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Titelstory

Die Macherin

Mit Dr. Carolin Lehberger kommt Bewegung in die Regionalverbandsleitung. Zum Jahresbeginn 2025 übernimmt Dr. Carolin Lehberger die Leitung des Regionalverbands Saarbrücken. Als Nachfolgerin des allseits geschätzten Peter Gillo tritt sie als erste Frau in das Amt der Regionalverbandsdirektorin ein und zieht ins Saarbrücker Schloss ein. Höchste Zeit also, die Person hinter der neuen Position näher kennenzulernen.

Dr. Carolin Lehberger, eine gebürtige Saarbrückerin, ist für ihren unermüdlichen Einsatz bekannt. Beim diesjährigen Marktfest in Riegelsberg war sie wieder bis spät in die Nacht am Bierstand aktiv, als wäre es das Normalste der Welt – während andere Spitzenpolitiker sich bei solchen Gelegenheiten oft nur kurz für ein paar Fotos zeigen. Doch für Carolin Lehberger ist das Engagement keine Ausnahme. Am Weihnachtsmarktstand der Volkshochschule, deren Direktorin sie seit 2018 ist, schenkte sie persönlich den schwedischen Weihnachtspunsch aus. Auch ihr Einsatz für den Verein für Industriekultur und Geschichte Köllertals zeugt von ihrer Tatkraft. Und diese Liste lässt sich noch lange fortführen.

Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist sie in Saarbrücken. Heute lebt sie mit ihrem Partner Frank Schmidt und den gemeinsamen zwei Kindern in Riegelsberg. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften absolvierte sie an der Technischen Universität Dortmund, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Bereits während des Studiums arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für allgemeine Pädagogik. Nach dem Studium führte sie ein Trainee-Programm beim Vorstand der IG Metall nach Frankfurt am Main. Zurück im Saarland, engagierte sie sich in der Abteilungsleitung für Bildungs- und Wissenschaftspolitik bei der Arbeitskammer des Saarlandes und übernahm Lehrtätigkeiten in der Erwachsenenbildung. Seit sechs Jahren leitet sie nun die Volkshochschule im Regionalverband Saarbrücken – stets ohne jegliche Skandale. Sie „macht“ einfach.

Mit ihrem Wahlsieg zur Regionalverbandsdirektorin steht ihr nun die nächste Herausforderung bevor. Ab Januar 2025 will sie Geschichte schreiben: Als erste Frau in diesem Amt möchte sie den größten saarländischen Landkreis, in dem ein Drittel der Saarländer lebt, zu einer Modellregion machen. Carolin Lehberger sieht hier ein wirtschaftliches Kraftzentrum. „Unternehmen wie Saarstahl und wachsende Branchen in Handel, Dienstleistungen und Forschung machen die Region zu einem besonders attraktiven und spannenden Wirtschaftsstandort“, schwärmt die 43jährige Sozialdemokratin. Dabei geht es ihr nie um persönliche Eitelkeiten – sie will gestalten und Verantwortung übernehmen.

Doch bevor sie ihre Visionen für die Zukunft umsetzt, lohnt sich ein Blick auf ihren bisherigen Weg.

L!VE: Dem Saarländer wird nachgesagt, dass er so ein Stück weit an der Scholle hängt. War es dann schlimm zum Studium nach Dortmund verpflanzt zu werden?

Carolin Lehberger: Gar nicht, das war durch die ZVS. Und ich bin damals mit dem 35-Mark-Ticket und mit so einem Trekking-Rucksack, der mir noch bis über den Kopf ging, nach Dortmund gezogen. Erst ins Studentenwohnheim und habe dann in Ruhe eine Wohnung gesucht und anschließend acht Jahre direkt in Hörde gelebt mit Blick auf Hösch.

Wie kam es zu der Berufswahl?

Väterlicherseits komme ich ja aus einer Lehrerfamilie, sodass mir dieses Pädagogische irgendwo schon immer vertraut war. Ich wollte dann unbedingt Diplom-Pädagogik studieren, Erziehungswissenschaft, weil mein Onkel Diplom-Pädagoge ist und beim Deutschen Roten Kreuz in Hessen als Geschäftsführer gearbeitet hat. Wenn der von der Arbeit erzählt hat, fand ich das immer super spannend. Und er hat auch als Fach Soziologie gehabt und die hat mich auch immer schon sehr interessiert. Pierre Bourdieu, seine Habitus-Studien und so, deswegen wollte ich das immer studieren.

Gab es auch Politiker in der Familie?

Ja, mein Vater. Der war über 20 Jahre im Gemeinderat Riegelsberg für die Grünen.

Und wann fing die politische Karriere an?

Ich war früh in der Fachschaft aktiv, dann in der GEW. Und dann bin ich zur IG Metall und war da auch ganz früh in der Referentenbildung. Also, das war immer schon auch mein Ding.

Haben Sie selbst schon mal einen VHS-Kurs besucht?  

Klar. Mein allerster Kurs war Tastschreiben, also Maschinenschreiben, weil ich das in der Schule nie gelernt habe. Das war ein echter Gewinn für mein Studium und die beste Investition, weil ich so alle meine Arbeiten, mein Vordiplom, mein Diplom meine Doktorarbeit mit zehn Fingern und auch blind schreiben konnte. Ich habe sogar so Anschlagswettbewerbe gewonnen. Nicht zuletzt, aus diesem Grund sage ich immer allen, die hier in der VHS arbeiten, dass die VHS einen ganz hohen Wiedererkennungswert hat. Egal, wo du hinziehst, es gibt überall eine VHS und du hast direkt einen Bezug zum neuen Wohnort. Das hat mir schon immer sehr gefallen und deswegen war auch meine erste Anlaufstelle in Dortmund die VHS.

Die VHS ist eine Perle

Die meisten Leute assoziieren mit der VHS einen Häkelkurs oder die PC-Einführung für Senioren…

Diese Zeiten sind längst vorbei, wir sind topmodern aufgestellt. Jeder, der unser Programm liest, wird sofort wissen, was ich meine. Wir haben aktuell über 2.000 Angebote. Jeder wird bei uns fündig. Zum Beispiel über 20 Fremdsprachen. Wir haben jetzt im November eine Korea-Woche mit K-Pop. Das ist auch unser Anspruch, die VHS breit aufzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass die VHS eine Perle ist. Eine Perle für die Region, und dass sie viel stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft geführt werden muss. Wenn wir zum Beispiel Cécile Verney hier haben, die beste Jazzsängerin Europas hier im Festsaal, das müsste auch von der Presse ganz anders aufgegriffen werden, nur als Beispiel. Mit dem Schloss haben wir die schönste Spielstätte und bringen so viele tolle Künstlerinnen und Künstler hierher und mein Wunsch wäre es, dass das auch journalistisch stärker und immer wieder auf die Agenda muss. Ansonsten kannst Du bei uns alles lernen und dich dadurch auch ein Stück weit unabhängiger machen. Das finde ich ganz wichtig. Jeder Einzelne kann viel mehr was dafür tun, dass er selbstständiger und unabhängiger wird. Wir bieten auch Kurse zum Thema Haushaltskasse oder verbraucherschutzrechtliche Fragestellungen, worauf ich achten muss, wenn ich einen Mietvertrag abschließe. Da ist viel mehr Selbstverantwortung gefragt und das ermöglicht die VHS. Dank der öffentlichen Förderung können die Kurse zu sehr sozialverträglichen Preisen angeboten werden.

Wie schafft man eine solche Karriere als Mutter von zwei kleinen Kindern?

Ich habe eine bewusste Entscheidung mit meiner Familie getroffen. Ich habe einen wunderbaren Partner und es ist eine wichtige Grundvoraussetzung, dass das alles sehr auf Augenhöhe abläuft, und ich mir mit ihm die Erziehungsarbeit auch wirklich teile. Hinzu kommt ein sehr enges familiäres Netz, sonst würde es auch nicht gehen. Was manche vielleicht überrascht, ich werde meine Kinder auch künftig zu Terminen mitnehmen, zumindest solange sie das möchten. Also wenn ich irgendwo mal ein Grußwort spreche oder ein Fass anschlage, solange die Kinder da gerne mitgehen, sind sie dabei.

Wie groß ist das weinende Auge der passionierten Bildungspolitikerin, wenn jetzt der Wechsel von der VHS in die Leitung des Regionalverbandes kommt?

Was mich total tröstet und beruhigt, ist, dass ich vom Schloss „meine“ VHS immer im Blick habe und sie unterstützen und begleiten werde.

Bleibt bei all diesem Engagement überhaupt noch Zeit für sowas wie Hobbies?

Und ob, mein großes Hobby ist mein Verein. Ich bin Vorsitzende vom Verein für Industrie Kultur und Geschichte Köllertal, unserem Heimatverein. Da haben wir ein Heimatmuseum. Wir machen jetzt das Erntedankfest mit selbstgemachter Kürbisquiche und -suppe im Obst- und Gartenbauverein. Und ich bin dort erste Vorsitzende und engagiere mich für die Heimatkultur. Der Ehrenvorsitzende, der ist schon Ende 90, hat mir vor zehn Jahren den Schlüssel in die Hand gedrückt und hat gesagt, Carolin, mach was draus. Und dann sind wir da rein und haben jetzt über Jahre hinweg die Bestände erschlossen, haben das thematisch sortiert. Mir gefällt besonders das Design der 50er Jahre. Da bin ich großer Fan. Das ist eine tolle Zeit gewesen.

Es steht zu „befürchten“, dass Ihre Zielstrebigkeit, tatsächlich in allen Bereichen gilt, auch in solchen, die vielleicht nicht so publikumswirksam sind?

Ich finde, wenn man was macht, dann soll man es mit ganzem Herzen wollen und nie was halbherzig angehen. Und das gilt sowohl im Privaten als auch im Beruflichen. Und das Amt bzw. die Wahl hätte man ja nie halbherzig gewinnen können. Ich bleibe wie ich bin und ich nutze ja auch die Saarbahn. Das erdet! Gestern Abend noch um halb zwölf mit der Saarbahn nach Hause gefahren. Ich finde, Politiker müssen das auch tun, sonst heben sie ab. Allein durch die Kinder und durch meine ganze Familie, würde ich behaupten, werde ich immer bodenständig bleiben.“

Vielen Dank für Ihre Zeit und Offenheit – und viel Erfolg im Schloss!

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