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Titelstory

Ich höre was, das du nicht siehst

Zu den ganz wenigen positiven Dingen, die wir dem Corona-Virus verdanken, gehört mit Sicherheit der aktuelle Hype um Podcasts. Allein bei iTunes und Spotify finden sich weit mehr als eine halbe Million deutschsprachiger Produktionen. Da haben mal genau hingehört und versucht, uns einen Überblick zu verschaffen.

Bevor wir uns den beliebtesten und interessantesten Podcasts widmen – und vielleicht auch den ein oder anderen Tipp los werden – erst mal kurz eine Klärung der Begrifflichkeiten. Das Wort Podcast setzt sich offensichtlich aus „Pod“, wie in iPod, und „Cast“, wie in „broadcast“ (Sendung/Ausstrahlung) zusammen. Also ein Audio-Produktion, die zum Download oder Stream für mobile Geräte angeboten wird. Im Unterschied zum linearen Radio werden sie „on demand“ angeboten, die man hört, wo und wann man will und nicht zu einer festgelegten Zeit.

Die ersten Podcasts entstanden schon um den Jahrtausendwechsel, aber nach einem kurzen Hype hatte sich das Thema dann auch schnell wieder erledigt. Die wenigen übrig gebliebenen Produzenten wurden höchstens noch belächelt. Doch auch in diesem Fall leben Totgesagte länger – und wie! Seit knapp zehn Jahren explodiert die Podcast-Szene geradezu und wächst schneller als jedes andere Medium. Das hat einen Grund: Audio ist ein sehr intimes, aufmerksamkeitsstarkes Format mit minimaler Ablenkung. Es wirkt also entgegen dem Trend zur immer kürzer werdenden Aufmerksamkeitsspanne in anderen Medien. Comedy, Entertainment und Musik sind die beliebtesten Topcis bei Nutzern zwischen 14 und 29, während das in der ü30 Generation Podcasts zu Wissen, Information und Lernen sind. Erster Haken dieser Entwicklung: nach den Myriaden schwer erträglicher „Influencer“ ist jetzt auch „Podcaster“ zu einem mega-angesagten Trend-Beruf geworden, leider auch mit einem ähnlich hohem Anteil an selbst berufenen Luftpumpen. Doch zum Glück gibt es auch immer mehr wirklich hörenswerte Produktionen.3chdie Kurve gekriegt undd es war ein schöner Übergang von der Graiffti Kunst in die Musik Kunstnke gefehlt, war noch keine run Analog  AnanananananananananananaXXXX

 

Auf die Ohren, fertig, los!

Corona-bedingt ist das tägliche Corona Update von Prof. Christian Drosten ganz weit vorne in der Hörergunst und beweist damit, dass selbst komplexe wissenschaftliche Themen Millionen Hörer in den Bann ziehen können. Doch die wirklichen Helden im rein akustischen Erdbeerfeld sind andere – und das mitunter seit einer Zeit als Corona noch ausschließlich als Synonym einer mexikanischen Bierimitation bekannt war. Die größten Erfolge, sprich Zuhörerzahlen, teilen sich zwei Gruppen: die originären Podcasts, deren Erfolg und Macher erst durch den Podcast selbst entstanden sind. Und dann natürlich die überaus beliebten Produktionen von bekannten Gesichtern aus dem TV- und Show-Business.

Wenn es um deutschsprachige Podcasts geht, führt kein Weg am – laut Spotify – meistgehörten Podcast 2019 vorbei: Gemischtes Hack von und mit Felix Lobrecht und Tommi Schmitt (nicht zu verwechseln mit später noch erwähnten Thomas Schmitt von Baywatch Berlin). Die zwei greifen politische und gesellschaftliche Themen auf und pimpen sie mit geselligen, privaten Anekdoten auf. Der Primus in der Rubrik Labershow / Comedy überzeugt jeden Mittwoch mit einer bis anderthalb Stunden, die seit Mitte April noch mit samstäglichen Sonderepisodenergänzt werden. Beim Ende März zum ersten Mal verliehenen Deutschen Podcast Preis konnte das Duo das Publikumsvoting für sich entscheiden. Damit verwiesen sie sogar Dick & Doof auf den zweiten Platz.

Damit wären wir auch schon bei unserem nächsten Kandidaten. Sexy, charmant und unfassbar intelligent – all das sind Sandra und Luca nicht. Sie sind lediglich Dick & Doof und genau so heißt auch ihr täglicher Podcast. Bereits dieser Name lässt allerdings darauf schließen, dass sie zumindest herrlich selbstironisch und super witzig sind. Immer um die 20 Minuten lang, nur donnerstags bis zu einer Stunde – dann sogar mit (leider) selbstgesungen Intro, widmen sich die Beiden allerhand Alltäglichem von peinlichen Lieblingsstorys bis zur bahnbrechenden Erkenntnis: wir werden alle sterben!

Ariana Baborie und Laura Larsson wohnen in Berlin. Sie machen was mit Medien und sie sind Frauen. Drei gute Gründe, Herrengedeck nicht zu hören. Eigentlich. Aber Einhörner sind für sie nicht süß, sondern Pferde mit einem angeborenen Gendefekt, das macht wiederum neugierig. Ursprünglich hatten sich die Moderatorinnen bei der Arbeit kennen und schätzen gelernt und mit ihrer großen Klappe die Kollegen zur Weißglut getrieben. Bei ihrem Podcast philosophieren die beiden wöchentlich bis zu einer Stunde über Gott und die Welt. Wem das dauergutgelaunte Geplapper auf Dauer nicht zu viel ist, für den erschließt sich der Reiz dieses Formats. Immerhin ist Herrengedeck einer der erfolgreichsten Podcasts in Deutschland.

Unser Redaktions-Liebling in dieser Kategorie ist allerdings Beste Freundinnen, wobei auch dieser Titel geschlechterspezifisch in die falsche Richtung lotst. Das ist der nämlich der absolut östrogenfreie, ultra ehrliche Männerpodcast. Zwei Typen, die so über Liebe, Sex und Partnerschaft reden, als wären sie nur zu zweit. Bei Max und Jakob geht es um Seelenficker, Traumfrauen, Zusammenziehen, Fremdgehen, den besten Sex, One-Night-Stands und alles drum herum. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, bleiben sie so scheiße, wie sie sind. Herrlich!

Nun aber zum Ausweich-Tummelplatz der TV-Gesichter und entsprechend gleich zu Deutschlands im Moment wahrscheinlich meistgehörten Podcastern Jan Böhmermann und Oliver Schulz. Ihr ursprünglich wöchentliches Format Fest & Flauschig mutierte im Corona-Boom zum täglichen Podcast. Böhmermann, die Geheimwaffe des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Schulz haben kürzlich ihren Vertrag mit Spotify sogar bis 2022 verlängert und sind nicht ohne Grund die Aushängeschilder der deutschen Szene. Ihr Plausch unter Freunden ist manchmal banal, aber immer wieder echt sehr lustig, weil sich hier zwei gefunden haben, die sich mögen, verstehen und auf der gleichen Humorwelle reiten. Wenn sie sich gegenseitig anstacheln, laufen beide zur Höchstform auf.

Ganz klar an der Spitze mitmischen will auch Olli Pocher nebst Ehefrau Amira. Mit Die Pochers hier ist ihnen das auch eindrucksvoll gelungen, denn trotz gerade mal einer Handvoll Episoden gehören sie zur Top Ten der beliebtesten deutschen Podcasts. Schuld ist, wenn wundert’s, Corona. Während Amira und Oliver Pocher in Quarantäne waren, haben sie täglich Zehntausende bei Instagram unterhalten – daraus wurde jetzt seit Anfang April ein wöchentlicher Podcast! So erzählen sie immer freitags aus ihrem Leben, was die Woche über bei ihnen passiert ist und was sie so beschäftigt. Oliver Pocher verspricht die schonungslose Wahrheit, Amira sieht sich schon die Scherben zusammen kehren.

Unter den TV-Promis ist aber Baywatch Berlin der Liebling unserer Redaktion. Praktischerweise kommt die Show von Klaas Heufer-Umlauf sozusagen als Podcast für Einsteiger – also auch zum Zugucken – daher. Bereits einen Tag vor der eigentlich samstäglichen Veröffentlichung der jeweils neuesten Folge kann man sich nämlich das sehr kurzweilige Geplapper des einstigen Friseurs mit seinen Sidekicks Jakob Lundt und Thomas Schmitt schon am Freitag bei ProSieben im TV anschauen. Letztgenannter ist übrigens seit 2018 Grimme-Preisträger und vor allem auch ganz klar der meistgehörte Saarländer, wenn es um Podcasts geht. Seine angeborene saarländische Finesse erklärt Eingeweihten fraglos, warum hier besonders geist- und pointenreich zu Werke gegangen wird. Leider aber auch, warum es im schönsten Bundesland der Welt etwas übersichtlicher um wirklich gelungene Podcasts bestell ist. Kein Wunder wenn die begabtesten Söhne des Landes vom Berlin Exil aus wirken müssen.

 

Saarländer können alles …

Podcasts erfreuen sich natürlich auch im Saarland gestiegener Beliebtheit und auch der Umkehrschluss gilt, denn unser Bundesland wird in Podcasts bemerkenswert gefeiert – von Böhmermann mal abgesehen. So widmet beispielweise die öffentlich-rechtliche Radiowelle SWR 2 seit Februar dem Saarland (und einem untergeordnetem Nachbarland) unter dem Titel „Geburt zweier Bundesländer“ gleich eine ganze Podcast-Reihe. Da zeigt sich aber auch sofort das Kernproblem im Umgang mit den trendigen Audio-Produktionen, denn hierzulande bekommt nur allzu oft etwas das hippe Label Podcast verpasst, das eigentlich nur eine Zweitverwertung von Radioproduktionen ist. Diese Praktik wird zwar auch gerne im restlichen Bundesgebiert zur scheinbaren Produktveredelung angewendet, fällt dort aber nicht so auf, weil reichlich echte Podcasts ein kreatives Gegenwicht darstellen. Da die aber im Saarland rar gesät sind, wollen wir unbedingt noch die interessantesten Vertreter vorstellen.

Andre mampft – der leckere Podcast ist erst kürzlich unter dem Eindruck der Corona-Krise aus dem bekannten, gleichnamigen Food-Blog entstanden. Hier entdeckt unser ehemaliger Mitarbeiter Andre Kleber für seine Hörer neue, leckere Dinge und verrät Tipps und Tricks rund um das Thema Genuss. Er schaut hinter die Kulissen und spricht mit Produzenten, Restaurantinhabern und Menschen aus der Food-Szene. Regionalität liegt ihm dabei sehr am Herzen, somit ist jede Folge gewürzt mit einem Hauch Saar-Lor-Lux. Bisher sind erst drei kurze Folgen erschienenen, aber dieser Podcast ist ja auch erst im April an den Start gegangen.

Schon seit November 2017 hingegen gibt es den grandiosen Geschichts-Podcast Historia Universalis. Elias, Oliver und Karol erzählen in unregelmäßigen Abständen in bisher 72 Episoden kurze Geschichten aus der Geschichte. Von Zeit zu Zeit wird es auch Spezialfolgen zu größeren oder kleineren Themenkomplexen geben, in denen Experten zu Worte kommen.

Redaktions-Liebling unter den Saar-Podcasts ist ganz klar das Angebot des Landespolizeipräsidiums, der SaarlandPodcast Polizei. Die eigentliche Aufgabe unserer Freunde und Helfer ist es, neben dem Ermitteln von Straftaten, vordringlich Verkehrsunfälle, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verhindern. Im Rahmen dieser Vorbeugemaßnahmen versucht die Polizei jetzt die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu erreichen und Jugendliche und junge Erwachsene über das von ihnen überwiegend genutzte Medium, nämlich das Internet, anzusprechen. Das Ganze zu Themen wie Zivilcourage, Grafitti und illegales Glückspiel, immer kurz und knackig, etwa zwei bis drei Minuten lang und immer mit dem unnachahmlichen Charme des 7. Sinns aus den Siebzigern.

Ganz wichtig: wir konnten natürlich nur einen klitzekleinen Teil der Podcast Landschaft abbilden – und haben dabei bestimmt auch Hochinteressantes übersehen oder schlichtweg nicht gefunden. Wem noch ein guter Podcast einfällt oder wer mit unserer Wertung nicht konform geht, ist herzlich eingeladen uns an seinem Wissen und Erfahrungen teilhaben zu lassen. Wie immer ganz einfach per Mail an leserbriefe@live-magazin.de

 

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