• Termine, News und Wissenswertes aus Saarbrücken, dem Saarland und der Welt:

Leben & co

Bibel, Bier und Bollerwagen

Was Du schon immer über den Vatertag und seine Gebräuche wissen wolltest!

Na, holla die Bierfee! Wenn ganze Horden von gestandenen Männern jeden Alters mit einem Bollerwagen voller verschiedenster Erscheinungsformen möglichste alkoholhaltiger Getränke durch die Gegend ziehen, das ist ja mal wohl der absolute Klassiker zum Vatertag! Solche Touren sind hierzulande ja schon fast so traditionell wie das jährliche Christstollen-Wettessen und Ausnüchtern nach Junggesellenabschieden. Aber, dass diese „Herrenpartien“ tatsächlich eine biblische Basis haben, hätte bei dem unheiligen Treiben wohl kaum einer gedacht. Wir empfehlen diesbezüglich die Apostelgeschichte im neuen Testament, denn genau da hat das Teilen von Bier und Feiern mit den Jungs seinen Ursprung.

Und genau deswegen wird der Vatertag auch jedes Jahr nach Christi Himmelfahrt begangen und das schon seit dem 4. Jahrhundert, als Christen begannen die „Aufhebung“ Jesu in den Himmel, die Rückkehr des Gottessohnes zum Vater zu feiern. Später zogen die Gläubigen dann an diesem Tag um die Felder und baten um eine gute Ernte. Dass schon damals ordentlich gezecht wurde, belegen Zeugnisse aus dem frühen 16. Jahrhundert. Ursprünglich war es ein Tag, an dem Väter mit ihren Söhnen auf eine Wanderung gingen und dabei über wichtige Themen des Lebens sprachen, doch im Laufe der Zeit hat sich dieser Brauch verändert und schließlich rückte der christliche Ursprung zunehmend in den Hintergrund. Der Himmelfahrts-Ausflug mit Bollerwagen entstand dann im 19. Jahrhundert im Berliner Raum und wurde zunehmend genutzt, die jüngeren Männer in die Gesellschaft einzuführen – mit viel Alkohol und ohne Frauen natürlich. Der Brauch, Ausflüge mit geschmücktem Bollerwagen oder Fahrrädern zu unternehmen, ist praktisch nur in Deutschland bekannt und verbreitet. In den meisten Kulturen ähnelt der Vatertag sehr dem Muttertag, sodass die Kinder zu diesem Anlass ihrem Papa kleine Geschenke als Anerkennung überreichen – und das war’s dann auch schon.

Es gibt auch noch eine alternative Entstehungsgeschichte: Ähnlich wie beim Muttertag hat auch der „Father’s Day“ eine eigene Tradition in den USA. Ausgerechnet eine Frau, Sonora Louise Smart Dodd aus Spokane, einer kleinen Stadt im Bundesstaat Washington, hat ihn 1910 ins Leben gerufen. Ihr Vater hatte seine sechs Kinder alleine großgezogen, nachdem seine Ehefrau verstorben war. Um ihn zu ehren und inspiriert vom gerade erst eingeführten Muttertag, überzeugte Dodd die lokalen Behörden, am dritten Sonntag im Juni auch den Vätern zu huldigen. Sechs Jahre später, also 1916, feierte Präsident Woodrow Wilson den Vatertag im Weißen Haus, aber erst 1972 wurde er von Richard Nixon zum offiziellen Feiertag erklärt.

Aber warum das Ganze mit Bollerwagen? Ganz einfach: niemand hatte Lust die Unmengen an geistreichen Getränken durch die Wallachei zu schleppen und ein bisschen Proviant war ja auch nicht verkehrt. Für beides sollte im Wagen also unbedingt genügend Platz sein. Zur Not ließen sich auch erste Promilleopfer befördern, aber das ist nicht Sinn des Ganzen, zumal dann die Gefahr besteht, dass die Zahl der zu Transportierenden jene der Ziehenden übersteigt. Letztendlich ist es egal, ob man den bevorstehenden Vatertagsausflug mit einem Bollerwagen, einer Schubkarre oder einer Holzplatte mit Rädern und Geländer unternimmt.

Mehr ist mehr

Während über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, die Ausgestaltung der Wägen dem uralten Designgrundsatz „form follows function“ unterlag, was nichts anderes bedeutete, als dass das Ganze einfach nur praktikabel sein musste, ist vor allem in den letzten Jahren immer öfter festzustellen, dass der aktuelle Leitsatz vom „mehr ist mehr“ neue Höchstleistungen hervorbringt. Eine massive Kühleinrichtung gehört mittlerweile zur Mindestausstattung, genau wie eine möglichst ohrenbetäubende Soundanlage. Natürlich verteilt der Bollerwagen des Jahres 2023 großzügig wlan in seiner näheren Umgebung und auch auf special effects wie Nebelmaschinen, Stroboskope und Laser-Spielereien muss nicht verzichtet werden. Ein schönes Beispiel ist hier der alljährliche Ausflug eines Saarbrücker Clubs, der auf seinem Wagen auch noch ein DJ-Setup mitführt.

Das Wichtigste aber ist und bleibt, dass sich das Gefährt mühelos durchs Gelände rollen lässt und einem die Kräfte für die eigentliche Mission, nämlich ausgelassen zu feiern, aufspart. Schließlich möchte man ja nicht nur ein paar Meter vom Haus entfernt Party machen, sondern an einem Ort, wo keine Frauen, jedenfalls nicht die eigenen, in der Nähe sind, zum Beispiel im Biergarten. Das bringt uns gleich, nach Wagen und „Verpflegung“, zum drittwichtigsten Bestandteil einer amtlichen Vatertags-Tour: der Strecke!

Der Weg ist das Ziel!

Praktisch in jeder Stadt gibt es geeignete Strecke für Vatertagsausflüge. In Saarbrücken gibt es etliche beliebte Bollerwagen-Strecken, die von Gruppen gerne genutzt werden, um den Vatertag, Junggesellenabschiede oder andere Feiern zu feiern, denn eigentlich muss man(n) sich ja nur in den nächsten Stadt-, Stifts- oder sonstigen Wald aufmachen und zur Not tun es auch Parkanlagen in Innenstadtlage, wie Staden, Bürgerpark oder die Daarler Wiesen. Hier als Beispiele der verschiedenen „Schwierigkeitsgrade“ drei der bekanntesten Bollerwagen-Strecken:

1. Deutsch-französischer Garten

Die Strecke durch den DFG ist zwar sehr schön, aber doch eher so die weichgespülte Variante. Es gibt viele Wege durch den Garten, die von Bollerwagen-Gruppen genutzt werden können, um die verschiedenen Gärten und Attraktionen zu erkunden, alles ohne großartige Steigungen, aber letzten Endes geht es immer im Kreis um den großen Teich herum. Der hat mit seiner Wasserorgel auch seinen Reiz, aber ehrlich gesagt verdienen schon die im Park vorhandenen öffentlichen Toiletten mehr Pluspunkte.

2. Treidelpfad

Für einen etwas ambitionierteren Ausflug am Vatertag bietet sich auf der anderen Saarseite auch der Treidelpfad zwischen Saarbrücken und Saargemünd an, heute ein beliebter Weg für Wanderer, Radfahrer und Bollerwagen-Gruppen. Die Strecke ist relativ flach und gut befestigt, so dass sie auch für ungeübte Wanderer oder Familien mit Kindern geeignet ist, lässt aber auch weite Wegstrecken bis über 20 Kilometer zu. Unterwegs gibt es viele schöne Orte zum Rasten, Picknicken oder für eine kleine Pause. Außerdem gibt es entlang des Weges viele historische Gebäude, Brücken und andere Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Weg an manchen Stellen schmal sein kann, daher sollten Bollerwagen-Gruppen vorsichtig sein und auf andere Wanderer und Radfahrer achten, soweit das je nach dem welcher Zustand erreicht wurde, noch möglich ist.

3. Spicherer Höhen

Das geschichtsträchtige Gelände gleich über der Grenze ist nicht nur für sonntägliche Ausflüge und Spaziergänge mit der Familie oder Besuch aus dem Reich bestens geeignet, sondern bietet sich gerade für Vatertagsausflüge an. Zahllose Streckenvarianten von richtig steil bis bretteben und reichlich Gastronomie am Wegesrand, darunter mit dem „Woll“ das wohl beliebteste Saarbrücker Bistro in Frankreich. Allerdings ziehen viele hier die „Anreise“ mit dem Wagen vor, der dann entweder auf der Höhe am Hochkreuz oder schon unten im Tal am Campingplatz abgestellt wird.

In jedem Fall ist es jedoch wichtig, sicherzustellen, dass man die Regeln und Vorschriften für die Nutzung von Bollerwagen beachtet und keine Bereiche betritt, die für die Öffentlichkeit gesperrt sind, beziehungsweise, dass man sich dabei nicht erwischen lässt. Merke: flüchten und wegrennen mit einem Bollerwagen ist etwas für Fortgeschrittene.

Never change a winning team

Apropos fortgeschritten: zum Abschluss noch ein paar Tipps vom hoch erfahrenen Vatertagswanderer Torsten Pabst, der im Freundeskreis seit gut 30 Jahren den Ausflug am Vatertag zelebriert. Auch diese Gruppe findet jedes Jahr auf den Spicherer Höhen zusammen, hat sich allerdings für Rucksäcke statt eines Bollerwagens entscheiden, was allerdings keinerlei Rückschlüsse auf die mitgeführte Menge an Alkoholika zulässt. Der Lehrer und ehemalige Spieler der Saarland Hurricanes verrät gerne seine Tipps, wie man so eine schöne Tradition über drei Jahrzehnte am Leben erhält: „Ganz wichtig: Traditionen wahren! Das heißt immer die gleiche Strecke, immer die gleichen Rituale an neuralgischen Punkten, Pandemien ignorieren und Outfits passend zum Status. Und vor allem: Da Christi Himmelfahrt zeitgleich ist, immer einen Pabst dabei haben zur klerikalen Rechtfertigung der aufgelisteten Punkte!“

Bildunterschriften

Bei allen Apartment Bildern:

Jahr für Jahr beeindruckt der Saarbrücker Club Apartment mit High Tech und großer Fanbase

Beim Torsten Pabst Bild:

Panzer statt Bollerwagen, seit 30 Jahren am Start: Torsten Pabst und seine Freunde

Previous ArticleNext Article