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Titelstory

Pack die Badehose ein

Halbzeit in der Freibadsaison 2024. Wie sieht dieser Sommer in unseren Freibädern aus, sozialer Brennpunkt oder Naherholung pur?

Ein sommerlicher Abstecher ins nächste Freibad ist echter Kurz-Urlaub vor der Haustür. Generationen von Badefreunden wussten und wissen das zu schätzen und möchten die Besuche in den Naherholungsoasen nicht missen. Daran ändern auch die hier und da auftauchenden Schlagzeilen über Missstände in den Badeanstalten oder Fehlverhalten ihrer Besucher nichts, denn nicht selten ist da nicht wirklich was dran. Was liegt da näher, als sich die Verhältnisse vor Ort einmal selbst vor Augen zu führen. Stellvertretend haben wir die Saarbrücker Bäder, insbesondere das größte und schönste der Landeshauptstadt, das Schwarzenbergbad, besser bekannt als Totobad, unter die Lupe genommen.

Auch wenn dieses Jahr das Wetter nicht wirklich mitgespielt hat und unterm Strich mehr nass von oben kam als das Schwimmbad von unten zu bieten hatte, so war doch einiges los auf dem Schwarzenberg. Denn die Zeit wurde genutzt, das Bad in den besten denkbaren Zustand zu versetzen. Es gibt ein neues Filterhaus, einer neuen Rutsche, die Photovoltaikanlage und nicht zuletzt die E-Bike Ladestation vor der Tür. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass man auch hier im Jahr 2024 angekommen ist und sich einer gewisse Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang gegenüber stehen sieht. So wurde just in der Nacht vor unserem ersten Besuch in eines der Kassenhäuschen eingebrochen, zwar nichts erbeutet, dafür aber erheblicher Sachschaden angerichtet. Aber bevor wir uns in Mutmaßungen und Halbwahrheiten ergehen, fragen wir doch lieber die Leute, die für den Freizeitspaß verantwortlich sind. Wir haben uns mit Konzernsprecherin Ulrike Reimann und dem Betriebsleiter des Schwarzenbergbades Thomas Schadt vor Ort getroffen.

L!VE: Hallo Frau Reimann und Herr Schadt, bis jetzt ein Jahr wie jedes andere?

Ulrike Reimann:„Die Freibadsaison ist natürlich bislang ein bisschen ins Wasser gefallen. Das ist wirklich sehr schade für die Kolleginnen und Kollegen und natürlich für die Badegäste in erster Linie. Wir hoffen jetzt aber auf einen schönen August, gerade jetzt, wo die Ferien angefangen haben. Aber ansonsten läuft in diesem Jahr alles normal. Wir waren gut vorbereitet. Nach dem Unwetter an Pfingsten, mussten wir einen Teil der Liegewiese absperren, bis eine Fachfirma kam, die sichergestellt hat, dass wir den Badebetrieb aufnehmen können. Unser einziger Gegner scheint dieses Jahr das Wetter zu sein. Sonst läuft alles nach Plan.“

L!VE: Wie haben sich die Besucherzahlen über die letzten Jahre entwickelt?

Ulrike Reimann:„Natürlich sind wir noch nicht auf dem Vor-Corona Niveau. Da gab es auch einige Dinge, die uns ein bisschen in die Parade gefahren haben, aber Freibadsaison ist eben immer wetterabhängig. Letztes Jahr lief es erst fantastisch und dann ist das Wetter ein bisschen umgeschlagen, ausgerechnet in den Sommerferien. Das kann man eben nicht beeinflussen. Aber ansonsten würde ich sagen, sind Zahlen schon konstant.“

L!VE: Trotzdem sind die aktuellen Besucherzahlen nicht zu vergleichen mit denen in den 60ern und 70ern. Gibt es eine Erklärung dafür? Gehen die Leute alle nicht mehr schwimmen oder können es gar nicht?

Ulrike Reimann:„Das kann ich jetzt nur erahnen. Die Saarbrücker Bäder sind immer gut besucht und das Schwarzenbergbad ist natürlich immer ein Publikumsmagnet, aber alle anderen sind auch sehr gut. Aber natürlich sind die Zahlen nicht mehr so hoch wie ganz früher. Woran das liegt? Man muss vielleicht auch bedenken, dass sich während Corona, viele ja auch einen eigenen Pool in den Garten gestellt haben.“

L!VE: Saarbrücken ist mit vier Bädern ja erfreulich gut aufgestellt. Lässt sich da ein Beliebtheits-Trend ausmachen, eher zum urbanen Bad in der Stadt oder doch eher im Vorort?

Ulrike Reimann:„Alle unsere Bäder sind unterschiedlich und haben so ihre Liebhaber. Das liegt neben den Einrichtungen und Angeboten vor allem auch an den Menschen dort, an den Gästen wie am Personal. Es gibt Gäste, die mögen das Bad in Altenkessel, weil es so ein bisschen urig und nostalgisch ist. Andere mögen das Totobad total, weil es eben diese Weitläufigkeit hat und diesen alten Baumbestand. Das ist wirklich wie Urlaub und das ganz nah am Stadtzentrum. Und wir haben den Luxus, immer noch sehr viel Stammpersonal zu haben, die schon seit Jahren hier sind. Herr Schadt zum Beispiel ist schon seit 21 Jahren hier im Betrieb. Die Frau Brandt da vorne an der Kasse, die hat ihren Laden voll im Griff. Die kennt ihre Leute, die ist immer freundlich, immer gut gelaunt. Aber natürlich ist es ein bisschen schwieriger geworden Saisonpersonal oder Rettungsschwimmer zu bekommen.“

L!VE: Also auch in den Bädern die gleiche Personalnot wie überall?

Ulrike Reimann:„Es ist ein Problem, aber noch nicht so schlimm. Aber natürlich wird es immer schwieriger, Rettungsschwimmer für die Saison zu finden. Aber auch Kassiererinnen ist nicht ganz so einfach. Also wie überall gibt es Probleme, es ist schwierig und wir sind noch auf der Suche. Im Vergleich allerdings sind wir noch auf der Insel der Glückseligen, weil wir Personal haben, das sich mit dem Bad identifiziert.“

Thomas Schadt: „Es werden deutschlandweit viele Fachangestellte oder Meister gesucht. Das ist gerade in Großstädten besonders schwierig, weil der Beruf ausstirbt. Wir in Saarbrücken können uns eigentlich glücklich schätzen. Wir haben vier Bäder offen im Sommer, das ist schon eine Hausnummer! Andere Städte können das nicht bewerkstelligen.“

Ulrike Reimann:„Und man muss sich das auch leisten wollen, muss man auch dazu sagen. Über Jahrzehnte! Wenn man bedenkt, das Freibad Dudweiler feiert jetzt seinen 100. Geburtstag, 65 Jahre gibt es das Schwarzenbergbad und das Kombibad Fechingen 50 Jahre. Das sind ja doch Hausnummern.“  

L!VE: Apropos leisten wollen und können. Da fällt auf, dass der Eintritt hier ja im Vergleich zu den Spaßbädern spottbillig ist, oder?

Ulrike Reimann:„Also ein Spaßbad ist ein Spaßbad, das hat auch seine Berechtigung. Das ist auch in Ordnung. Aber man muss sehen, ein Badbetrieb ist immer ein Zuschussbetrieb. Wenn wir, sagen wir mal kostendeckend arbeiten müssten, dann wäre der Preis auch bei über 20 Euro pro Person. Unser Angebot ist immer ein Zuschussgeschäft. Aber die kommunalen Bäder, das ist ja Daseinsvorsorge. Die bieten den Leuten Freizeitspaß, aber eben auch Gesundheit und Fitness. Wir haben hier eine Minigolfanlage, Beachvolleyballfeld, Sportlerfeld und, und, und. Aber es ist auch wichtig für die Leute, die schwimmen wollen, die das als Sport betreiben, aus Gesundheitsinteresse. Das darf man nicht vernachlässigen.“

L!VE: Wie stemmt man bei den Preisen neue Investitionen?

Ulrike Reimann:„Da muss man schon unterscheiden. Den Stadtwerken gehören nur das Kombibad Fechingen und das Dudweiler Hallen, die anderen bewirtschaften wir nur für die Stadt Saarbrücken. Nehmen wir mal zum Beispiel, das neue, riesige Filterhaus hier im Totobad. Eine Investition von der Stadt, das ist ganz wichtig. Da sind ja mehrere Millionen Euro verbaut worden. Und dann schauen Sie mal obendrauf, eine Photovoltaik-Anlage vom Feinsten! Das heißt, trotz der finanziellen Engpässe, trotz der Schwierigkeiten versucht man alles möglich zu machen, um auch in die Nachhaltigkeit zu investieren. Und das ist etwas, denke ich mal, dass man das auch zu schätzen wissen muss. Es ist schon erstaunlich. was Saarbrücken im Bereich Bäder bietet und ich finde, es ist schade, dass das manche Leute gar nicht so registrieren.“

L!VE: Die Leute registrieren aber sicher die Security im Schwimmbad.

Ulrike Reimann:„Die gibt´s bei uns schon lange. Das sind eben die Auswirkungen unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Man muss auf seine Sachen aufpassen. Im öffentlichen Raum müssen sie das überall. Ich finde, in den Bädern ist es noch nicht so schlimm, wie beispielsweise im ÖPNV. Mit der Gewaltbereitschaft, mit der Aggression. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kollege hier so oft verbal attackiert wird wie unsere Busfahrer und Busfahrerin.“

Thomas Schadt: „Also für mich als Betriebsleiter ist es als erstes mal ganz wichtig, dass wir hier die Sicherheit gewährleisten können. Und ich kann die Sicherheit besser gewährleisten, wenn ich Sicherheitsdienst da habe. Wenn schlechtes Wetter ist und dann steht in der Zeitung übermorgen wird ein heißer Sommertag, dann weiß ich, die Leute überrennen uns, die kommen. Um dann einen ordnungsgemäßen Ablauf zu gewährleisten, brauchen wir Sicherheitsdienst. Wenn ich den Sicherheitsdienst nicht hätte, müsste ich wahrscheinlich aus irgendwelchen Gründen jeden Tag die Polizei rufen. Wenn die Gäste unseren Sicherheitsdienst sehen, fühlen sie sich einfach sicherer. Das muss man schon sagen.“

L!VE: Das heißt, ihr Job ist um einiges komplexer als der klassische Bademeister, der mit rotem T-Shirt am Beckenrand sitzt?

Thomas Schadt: Nicht umsonst heißt das jetzt Fachangestellter für Bäderbetriebe. In dem Bereich sind die Anforderungen massiv gestiegen und da steckt schon eine richtige Ausbildung bis zum Meisterbrief dahinter. Es geht ja auch um die technische Anlage, um die Wasserqualität. Das machen nur die Fachkräfte. Die Rettungsschwimmer, die hier vor Ort sind, die sind nur da, um aufzupassen, zu überwachen. Alles was mit Technik zu tun hat, ist unsere Sache. Von Hygiene bis Wasserqualität, damit ein sicherer Betrieb gewährleistet werden kann. Schließlich kommt dann auch noch immer mehr Verwaltung dazu. Das heißt, wenn ich mit den technischen Arbeiten fertig bin, muss ich im Büro erst mal meine Emails abarbeiten. Dann sitzt man drei Stunden am PC. Aber was ich zum Glück sagen muss und was mir sehr wichtig ist, ich arbeite seit 21 Jahren hier und es ist niemand ertrunken. Ich sage immer auch zu meinen Rettungsschwimmer, wenn ich dann abends das Tor zu sperre und der letzte bin, der hier rausgeht und es ist keiner ertrunken, da haben wir an dem Tag auf jeden Fall was richtig gemacht.

L!VE: Wo sie den Feierabend ansprechen, gibt es denn – wie früher – nachts auch noch „Gäste“?

Thomas Schadt: „Ja, die gibt´s noch. Da hat sich aber was verändert. Es gab und gibt die „Gäste“ die kommen und schwimmen, ganz normal. Da steht dann höchstens mal eine Flasche Bier am Beckenrand. Es gibt aber auch solche, die dann volle Mülltonnen mit Essensresten drin ins Wasser schmeißen. Das ist eine Sauerei und asozial. Bis das beseitigt ist, muss man das Becken schließen. Deswegen gibt es jetzt eine Nachtwache bei uns, was für den ein oder anderen „Besucher“ bestimmt eine Überraschung wird.“

Testimonials:

Sandra Schäfer, Verwaltungsfachangestellte:

„Sport, Gesundheit, Spaß und Entspannung miteinander zu verbinden, ist für mich, seit ich denken kann, eine Routine. Deshalb besuche ich ganzjährig das Hallenbad Dudweiler und das Saarbrücker Schwarzenbergbad im Sommer mindestens zwei Mal die Woche. Rückenproblene? Nur ein Fremdwort! Zum Start der Freibad Saison kommt in mir, jedes Jahr aufs Neue, diese besondere Freude auf. Freiluftschwimmen im Toto-Bad ist mehr als nur Sport. Es ist ein Stück Heimatgefühl. Das 50 Meter Becken bietet dazu ein besonders schönes Wassergefühl. Oft verbringe ich viele Stunden im Toto-Bad und verweile nach dem Schwimmtraining noch lange im Schatten. Der schöne, weite und einzigartige Blick auf das Sportbecken und das ganze Gebiet sind im Sommer unbezahlbar! Nachteilig ist für mich, dass das Wasser, besonders zum Saisonstart, sehr kalt ist. Das ist beim Schwimmen eine Herausforderung. Trotzdem: Ein Leben ohne das Toto-Bad ist für mich unvorstellbar. Es ist meine große Liebe.“

Oliver Nastulla, Zootierpfleger:

„Sommer bedeutet für mich Freibad. Entspannung und Freude pur. Besonders schön finde ich das Heidebad Schmelz, das ich oft mit meiner Frau besuche. Meine Homebase ist aber das Totobad. Seit Jahrzehnten trifft sich dort an fast jedem schönen Tag meine Schwimmbad-Clique, überwiegend bestehend aus besten Freunden. Nicht gefällt mir bei den Saarbrücker Bädern die Preisentwicklung. Speziell bei der Saisonkarte. Ermäßigung für Schwerbehinderte: Fehlanzeige. Das gehört in meinen Augen dringend geändert!“

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