Wow, wow, Powerfrau!
Nach ihrer Ausbildung an der Neuen Münchner Schauspielschule zog es Edda Petri gen Westen. Über verschiedene Engagements an kleineren und größeren Theatern landete sie 1991 im Ensemble des Saarländischen Staatstheaters, in dem sie für viele Jahre eine Heimat fand. Zusätzlich übernahm sie in Fernseh- und Musicalproduktionen meist starke Frauenrollen. Heute leitet sie unter anderem das Kreativzentrum Kutscherhaus in Neunkirchen, das für Integration und interkulturelle Projekte steht.
Das Kutscherhaus in Neunkirchen ist ein wunderschön renovierter Bau aus dem Jahr 1902 und diente den Pferdepflegern der Familie Stumm als Unterkunft. Hier treffe ich Edda Petri, die Netzwerkmanagerin des 2019 gegründeten Kutscherhaus-Vereins und Leiterin des Kreativzentrums. Petri ist eine eindrucksvolle Person, hoch gewachsen und mit einem herzlichen Lächeln führt sie mich in „das größte Zimmer im Haus“, einen im Erdgeschoss liegenden Raum von zirka 18 qm. „Früher wurde so gebaut und wir können wegen des Denkmalschutzes keine größeren baulichen Veränderungen vornehmen“, sagt sie mit einem bedauernden Achselzucken, „aber wir kommen klar und wenn wir für Veranstaltungen mehr Platz brauchen, mieten wir die angrenzende Stumm’sche Reithalle“.
Petris Werdegang ist bunt und vielfältig. Sie ist ausgebildete Schauspielerin und singt auch hervorragend, wie man in der „Rocky Horror Show“ bewundern konnte, die bis letztes Jahr erfolgreich in der Gebläsehalle in Neunkirchen lief. Hier war sie nicht nur die Darstellerin der Magenta, sondern hatte auch die Produktionsleitung inne. Mit dem Musical „The Addams Family“ tourte sie vor einigen Jahren als gruslig schöne Morticia durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. In mehreren Fernsehproduktionen spielte sie mit, unter anderem in verschiedenen „Tatort“-Folgen, nicht nur im Saarland. Ganz nebenbei schreibt sie auch noch Drehbücher, ist als Voice-Coach tätig und erteilt Schauspielunterricht. „Da hast du ja locker eine 60-Stunden-Woche“, rechne ich nach, was sie nur müde belächeln kann: „Das reicht eher nicht.“. Ok, ich war noch nie gut in Mathe.
Wir setzen uns in ihren grauen Mietwagen, da ihr altersschwaches Privatauto mit 300.000 Kilometern vorläufig schlapp gemacht hat, und fahren zum Netto-Parkplatz mit dem angrenzenden Jugendzentrum. Ich steige aus und staune: die Fassade des JUZ, eigentlich eine grau verputzte, flache Wand, hat sich in ein dreidimensionales Kunstwerk verwandelt, das den Verstand rotieren lässt. Das Gehirn sieht Vorsprünge, wo keine sind und Schatten, obwohl die Sonne nicht scheint. Neben dem Hubsteiger steht der Künstler, der Venezianer Manuel di Rita aka PEETA, der ob des immer wieder einsetzenden Nieselregens etwas verzweifelt wirkt. Bereits in drei Tagen ist die Einweihung des Kunstwerks, aber Initiatorin Edda und der italienische Spraykünstler sind zuversichtlich, dass alles klappt. Letztes Jahr hatte Petri, ebenfalls mit Unterstützung der Stadt und Sponsoren, den Graffitikünstler Hendrik Beikirch engagiert, der auf eine freie Wand in der Innenstadt ein riesiges Portrait des ehemaligen Hüttenarbeiters Bodo Lutze sprühte und malte. „Kunst im öffentlichen Raum ist wichtig, bereichernd und verbindend für die Stadt und ihre Einwohner“, meint Edda und hat sicherlich schon Ideen für das nächste Jahr im Kopf.
Zurück im Kutscherhaus erklärt mir Petri die komplizierten Zusammenhänge zwischen Stadt, Land und Bund, die das bemerkenswerte soziokulturelle Projekt „Kreativzentrum“ möglich gemacht haben. Es fallen Begriffe wie Fördergelder, Utopolis, Netzwerke, Stadtentwicklung, bis mir der Kopf schwirrt und ich mich lieber nach den Inhalten erkundige. „Unser Ziel ist, Kultur und nachbarschaftlichen Zusammenhalt im Quartier zu fördern und Menschen verschiedenster Herkunft einfachen Zugang zu Kunst und Kreativität zu ermöglichen.“ Das Kutscherhaus stellt Künstlern jeglicher Couleur Räume zur Verfügung, die diese zum Malen, Singen oder Filme schneiden nutzen können. Darüber hinaus bietet der Verein Workshops und Seminare an und ist auch in der digitalen Welt aktiv. Während der (ersten) Corona-Welle gab es auf Facebook und YouTube Bücherlesungen für Kinder und Erwachsene, die begeistert angenommen wurden.
Neben ihrem Engagement in Neunkirchen und ihren vielen Projekten bereitet die umtriebige Powerfrau zurzeit ein spannendes Theaterstück vor. „Es ist noch nicht in trockenen Tüchern, aber es wird eine Inszenierung in Zusammenarbeit mit dem Mierscher Kulturhaus in Luxemburg, deren Premiere hoffentlich im Saarlandmuseum stattfinden wird.“ Wir sind gespannt und drücken die Daumen für gutes Gelingen, liebe Edda!
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