• Termine, News und Wissenswertes aus Saarbrücken, dem Saarland und der Welt:

Titelstory

Nah dran statt nur dabei

Die Formel 1 am TV oder auf der Tribüne feiern kann ja jeder. Aber wie um alles in der Welt, kommt ein Saarländer direkt an die Strecke, ins Fahrerlager und die Boxengasse. Michael Weber aus Ottweiler hat das geschafft.

Der 53jährige Unternehmer aus Ottweiler führt mit einem Geschäftspartner ein mittelständiges Unternehmen in der IT-Branche. Ein ganz normaler Saarländer, der mit seiner Frau hobbymäßig gerne mal im Urlaub die interessanteren Flecken dieser Erde besucht. Aufmerksamen Verfolgern der saarländischen Insta- und Facebook-Szene ist er vielleicht auch mal durch seine zweite Leidenschaft aufgefallen: das Fotografieren. Auf dem Gebiet hat er nämlich einiges an Talent zu bieten und seine Aktivitäten haben längst mindestens semiprofessionellen Status. Dass jetzt aber vor einem knappen Monat, die Freude am Reisen und die Hingabe zur Arbeit mit der Kamera, an der Formel 1 Strecke im Wüstensand von Bahrain zueinander fanden, empfindet der gebürtige Schiffweiler als großes Glück und besondere Ehre. Denn so einfach kommt man da nicht hin – und vor allem nicht so hautnah dran!

L!VE: Wie kommt man denn mal ebenso auf die Idee, zur Formel 1 in die Wüste zu reisen?

Michael Weber: „Da war mein Foto-Freund Thomas Füßler nicht ganz unschuldig. Der macht das für eine Fotoagentur nämlich schon seit Jahren mit der Formel 1 und meinte nach dem Rennen in Imola letztes Jahr, dass er mich eigentlich mal gerne mitnehmen würde. Abu Dhabi war dann unsere erste Idee, doch das ist, was Transport, Unterkunft und Spesen angeht, schlichtweg nicht zu bezahlen. So bin ich dann recht schnell auf Bahrain Anfang März gekommen. Hier machte die Fotoagentur allerdings zur Bedingung, dass wir nicht nur zum Rennen kommen, sondern schon eine Woche vorher die Tests der Teams ablichten. Und so wurde nach kurzem Überlegen der Aufenthalt von einem Rennwochenende auf 12 Tage verlängert. Am Aschermittwoch ging es dann los.“

L!VE: Da hast Du Glück gehabt, denn so einfach kommt man doch nicht auf die Strecke.

M. W.: „Normalerweise kommt man da überhaupt nicht hin. Du brauchst auf jeden Fall eine erfahrene Agentur, die sich auskennt, das auch schon öfter gemacht hat und ihre Fotografen bei allen Rennen im Einsatz hat. Natürlich hatte ich die auch nach Europa gefragt, aber da besteht als Neuling keine Chance. Aber Bahrain ging und so wurde ich bei der FIA, dem Formel 1 Veranstalter, akkreditiert. Die schlussendliche Zusage kommt erst zwei, drei Wochen vor dem Termin, wenn Du natürlich längst alle Flüge, Hotels und Mietwagen etc. gebucht hast. Wenn die FIA dann doch sagt, nee, dich wollen wir nicht, bleibst du auf den Kosten sitzen. Das ist halt dein Risiko. Im Endeffekt war das aber schon ein besonderes Gefühl, das das geklappt und ich habe das schon als eine Ehre empfunden, das dort machen zu dürfen. Das ist wirklich nicht selbstverständlich.“

L!VE: Und mit Deiner Akkreditierung kamst Du dann überall hin?

M. W.: „Das ist in Bahrain wirklich toll. Du kommst dann wirklich überall hin, es gibt keine Stellen, wo du nicht hin darfst und das ist natürlich super. Manchmal habe ich dann da gesessen und nur gedacht: Wow! Dieses Gefühl dann auch mit meinem Freund Thomas zu teilen war schon unbeschreiblich.“

L!VE: Entsprach Bahrain Deinen Erwartungen? Du warst ja schon wiederholt in der Region unterwegs.

M. W.: „Mit den benachbarten Dubai oder Abu Dhabi ist das wirklich überhaupt nicht zu vergleichen und privat würde ich nicht auf die Idee kommen dahin zu fahren. In der Stadt gibt es eine kleines Stück Skyline und die große Moschee, das war’s dann auch schon. Ganz im Süden gibt es aufgeschüttete Inseln, so in der Art wie in Dubai, aber das ist dort alles Privatgelände und da kommst Du gar nicht hin. Man merkt schon, dass Geld keine Rolle spielt, auch wenn man auf die Rennstrecke kommt. Da steht ein echt großes Riesenrad, das für das Wochenende aus Eisenach in Deutschland extra dahin verschifft wurde. Das hat alleine sechs Wochen gedauert. Dann aufgebaut, vom TÜV aus Dubai für 25.000 Dollar abgenommen und nach den paar Tagen montags wieder abgebaut und zurück verfrachtet. Das Riesenrad war für die Besucher des Rennens umsonst, genau wie mit einem F1-Simulator zu fahren und alle anderen Vergnügungen, inklusive der Konzerte von Craig David und DJ Snake, die dort an der Rennstrecke kostenlos geboten wurden.  

L!VE: Bist du auch gut versorgt worden?

M. W.: „Auf der Rennstrecke wirst du als Fotograf komplett versorgt, von Frühstück über Mittag- und Abendessen, da gab es auch ein großes Barbecue mit den Teams, und alles ist frei. Das ist schon ‘ne Hausnummer. Was mich allerdings überrascht hat, ist die Hotelsituation dort. Es gibt nur zwei Sorten Hotels in Bahrain, günstige und extrem teure. Gut, ich hatte mich nicht in eine Nobelherberge eingebucht, aber auch auf etwas günstigerem Niveau hat mich die Rezeption im ersten Stock doch etwas überrascht, zumal es keinen funktionsfähigen Fahrstuhl gab. Ich hatte aber wenigstens mit Fenstern in meinem Zimmer gerechnet, so kann man sich täuschen. Da half auch nur wenig, dass ich zum Ausgleich eine Pergola mit Weinranken im Zimmer stehen hatte und zwei beleuchtete Fenster-Attrappen. Also das war wirklich kein glamouröses Wohnen, aber deswegen war ich ja auch nicht da.“

L!VE: Wie nah kamst Du den Teams und Fahrern tatsächlich?

M. W.: „Wirklich richtig nah! Allein in dem Bereich zwischen Boxengasse und den Hospitalitys, wo alle die ja alle ständig durchlaufen und du dich als Fotograf tatsächlich auch aufhalten darfst, da musste einfach nur mal kurz warten bis Lewis Hamilton an dir vorbei joggt. Viele der Fahrer sind dann auch supernett und sagen auch mal hallo und grüßen dich.“

L!VE: Gab es denn irgendetwas, was Du so nicht erwartet hättest?

M. W.: „Was ganz anders war, war die Art und Weise mit der du dann das Rennen verfolgst. Normalerweise sitzt du auf der Tribüne, siehst einen kleinen Ausschnitt und beobachtest die Videowände. Als Fotograf ist es hier aber so, dass du dir zuerst eine Stelle suchst, wo du einen guten Blick auf den Start hast. Dann hoffst du auf eine tolles Bild, wenn irgendwas passieren sollte. In Bahrain ist nix passiert, also bleibst du da erstmal sieben, acht Runden, dann suchst du dir eine neue Stelle und hoffst wieder. Außerdem musst Du schon darauf achten, dass dir nicht andere Fotografen vor dir da stehen, denn da gibt es schon eine gewisse Konkurrenz und Rivalität. So geht das weiter bis sich das Rennen dem Ende nähert und du dich wieder auf den Weg in den Start/Ziel-Bereich machst, damit du spätestens für Bilder der Siegerehrung wieder rechtzeitig da bist. Unterm Strich bedeutet das, von dem eigentlichen Rennverlauf kriegst du fast gar nichts mit. Du bist nur am warten, laufen, Shuttle fahren, das kann schon stressig sein.“

L!VE: Lass mich raten, diese knapp zwei Wochen vergingen wie im Flug?

M. W.: „Stimmt, auf einmal war alles rum. Dann stehst du da, fährst von der Strecke und sagst dir immer wieder: das war’s. Wir haben dann noch ein Abschiedsfoto gemacht und dann war’s wirklich vorbei. Ein paar Tage habe ich dann hier schon gebraucht, um wieder richtig anzukommen. Inzwischen gab’s dann aber auch schon erneut Momente, wo ich dachte, Mensch, ich will wieder! Dann war jetzt auch noch das Rennen in Saudi Arabien und dann guckst du da zu und erkennst den einen oder anderen Fotografen. Da kommst du dann schon ins überlegen, aber Plätze für die europäischen Rennen, die jetzt kommen sind illusorisch und alles andere ist weit weg und schlichtweg zu teuer. Die Ambitionen habe ich ja auch gar nicht. Ich wollte es halt einmal erleben. Vielleicht habe ich auch ein bisschen Blut geleckt, aber da jetzt alle vierzehn Tage durch die Weltgeschichte zu hetzen, das wäre nicht so mein Leben.“

Previous ArticleNext Article