festlichkeit hingegen ist für mich – neben Weihnachten wohlgemerkt – ein Festball. Vielleicht, weil Festbälle etwas Monumentales innehaben. Altehrwürdig trifft es vielleicht auch. Ein Ball ist etwas Klassisches. Etwas, was nicht oft stattfindet, man es sich aber durchaus öfter wünschen würde, jedoch genau weiß, dass das nicht sein darf, weil es dann nichts Besonderes mehr wäre. Stellt euch vor, wir hätten einmal im Monat Weihnachten. Das wäre doch dann nicht mehr exklusiv. Der ganze Glanz wäre schlichtweg nicht mehr vorhanden.

Ein Ball darf höchstens einmal im Jahr stattfinden.

Ich mache euch nichts vor: Für mich sind Festlichkeiten wie der diesjährige Wirtschaftsball zwar die Kirsche auf der Torte, aber die Zeit davor ist weniger Torte und mehr Tortur! Mea culpa, aber ich bin wahrscheinlich die einzige Frau im Saarland, die sich in der Zeit vor einer solchen Veranstaltung so dermaßen unter ästhetischen Druck setzt wie nur sonst was! Teilweise war es sogar so schlimm, dass man mich stützen musste, weil ich die fixe Idee hatte, 3 Tage nur Sellerie zu essen, was im Übrigen das Ekelhafteste neben einem Vollrausch ist, was man sich antun kann. Dann kommt die Sache mit dem Outfit: In Zeiten vor einem Wirtschaftsball stehen die Paketboten vor meiner Türe Schlange. Und das nicht, weil ich gerne im Negligé öffne, sondern, weil ich die Abendkleider nicht mehr zählen kann, die ich bestelle. Hinzu kommen diverse kosmetische Termine, zu denen ich tagtäglich eile. „Nein, es ist nicht die Oscarverleihung!“, ist in dieser Zeit mein ständiges Mantra, um halbwegs die Nerven zu behalten. Fiktive Dankesreden halte ich dennoch vor dem Spiegel. Man sehe es mir nach, ich bin schließlich „transprominent“ – ein Hollywoodstar gefangen im Körper einer Dorfkartoffel.

Wisst ihr, ich finde, der Wirtschaftsball ist eine Festlichkeit, die es auch in hundert Jahren noch geben muss. Warum? Es gibt wohl kaum ein Event im Saarland, außer einem hochkarätigen Theaterbesuch, bei dem man sich so mondän fühlen kann. So ein Ball ist immer auch eine kleine Zeitreise. Weil immer so ein bisschen der Wind der Vergangenheit weht. Früher war einfach mehr Glamour. Mehr Haltung. Und mehr Stil. Und das alles erlebt auf diesem Ball eine regelrechte Renaissance! Ich meine, wann trägt man heute als Normalo noch Fliege und bodenlange Robe? Und mehr noch:

Wann haben wir das letzte Mal überhaupt Walzer getanzt?

Nein, ich spreche nicht vom Hochzeitswalzer, den man zuvor in schweißtreibenden Tanzstunden einstudiert hat. Ich spreche von schwingendem Tanzparkett-Walzer, der so voller Selbstverständlichkeit passiert, während das Orchester die passende musikalische Untermalung liefert. Es mag Menschen geben, die niemals in ihrem Leben in den Genuss eines solchen Tanzes gekommen sind. Ich gehöre im Übrigen auch dazu.

Aber an jenem Wirtschaftsball-Samstag wippte und nippte ich genüsslich mit. Ich vereinte Walzer und Wein und genoss die wohlfeilen Klänge des Polizeiorchesters. Ohnehin war die gesamte Kulisse Balsam für meine Ohren und Augen. Menschen, fein zurechtgemacht, ein Ambiente aus einer anderen Zeit, gedämpftes Licht, lukullische Köstlichkeiten. Und on top auch noch angenehme Gespräche mit Menschen, die man sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte. Mein Tischnachbar war ein älterer Herr, der mir spannende Geschichten über die Industriekathedrale, also die Location, in der wir uns befanden, erzählte. Als angesehener Ingenieur hatte er einiges zu berichten. Und Ingenieure – wohlgemerkt -berichten tatsächlich sehr gerne und sehr ausführlich. Weshalb seine Frau irgendwann nervös wurde. Sie versuchte nämlich, ihren Mann ziemlich erfolglos zum Tanzen zu bewegen. Ich gab ihm also per Augenkontakt zu verstehen, er solle doch jetzt mal Beruf sein lassen und sie aufs Tanzparkett entführen. Und als er es begriffen hatte und ich dieses ältere Ehepaar beobachtete, stellte ich mir die Frage:

„Geben gleiche Paare immer den besten Tanz?“

Man sagt ein guter Tänzer sei auch ein guter Liebhaber. In der Paarkonstellation gesehen sollte ein gut miteinander tanzendes Paar demnach auch anderweitig super zusammenpassen. Ich dachte nach. Der einzige Tanz, den ich beherrschte, war der Tanz auf dem Vulkan! Und ich war immer erleichtert, wenn ich jemanden an meiner Seite wusste, der diesen Tanz zumindest kannte. Es mochte ja sein, dass all diese Paare auf der Tanzfläche den Paartanz nahezu mühelos beherrschten. Allerdings wusste der eine über den nächsten Schritt des anderen immerzu Bescheid und diese Tatsache stellte ich mir nicht sonderlich leidenschaftlich vor. Tanzen gilt angeblich als eines der verstecktesten und raffiniertesten Vorspiele. Ich fragte mich: „Welcher Tanz soll das denn sein?“

Inzwischen nippte ich nicht mehr gedankenverloren an meinem Weinglas, sondern trank wie eine Verdurstende in der Wüste, während die Musik und diese ganze glitzernde Festball-Atmosphäre mit ihrem Geflitter mich regelrecht verschlang. Ich schweifte gedanklich vom Tanz zur Garderobe ab und fragte mich, wie man als Mann in einer Smoking-Montur überhaupt noch Luft bekam? Schwitzte man sich darin denn nicht zu Tode? Also ich in meinem Hauch aus Satin war ganz schön erhitzt. Hätte ich das Fettweg-Höschen lieber weglassen sollen? Es kniff etwas…huch, mein Glas war schon wieder leer. Ging es nur mir so oder schwankte der Boden?  

Derweil blickte mich mein Freund etwas besorgt an, weil ich diesen Gesichtsausdruck hatte. Er sagt, ab einem gewissen Punkt verändert sich meine Mimik. Meist mit steigendem Alkoholpegel wohlgemerkt. Ich finde ja, da verändert sich rein gar nichts, aber er sagt, ich schaue dann meist wie eine Mischung aus Gräfin Hochnäsig und Hella und Sinnen. Bemüht darum, dass man mir meinen Schwips nicht ansieht, blieb mir nur eine Wahl: Ich musste tanzen! Also riss ich meinen Freund an mich und gab den Tanz der Teufel!

Am Ende ist es doch so: Ich liebe Festbälle. Wenngleich ich mir jetzt sicher bin, dass gleiche Paare zwar den besten Tanz geben mögen, aber dieses andere Paar gewiss den größeren Spaß hatte. Denn einfach so standen wir mitten in der Nacht betrunken in Smoking und Abendkleid unter eiskalter Dusche!

Es war mir ein Tanz!

Danke an die Wirtschaftsjunioren Saarland und Melina Klees.

Foto: Wirtschaftsjunioren Saarland

Gedacht, gesagt, bereut

Es gibt Dinge, über die spricht ein Mann mit niemandem, nicht einmal mit seinem besten Freund. Über das Gehalt z.B. oder über den One-Night-Stand mit der Schwester des besten Freunds. Auch etwaige Vorlieben für das Tragen von Frauenkleidung oder für Besuche von Tupperpartys sind Tabus, die Männer außerhalb des Beichtstuhls nicht thematisieren. Mit dazu gehört auch das Thema Kindererziehung. Zumindest dann, wenn Mann sich als Vater mit einem Gegenüber unterhält, der selbst keinen Nachwuchs hat. Denn mit Kinderlosen über Kinder reden, das wäre so, als würde sich ein Sehender mit einem Blinden über Farbe unterhalten oder ein Mann mit einer Frau über Fußball…

Zwar hat die Gleichberechtigung schon vieles und auch einst Unvorstellbares erreicht – gleichgeschlechtliche Ehe, Kochkurse für Männer oder weibliche Sportkommentatoren – jedoch ist es auch im 21. Jahrhundert noch immer völlig inakzeptabel, dass jemand, der selbst nichts zum Fortbestand der Menschheit beiträgt, eine Meinung über Kinder und Erziehung hat. Während fundamentale Veganer mittlerweile überall akzeptiert sind, werden gemäßigte Kinderlose, die sich an Gesprächen über den Nachwuchs anderer beteiligen, selbst von eigenen Verwandten fassungslos angestarrt wie damals Onkel Thomas, als er bekannt gab, dass er zukünftig Tante Sabine sein will…

Toleranz wird in unserer Gesellschaft hoch geschätzt, hat aber ihre Grenzen. Nach dem frühen Aus der deutschen Mannschaft bei der letzten Fußball-WM wurde jedem auch ohne Trainerausbildung eine Meinung zugestanden, warum es nicht lief. Geht es um Politik oder Wirtschaft, darf jeder frei sagen, was er für richtig hält. Selbst wenn er beide Fächer schon in der neunten Klasse abgewählt hatte. Auch über Atomenergie darf man sich offen äußern, ohne dafür ein eigenes AKW besitzen zu müssen. Aber Kinderlose mit Meinung zum Thema Kindererziehung? Dafür ist unsere sonst so emanzipierte, woke Gesellschaft scheinbar noch nicht bereit. Von wegen „Childless Lives Matter“…

Jedem, der Verhütung erfolgreich praktiziert, wird von Eltern die Berechtigung abgesprochen, eine valide Meinung zum Thema Erziehung haben zu können. Weder Patenkinder noch Geschwisterkinder sind als Referenz ausreichend. Kinderlos bedeutet ahnungslos. Wer selbst keine Kinder auf der Lohnsteuerkarte hat, hat auch kein Recht über sie zu reden. So wie ein Beamter nicht mitreden kann, wenn es um Stress geht. Nicht selten hoffen enkellose Großeltern insgeheim, dass ihre kinderlosen Kinder wenigstens homosexuell sind. Denn dann könnte Oma bei den Nachbarn zumindest einen gesellschaftlich akzeptierten Grund vorbringen, warum gesunde Deutsche keine Familie gründen…

Pfarrer und Bestatter genießen in unserer Gesellschaft Akzeptanz. Ihrem Urteil über den Tod schenkt man Glauben, ohne zu kritisieren, dass sie nicht wissen können, wovon sie reden, solange sie nicht selbst tot sind. Mit der Akzeptanz Kinderloser ist das anders. Ihre Meinung wird weniger geschätzt als die der Zeugen Jehovas, denen man einfacher die Tür vor der Nase zumachen kann als kinderlosen Freunden. Dabei ist es bei Ratschlägen Kinderloser doch viel einfacher herauszufinden, ob diese zum Erfolg führen als bei Ratschlägen von Pfarrer und Bestatter. Dennoch würden viele Eltern Kinderlosen eher eine Flasche Nitroglycerin anvertrauen als die Flasche für ihren Nachwuchs…

Besondere Verachtung zeigen Eltern, die sich wegen ihrer Kinder nicht mehr anfassen, gegenüber Nichteltern, die ihre Kinder anfassen, um diese darauf hinzuweisen, dass sie etwas falsch gemacht haben. Um beurteilen zu können, ob ein Hund erzogen ist, muss man selbst auch kein Hundebesitzer sein, geschweige denn Bücher über Welpen gelesen oder Kurse für werdende Hundehalter besucht haben. Es genügt etwas Menschenverstand und darauf zu achten, was der Kleine anstellt, wenn er sich unbeobachtet fühlt. Was das angeht, sind sich junge Zwei- und Vierbeiner ähnlich. Außerdem stopfen beide in sich rein, was ihnen vor die Füße fällt, und heulen, wenn sie nicht beachtet werden…

Dass ich das Kindesalter überlebt habe, ist – legt man heutige Sauberkeitsmaßstäbe von Akademiker-Eltern zugrunde – ein Wunder. Damals gab es weder Zeichentrickkatzen, die mir auf dem iPad beibrachten, wie man Hände richtig wäscht, noch Apps, die minutenaktuell vor Pollen und Wespen auf der Spielwiese warnten. Wie ich es ohne gepuffte Quinoasamen geschafft habe, die 1980er Jahre mit überzuckerten Löffelbiskuits zu überstehen, ist aus heutiger Sicht kaum zu erklären. Natürlich waren auch meine Eltern damals nicht gerade begeistert, wenn ich von dem auf dem Spielplatz gebackenen Sandkuchen aß, jedoch riefen sie nicht gleich den Notarzt und einen Bodengutachter…

Als Kinderloser würde ich das nicht verstehen, heißt es oft. Und als kinderloser Mann erst recht nicht. Dabei habe ich als Mann Ahnung von Autos. Und Kinder sind wie Autos: Es gibt große und kleine, hübsche und hässliche, dicke und schmale, saubere und schmutzige, weiße und farbige. Manche sind schnell auf 180, andere kommen nicht in die Gänge. Manche sind das, was man sich gewünscht hat, andere das, was man sich nicht aussuchen konnte. Wichtig ist bei Autos wie bei Kindern, dass sie nicht zu laut sind, nicht stinken und keine Flüssigkeiten verlieren. Und egal wie viel Geld man in sie steckt, es gibt bei beiden keine Garantie, dass man sie nochmal loswird, wenn sie älter sind…

Allein die Tatsache, dass ich Kinder mit Autos vergleiche, zeige, dass ich als Gesprächspartner beim Thema Kindererziehung ungeeignet bin? Das sollten wir ausdiskutieren! Kevin? Geh’ Papi und Nichtpapi doch bitte ein Bier holen. Und bring für Dich auch eins mit, wenn Du so viel in deinen Bobby-Car-Anhänger bekommst! Gedacht, gesagt, bereut …gruenetomaten@live-magazin.de.

Patrik Wolf

P.S. Ist es eigentlich elterliche Pflicht, denn Füllstand einer Windel mit der Nase zu prüfen?

Clubzone Dezember 2023

Willkommen zum Endspurt eines weiteren Jahres voller Feiereien und nächtlichen Unwesens. Mit dem vergangenen November ist die Party-Latte allerorten wieder richtig hochgelegt worden. Kaum sind die Tage kürzer und die Nächte spürbar länger geworden, wird im Nachtleben an der Saar mal ordentlich Extragas gegeben. Von Herbstdepression und gedämpfter Laune keine Spur und so wird uns dieser angeblich weit verbreitete Umstand wohl kaum jemand hierzulande die Lust am Feiern nehmen, speziell im Saarland ist wohl mit Fug und Recht vom Gegenteil auszugehen. Tatsächlich ist jetzt zum Ende des Jahres eindeutig festzustellen, dass die letzten elf Monate wieder einmal prall gefüllt waren mit jeder Menge Clubtreiben und Partyspaß und es gibt nicht den Hauch eines Grundes, warum sich das im Dezember ändern sollte. Aber wir werden ja sehen – und lassen jetzt erst nochmal die Highlights der letzten Wochen Revue passieren. Auf geht’s …

    Ein Trend der letzten Monat hat sich auch im November kraftvoll fortgesetzt: mittlerweile wird nicht mehr nur in den etablierten Clubs auf den Tischen getanzt, sondern zum Beispiel auch in zahlreichen Bars und Kneipen am und um den St. Johanner Markt herum. Ganz weit vorne ist in der Beziehung die kleine Anstalt für betreutes Trinken und hemmungslose Feierei, das PLAN B in der neuen Fußgängerzonen-Erweiterung in der Obertorstraße zwischen Markt und Mainzer Straße. Schon an ganz normalen Öffnungstagen sind hier Partyeskalation und unheilige Feierei angesagt, doch wenn dann auch noch Gast-DJs dem Laden einen mitgeben, bricht die Hölle los. In den letzten Wochen haben das keine Geringeren als Fräulein Else beim ST. J REVIVAL und DJ Kasimir bei der neuesten Ausgabe der REMMI DEMMI Reihe ungebremst unter Beweis gestellt. Da traut man sich kaum vorzustellen, was da nächstes Jahr abgeht, wenn sich die neue Fußgängerzone endlich frei von allen Baustellen richtig etabliert hat. Wir haben jetzt schon Angst!

   Vielleicht hat die einstige Feierintensität des Primeurfestes hier und da etwas nachgelassen, aber glücklicherweise gab es da letzten Monat rühmliche Ausnahmen. Trotz des anhaltenden Regens erwies sich die diesjährige Ausgabe des Primeurfestes mit Frank S. und DJ Pi im FUCHS als großer Erfolg. Der Primeur entfachte eine mitreißende Intensität und eine Feierstimmung, die selbst durch das andauernde Wetter nicht gebremst werden konnte. Glücklicherweise bietet der Innenhof des Hotels FUCHS einen recht guten Schutz vor Regen, und die Atmosphäre erreichte Höhen, die niemand vorhergesehen hatte. Vertraute Gesichter aus dem Nachtleben von Saarbrücken und St. Wendel trugen trotz des Wetters zu einem unvergesslichen Fest bei, indem sie sich in kraftvollen Chören vereinten, um die bekannten Hymnen mitzusingen. Also praktisch die gleichen Zustände wie nur gut zwei Wochen vorher an Halloween, denn auch das war im FUCHS ein totaler Abriss, inklusive geiler Deko mit vielen Kerzen und allem Drum und Dran, cool kostümierten Gästen. Kurzgesagt, der Laden (bzw. der Hof) waren nicht wiederzuerkennen und das Ganze entwickelte sich in Rekordzeit zu einer der besten Partys diesen Jahres in der Kaltenbachstraße. Wie immer, alles äußerst gelungene Veranstaltungen, die die Vorfreude auf weitere Events im FUCHS weckt.

   Nun aber mit Anlauf in die richtigen Clubs, denn die hatten in den letzten Wochen auch richtig was zu bieten. Die Krone abgeschossen hat aber eindeutig wieder das neue SEVEN. Der Ladenspielte vor allem in Sachen Gastkünstler-Bookings klar in seiner eigenen Liga und daran wird sich so schnell auch nix ändern. Die letzten Wochen waren wirklich unvergleichlich. Auch internationale Top-DJs wie DJ Reezy konnten sich von der atemberaubende Energie des Ladens überzeugen und waren allesamt komplett begeistert. Kein Wunder, dass die SEVEN Gang super dankbar und mörderstolz auf ihr Publikum war und ist. Kann gut sein, dass deswegen noch die ein oder andere Überraschung für die Crowd in Vorbereitung ist!

   Immer noch funkelniegelnagelneu ist der LOOSE Club in der Kaiserstraße. In den Räumen, die einstmals das SOHO beherbergten, wurde ein besonders gelungener Laden installiert, der vom Start weg mit seiner professionellen Aufmachung beeindruckte. Weit weg von halbherzigen Renovierungen wurde hier endlich mal wieder ein von Grund auf solider, neuer Partytempel geschaffen, der im Wesentlichen den Freuden elektronischer Mucke gewidmet ist, aber auch darüber hinaus in Sachen Partykonzepte und Musikgenres denkbar breit aufgestellt ist. In den knapp zwei Monaten seit seiner Eröffnung, kann das LOOSE schon auf eine ansehnliche Vielfalt an gelungenen Events zurück blicken. Von ZEITSPRUNG (90er-heute) bis hin zu LOOSE YOURSELF (Hip Hop, Rap, RnB) und GIRLS CLUB (Banger zum Mitsingen) gab’s jede Menge unterschiedlichste Feiereskalation. Dazwischen noch Events mit den besten Club Sounds, aber auch mitreißende  Live-Konzerte. Ein Club den man sich aufgrund seiner individuellen und offenen Machart nicht entgehen lassen sollte.

   Im EGO gegenüber der alten Hauptpost lieferte auch die FUEGO am letzten November-Freitag animalische Eskalationen, die ihres Gleichen suchten. Das Team der Kultlocation riss hier aber auch in den Wochen zuvor regelmäßig die Hütte ab und eskalierte mit Hot Vibes, sodass für jeden etwas dabei war. Zusammenfassend ist zu sagen, dass hier im November alles im Übermaß abgeliefert wurde, was eine fette Sause ausmacht. Samstags sorgte das EGO mit der lang etablierten und immer wieder für Furore sorgenden LEVEL für Partyspaß bis zum Abwinken und bot das Beste, was die Musikszene aktuell ausmachte. Das galt natürlich auch schon für das vierjährige Jubiläum des Ladens eine Woche zuvor, genauso wie die 66ND FRIENDZ ein gelungenes Monatsende zelebrierte. Doch das Beste an allen Abenden waren mal wieder die Gäste mit einer Wahnsinns-Stimmung. Eben echter Party-Alarm made by EGO.

   Selbstredend ging’s auch im APARTMENT im November richtig rund. Der altbekannte, immer wieder eskalierende Freitag wurde auf ein neues Level gehoben! Nebst viel Konfetti und üblich bombenmäßigen Soundtrack, trafen sich dort altbekannte APARTMENT-Gänger und viele neugierige Studies. Die überaus beliebte FRIZZOmachte den Anfang am ersten Wochenende und wurde genauso hysterisch gefeiert wie die neue Ausgabe der DIFFERENT nur einen Tag später. Weitere Highlights im November waren ganz klar die MEMORIES und die 2090. Die besten DJs rissen das APARTMENT komplett auseinander und ließen die Gäste mal so richtig ausrasten zu den fettesten Hits der letzten Jahre, was natürlich auch für die DIFFERENT und die THRILLER Nächte galt, mit denen der Monat richtig tiefergelegt wurde. Nicht zu vergessen auch die MUSIC SOUNS BETTER WITH YOU zum Monatsende,die im November wieder mit unter tatkräftiger Beteiligung von gefeierten DJs wie Yannick Maurer, Fabelhaft und Fräulein Else u.a. eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Da kann der Dezember ruhig kommen!

   Die Party, die vielleicht den meisten Gesprächsstoff im November geliefert hat, geht allerdings erst zu Weihnachten an den Start. Unfassbar für welche Wellen das GLORIA REVIVAL schon im Vorfeld gesorgt hat, als bekannt wurde, dass das Spektakel im niegelnagelneuen LOOSE an den Start gehen wird. Seit Jahren schon gehört das jährliche Revival zum Geburtstag des GLORIA PALAST zu einer der allerheftigsten Feiereien. Und weil das letztes Jahr noch den Extra-Swag obendrauf gepackt hat, wird auch diesmal für das CAFÉ FUTURE wieder ein zweiter Floor eingerichtet. Was da regelmäßig von einer kaum zu bremsenden Partymeute veranstaltet wird, ist an Eskalationspotential kaum zu überbieten. Umso ungebremster kehren hier die die etwas anderen Achtziger zurück. Von Chartmüll war und wird  genau wie in den originalen Jahren keine Spur und stattdessen bohrt sich Independent Mucke und Gitarren Mucke in die Gehörgänge, gemischt mit ein bisschen frühem House und New School Hip Hop. Eben exakt jene unheilige Mischung, der diese Party ihren legendären Ruf verdankt. Wenn das so weiter geht, werden bald auch dieses Revivals fast so legendär wie der einstige Disco-Palast sein. Wir wären dabei!  

   Zum Schluss bleiben uns nur noch beste Wünsche für eine tolle Silvesternacht und einen fulimanten Start ins neue Jahr. Auch wir werden uns ungebremst ins Getümmel stürzen und selbstverständlich berichten wir dann bei nächstmöglicher Gelegenheit von unseren Missetaten – zumindest, soweit wir uns daran erinnern können.

In diesem Sinne, guten Rutsch    J.K.T

L!VE Perspektivwechsel Dezember 2023: Interview mit Joshua Kuhn

Mit dem Gastronom und Veranstalter Joshua Kuhn spricht uns freier Redakteur Marc Kirch über das Thema „Schutzräume und Veranstaltungen für LGBTQIA+ in Saarbrücken.“

Im Videointerview sprechen die beiden über noch verbliebene LGBTQIA+ Safe-Spaces in unserer Landeshauptstadt. Neben einem Ausblick auf bevorstehende Veranstaltungen und Locations im Dezember 2023 sowie im Jahr 2024, besprechen beide die Relevanz von Schutzräumen in der heutigen Zeit. 

Braucht es diese überhaupt noch und wenn ja, warum? 

Schaltet rein ins Videointerview Perspektivwechsel Dezember:

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