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Grüne Tomaten schlafen wütend

Fleisch ist mein Gemüse

Menschen und Pflanzen haben bei näherer Betrachtung mehr gemeinsam als man zunächst denken mag. Von beiden gibt es groß wie klein gewachsene Ableger, ebenso wie weiche und harte Typen. Manche sind hübsch anzusehen und blühen bei guter Behandlung auf, andere kommen einfach nicht in die Pötte. Einige sind tief verwurzelt und bleiben am Boden, während wiederum andere hoch hinaus wollen. Es existieren von beiden glatte, stachelige und auch solche Exemplare, die beschnitten sind. Von den einen wie den anderen gibt es außerdem giftige, reizende und sogar solche, die einen zu Tränen rühren. Und auf gewisse reagiert man bisweilen allergisch oder gar mit einem Ausschlag…

Ob menschlich oder pflanzlich, manche sind nützlich und in der Küche zu gebrauchen, andere sehen zwar gut aus, stehen jedoch bloß rum und lassen sich vollgießen. Der Umstand, aus der gleichen Familie zu stammen, heißt bei beiden nicht, dass man sich auch miteinander verträgt. Bei Menschen wie bei Pflanzen gibt es zudem solche, die man sich aussuchen kann, und solche, die bei Partys mitgebracht werden. Manche davon duften und machen sich im Schlafzimmer ganz gut, während andere so unangenehm riechen, dass man sie am liebsten vor die Tür setzen würde. Kurz gesagt: Bei den einen geht es darum, sich fortzupflanzen, bei den anderen darum, sie fort zu pflanzen…

Ob nun Mensch oder Pflanze, hier wie da gibt es fade und scharfe Arten in den verschiedensten Farben und Formen. Manche sind nur in ihrer Heimat zu finden, andere tauchen überall auf und verbreiten ihren Samen wo immer nur möglich. Im Laufe ihres Lebens entwickeln sich Vertreter der einen wie der anderen Gruppe von jungen, zarten Sprösslingen in voller Blüte hin zu alten, schrumpeligen Gewächsen, die zunehmend kahler werden und den Saft im Stängel verlieren. Nicht zuletzt gibt es unter Menschen wie unter Pflanzen Exemplare, die mit Läusen oder Pilzen zu kämpfen haben; ebenso wie solche, die berechtigterweise als Feige bezeichnet werden…

Der größte Unterschiede zwischen Mensch und Pflanze neben der Tatsache, dass ein entblätterter Ficus im Gegensatz zu einer entblätterten Vicky nicht in Tränen ausbricht, wenn er feucht vor die Tür gesetzt wird, dürfte sein, dass Wasser und Sonnenlicht uns Menschen nicht ausreichen, um unseren Energiebedarf zu decken. Auch wenn man im letzten Urlaub beweisen konnte, dass es möglich ist, drei Wochen in der Sonne zu brutzeln und sich nur flüssig zu ernähren, ist etwas Festes zwischen den Zähnen ab und an erforderlich. Vorausgesetzt das Feste ist nicht – wie in besagtem Urlaub – die Faust des Freundes des Mädels, in dessen Bikini man nach dem achten Cocktail Eiswürfel geworfen hatte, die man danach gut zum Kühlen des eigenen Gesichts hätte gebrauchen können…

Wichtig für uns Menschen ist eine ausgewogene Ernährung mit leckerem Superfood und Fasten statt superleckerem Fastfood. Vitamine ins Glas lautet die Devise. Das A und O dabei sind C und E statt „G and T“. Gesundes Essen trägt bekanntlich zu einem besonders langen, wenn vielleicht auch nicht unbedingt besonders schmackhaften Leben bei. Bei Obst und Gemüse gilt dabei wie auch bei uns Menschen: Frisch und knackig ist nur, was nicht schon ewig auf dem Markt ist, nicht bereits von unzähligen angefasst wurde und sich nicht sofort entblättert. Ob einem nun eher Äpfel, Birnen oder Melonen liegen, ist hier wie da Geschmackssache, solange man auf Plastiktüten verzichtet…

Wie im Bett so ist auch auf dem Esstisch Abwechslung das beste Rezept. Warum immer Nudeln mit Tomatensoße, wenn es auch mal Spaghetti Napoli sein kann. Wem das zu eintönig ist, der macht zwischendurch einfach einmal Teigwaren. Wichtig ist, dass man nicht bloß kocht, wenn der Partner nachts sturzbetrunken nach Hause kommt, sondern auch mittags, wenn es ums Essen geht. Diverse alte Gemüsesorten, die den jüngeren Generationen nur aus einschlägigen Internetvideos bekannt sind, sind auch zur oralen Befriedigung bei Hunger geeignet. Der Geschmack vieler Rübenarten ist nämlich nicht zwangsweise beschissen. Nicht nur, dass sie in viel stecken, in ihnen steckt auch viel…

Beim Cocktail die Obstdekoration mitzuessen und die Zitronenscheibe im Gin-Tonic auszulutschen, ist der richtige Anfang für eine gesündere Ernährung. Wer mehr Ballaststoffe zu sich nehmen mag, ist mit Weizenbier und Nüssen besser beraten als mit Wasser und Salat. Wessen Kochkünste nur bis zum Bestellschein des Lieferservices reichen, der sollte zumindest statt Pizza Salami ab und an einmal eine Hawaii bestellen, wenn das die tägliche Ration an Obst relevant erhöht. Es ist so leicht, gesund zu leben: Apfel, Korn und Birne am Morgen, Apfelkorn in der Birne am Abend…

Während Castrop-Rauxel den meisten Menschen außerhalb des Ruhrgebiets ziemlich egal ist, ist das mit Essen anders. Auch wenn der Hund der liebste Freund des Menschen sein mag, ist Essen dessen liebste Beschäftigung. Wobei wohl nur in China beide Lieblinge einfach kombiniert werden können. Für uns Männer ist Essen keine bloße Nahrungsaufnahme, sondern Erotik. Und das ganz unabhängig von dem Vorfall mit der Karotte in der Pubertät, bei dem man damals von seiner Mutter überrascht wurde, was dazu führte, dass ab diesem Tag nie wieder Wurzelgemüse auf den Tisch kam…

Bereits unmittelbar nach unserer Geburt werden wir Männer beim Anblick der mütterlichen Brust mit dem konfrontiert, was unser Leben bestimmen wird: die Vorliebe für Essen und für Brüste. Es ist daher nicht verwunderlich, dass wir unsere Freizeit nicht bloß mit Toilettengängen, Schlafen und Suchen verschwundener Socken zubringen, sondern vor allem mit Futtern. Wir machen die Nahrungsaufnahme zu unserer Passion, für die wir beim All-you-can-eat gerne den Hosenknopf aufs Spiel setzen. Essen ist Leidenschaft, auch wenn danach der Blick auf die Waage Leiden schafft…

Bei Frauen hat Essen meist einen anderen Stellenwert. Wegen des Gendefekts, der Frauen auch dazu zwingt, nur gemeinsam auf Toilette zu gehen, widmen sie dem Essen kaum mehr Zeit als ihrem Partner, wenn ein Schuhladen Schlussverkauf hat. Oft ist eine Mahlzeit schneller hinunter geschlungen, als sie über der Kloschüssel wieder hochgewürgt werden kann. Frauen bevorzugen mittags eher Tomate-Mozzarella, was zwar kaum weniger Kalorien hat als eine Dose Ravioli, dank Basilikum und Olivenöl aber gefühlt gesünder ist. Wir Männer sind da ehrlicher und stehen dazu, uns mit einer doppelten Currywurst ins Fresskoma zu befördern, das erst kurz vor Feierabend endet…

In einer Beziehung ist es daher recht einfach: Frauen essen grundsätzlich das Gesunde im Kühlschrank, Männer alles Übrige. Während Sie die Kalorien zählt, sammelt Er sie. Bringt Frauen bereits ein kleines Fettpölsterchen zur Verzweiflung, gilt bei uns Männern: Eins mehr oder weniger macht die Polstergarnitur auch nicht mehr fett. – Übrigens: Bananen, Melonen, Kiwis und ein Spritzer Saft – Obstsalat und neuseeländische Erwachsenenfilme haben irgendwie das gleiche Erfolgsrezept. Fleisch ist mein Gemüse… gruenetomaten@live-magazin.de.

Patrik Wolf

P.S. Rucola ist kein Kräuterbonbon.

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