Esad Puzić ist ein Mann mit vielen Talente und noch mehr Zufälle. Vom geplanten Kunststudium in Sarajevo über eine Karriere als erfolgreicher Gastronom in Saarbrücken bis hin zur Eröffnung eigener Galerien – sein Lebensweg ist geprägt von Wendungen, die er mit Leidenschaft, Kreativität und einem untrüglichen Gespür für Kunst und Kultur meistertet. Damit verbindet er Kochkunst mit bildender Kunst und macht Saarbrücken zu einem lebendigen Knotenpunkt internationaler Künstlerbegegnungen.
Eigentlich wollte Esad Puzić die Ferien vor seinen Aufnahmeprüfungen an der Kunstakademie in Sarajevo nutzen, um seinen Bruder in Saarbrücken zu besuchen. Doch der Ausbruch der Balkankriege 1991 durchkreuzte diesen Plan. Eine Rückkehr in die Heimat oder gar die Aufnahme eines Studiums waren unter diesen Umständen für den damals 22-Jährigen undenkbar. Stattdessen fand er an der Seite seines Bruders einen neuen Weg in der Gastronomie, blieb jedoch bis 2009 auch als freischaffender Künstler aktiv. Zu seinen Arbeiten zählen unter anderem die Wandmalereien im „Big Easy“ in Saarlouis und im Saarbrücker „Manhattan“.
Nach seiner Heirat und der Gründung einer Familie legte Puzić eine künstlerische Pause ein, um sich eine stabile Existenzgrundlage zu schaffen. Er wurde Vollzeit-Gastronom und baute sich eine erfolgreiche Karriere auf. Spätestens mit seinem Engagement im Steakhouse „Gusto“ – zunächst in der Saaruferstraße und seit dreieinhalb Jahren am St. Johanner Markt – ist Puzić vielen Saarbrückern ein Begriff. Doch die Anfänge waren alles andere als einfach, vor allem bedingt durch die Herausforderungen der Covid-Pandemie.
„Ich hatte aus Vorsicht – und um unsere Gäste nicht zu gefährden – das Restaurant sieben Monate geschlossen und hatte mir gedacht, irgendwas muss man ja machen. Ich bin dann mehr oder weniger per Zufall an die Europäische Kunstakademie in Trier gekommen. Dort habe ich mich für ein berufsbegleitendes Studium entschieden, welches ich jetzt im September nach drei Jahren erfolgreich mit Diplom abgeschlossen habe.“
Trotz des erfolgreichen Studiums blieb der gebürtige Bosnier der Gastronomie treu und setzt auch dort weiter auf Kreativität und Innovation. Wie in der Kunst verbindet er verschiedene Stilrichtungen und versteht es, sein Handwerk am Grill sowie den nachhaltigen und kreativen Umgang mit Fleisch als eine Form von Kunst zu präsentieren. Der nächste Schritt, die Eröffnung seiner ersten Galerie in der Johannisstraße, war jedoch ein Stück weit dem Zufall zu verdanken:
„Wir hatten einen Künstler aus Belgrad zu Besuch, mit dem wir schon in der alten Heimat eine Ausstellung gemacht hatten. Er ging mit meinem Bruder in der Johannisstraße vorbei an einer Galerie, die kurz vor der endgültigen Schließung stand. Unsere Idee war es, sie vor dem Schließen zu retten. Ursprünglich hatte ich noch nicht mal gedacht mitzumachen, weil ich nicht die Zeit hatte. Am Ende aber habe ich mich entschieden, das sogar alleine zu machen, also ohne die Beiden. Als dann die Pandemie vorbei war und ich das Restaurant wieder öffnen konnte, musste ich dann plötzlich auf zwei Hochzeiten tanzen!“
Das hat sich gelohnt. Das Restaurant und die Galerie entwickelten sich prächtig. Für die Galerie entdeckte Puzić zahlreiche Werke, die er in vierteljährlichen Vernissagen dem Publikum präsentiert. Doch die drei Monate bis zur nächsten Ausstellung vergehen meist wie im Flug, auch wenn er manche Werke und Künstler weiterhin begleiten und fördern möchte. Kaum ist eine Ausstellung vorbei, steht die nächste Eröffnung bereits vor der Tür. Erneut spielt der Zufall eine entscheidende Rolle: Genau zu dem Zeitpunkt, als Kunstwerke vorübergehend im Keller gelagert werden mussten, bot ein guter Bekannter Puzić leerstehende Geschäftsräume an – in der unteren Mainzerstraße, Ecke Rosenstraße.
Einfach ist nicht mein Ding
„Zuerst habe ich dort einfach mein Diplom so ein bisschen gefeiert, mit einer privaten Ausstellung, wo ich nur meine Werke aus den letzten drei Jahren aber auch ein paar Werke aus den 90er präsentiert habe. Dann dachte ich: Okay, wäre doch cool, vielleicht kann man hier ja auch was machen hier, so in der Art einer Pop-Up-Galerie. Als erste Geschichte, habe ich dann HBK-Studenten den Raum gegeben. Die hatten mich ursprünglich gefragt, in der Johannisstraße auszustellen, aber da hatte ich keinen Platz gehabt. Dann habe ich gesagt, okay, ich könnte es mir vorstellen, dass wir das hier machen. Das Projekt war auch deswegen interessant, weil es Studenten waren, die bei dem Peter-Luise-Hager-Preis mitgemacht hatten. Und die Räumlichkeiten hatten mir sowieso schon immer gefallen, fußläufig nur ein paar Minuten vom St. Johanner Markt und meinem Restaurant entfernt und durch die riesigen bodentiefen Fenster praktisch ohne Schwellenangst, aber der Laden war immer zu den Zeiten, in denen ich eine konkrete Idee hatte, nicht zu haben.“
Das hat sich inzwischen geändert, auch wenn die Galerie momentan noch unregelmäßig geöffnet ist, da das Konzept und die ersten Ausstellungen noch finalisiert werden. Die verbleibende Zeit bis zum Jahresanfang wird nun genutzt, um sowohl internationale als auch regionale Künstler, die bereits in der Johannisstraße ausgestellt haben, hier zu präsentieren. Dabei werden verschiedene Stilrichtungen gezeigt, von Fotografie über abstrakte und gegenständliche Malerei bis hin zu Objektkunst. Auch Performances sind denkbar, denn der Raum soll lebendig und vielseitig sein. Aktuell sind neben den Werken des frisch diplomierten Puzić selbst auch beeindruckende Objekte aus dem 3D-Drucker des Luxemburgers Pit Molling zu sehen. Besonders spannend sind die großflächigen Gemälde zweier Künstler aus Ex-Jugoslawien, die gemeinsam und gleichzeitig an ihren Arbeiten arbeiten. Es ist beeindruckend, wie viel Arbeit und Präzision hier bereits investiert wurden, vor allem im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit renommierten internationalen Künstlern.
„Ich bin einer, der immer die schwierigsten Aufgaben anzieht und leiste dabei die Arbeit, die eigentlich Institutionen leisten müssten und keine private Galerie. Das ist für mich ein ganz wichtiger Satz, weil ich merke, jetzt sind wir als Galerie wirklich über Grenzen hinaus bekannt geworden. Eine Künstlerin aus Slowenien, zwei Künstler aus England, die hätten sonst nie was von Saarbrücken gehört, waren jetzt aber teilweise schon extra vor Ort, um sehen, was ist das da überhaupt in diesem Saarbrücken? Inzwischen sehe ich mich als Kulturbotschafter und das ist etwas, das mir gefällt. Das ist das, was ich gerne mache. Ich male selbst, arbeite selbst, aber die Priorität hat für mich, alle möglichen Künstler nach Saarbrücken zu bringen und im Gegenzug, saarländischen Künstler den Weg ins Ausland zu ermöglichen!“