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Mel´s Mikrokosmos

Bauernopfer

Hallo Mikrokosmonauten: Lasst Euch nichts gefallen!

Neulich hatte ich eine heftige Kollision mit einer anderen Radfahrerin. Sie krachte frontal in mich rein. Zum Glück landete ich in der Wiese, während sie den weniger komfortablen Asphalt wählte. Und während ich wie in Zeitlupe durch die Luft flog, wurde mir wieder bewusst, dass ich ein Glückskind und Idiot zugleich bin. Ich wusste, dass ich halbwegs weich fallen würde, aber auch, dass ich weder Adressen tauschen noch auf Schmerzensgeld klagen würde. Ganz einfach, weil ich nicht clever genug bin. Oder sagen wir mal: In den entscheidenden Momenten meines Lebens einfach nicht zu meinen Gunsten entscheiden kann. Dieser Wesenszug ist bei mir offensichtlich nicht angelegt.

Jetzt sitze ich hier mit blauen Flecken und geprelltem Arm und frage mich, ob ich eigentlich jemals richtig klug war, wenn es darum geht, mich zu wehren und für mein Recht einzustehen?

Tatsächlich bin ich eher ziemlich naiv und leichtgläubig auf die Welt gekommen. Im Alltag bedeutet es, dass ich weiß, dazu prädestiniert zu sein, ständig Scheiße zu bauen, mich aber nicht dagegen wehren kann, oft den kürzeren zu ziehen. Ein ständiger Kreislauf. Bis vor kurzem ist es sogar noch vorgekommen, dass ich mich dafür bedankte, wenn man mich erniedrigt hat. Wäre ich eine Abwehrspielerin im Fußball – man würde mich wahrscheinlich ständig vom Platz nehmen!

Widerstand zwecklos!

Stellt euch vor, ich läge im Krankenhaus, bekäme versehentlich das falsche Medikament und man würde mir eröffnen, ich hätte jetzt nur noch 12 Stunden zu leben. Ich wäre noch so doof und würde antworten: „Ach, macht doch nix, sowas kann ja mal vorkommen!“.

Ich stelle mir die Frage: Gibt es da draußen noch andere, außer Masochisten in SM-Studios, die liebend gerne die andere Wange hinhalten möchten, wenn man sie ungerecht behandelt? Oder einfacher gesagt: Die es schlichtweg versäumen, für sich einzustehen, wenn’s drauf ankommt?

Warum gehen wir mit uns selbst am schlechtesten um?

Das schlimme ist, dass ich ja gar nicht so sein will. Und so krass ist es ja auch nicht. Ich kann mich durchaus zur Wehr setzen. Ich führe liebend gerne hitzige Diskussionen, teile gerne aus, und ich kann wüten und toben wie keine andere. Aber kommt etwas unverhofft und knallt voll rein, werde ich plötzlich ganz klein mit Hut und gehe mit fast allem konform: „Frau Hartmann, sind Sie mit der Guillotine einverstanden?“ „Oh natürlich. Wie nett, dass Sie fragen.“

Dabei hat fehlende Cleverness offensichtlich nichts mit mangelnder Intelligenz zu tun. Bei meinen Recherchen bin ich sogar auf recht beruhigende Nachrichten gestoßen, die mir weismachen wollen, dass ich sogar schlauer bin als der Durchschnitt. Bestätigen würden mir das meine Freunde jedoch nicht. Wie es sich für mich gehört, lache ich also mal wieder schallend über mich selbst, frage mich aber gleichzeitig:

„Lasse ich mir zu viel gefallen?“

Offensichtlich schon.

Aber dann passiert es plötzlich und unvermittelt, dass ich mit allem was ich habe, zurückschlage. Auf einer weiteren Radtour, einige Tage später, wurde ich von einem betrunkenen, rundlichen, rotwangigen Jugendlichen mit nur einem Schuh angepöbelt, ich solle doch gefälligst nicht so laut Radfahren. Was für eine völlig doofe Äußerung seinerseits. „Der sucht wohl Stress!“, dachte ich mir und stieg unverzüglich in die Eisen. „Was hast du gerade gesagt?“ schnaubte ich, woraufhin er in einem hochfrequentierten Kreischton erwiderte: „Was?“ und ich daraufhin in einem noch ohrenbetäubenderen „Waaas?“ antwortete. Wahrscheinlich würden wir uns noch heute mit „Was-Tiraden“ bombardieren, wenn ich nicht plötzlich rausgehauen hätte: „Ich komm dir Pupsgesicht gleich mal rüber!“ Mittlerweile waren sogar Leute auf die sinnbefreite Grölerei aufmerksam geworden, aber davon ließ ich mich nicht einschüchtern. Pupsgesicht jedenfalls war es, der sich nun protzend auf der sich neben ihm befindlichen Parkbank niederließ. Sollte es das etwa schon gewesen sein? Ich kam schließlich gerade erst in Fahrt. Und dann wurde mir bewusst: Er hatte schlichtweg nicht damit gerechnet, dass jemand wie ich ihm Paroli bieten könnte.

Warum treffe ich eigentlich immer wieder auf Günther Jauch?

Und immer, wenn ich gerade mal wieder mit mir hadere und ich etwas über mich herauszufinden versuche, treffe ich auf Herrn Jauch. Als ich ihn das erste Mal traf – es war eine seiner Wein-Präsentationen- befand ich mich gerade in einer Liebeskrise und es war sein Rebensaft, der mir an jenem Tag Klarheit verschaffte. Das zweite Mal plagten mich Existenzängste und ich wusste an diesem Punkt meines Lebens nicht, in welche Richtung ich mich beruflich entwickeln könnte. Tja, und beim neuesten Zusammentreffen wollte ich einfach nur wissen, wie es sich anfühlt, ich selbst zu sein. Wahrscheinlich ist es ihm nicht bewusst, aber ein Besuch in seinem Studio bedeutet für mich auch immer eine Art Katharsis. Meist besinne ich mich dann drauf, was ich eigentlich am besten kann, nämlich vor einer Kamera stehen und mich selbst nicht so ernst nehmen.

Zeitgleich konnte ich übrigens meinen Kolumnendieb Adrian unverhofft auf den Stuhl bei „Wer wird Millionär“ katapultieren, was eine kleine Racheaktion meinerseits war. Über ein Jahr hatte er mich wegen meines damaligen Auftritts auf dem Ratethron denunziert und darüber gescherzt, dass ich nicht mal die Flagge meines eigenen Landes kenne. Und so kommt es nun, dass ich zwar als Abwehrspielerin nutzlos wäre, aber als kläffender Terrier durchaus Talent habe. Denn bellen kann ich zuweilen ziemlich laut, besonders dann, wenn ich mir nahestehende Menschen eins auswischen möchte.  

Am Ende ist es doch so: Ich werde in den entscheidenden Momenten immer wieder verzagen. Ich glaube sogar, die Fahrradfahrerin von neulich feiert es immer noch, dass ich mich nach dem Crash kurz schüttelte und dann einfach einen schönen Tag wünschte und weiterfuhr. Aber egal, Günther Jauch versteht mich. Er weiß meine wahren Talente zu schätzen. Ganz bestimmt!

Und einfach so bleibe ich zwar ein Bauernopfer, aber ein ziemlich bissiges!

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