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Mel´s Mikrokosmos

Rücken

Hallo Mikrokosmonauten: Wer sich gern bückt, dem tut der Rücken nicht weh

Neulich machte ich Yoga. Dass das nichts Ungewöhnliches ist, ist klar, denn viele machen Yoga. Ich mache gerne Yoga, denn es beruhigt mich und lässt mich meine innere Mitte finden. Kurzfristiger Ausstieg aus dem Alltag? Ein paar Asanas inklusive Cobra, Hund und Krähe und zack fühlt man sich wie neugeboren! Sofern man sich nicht selbst gnadenlos überschätzt. Daher war es absehbar, dass mal wieder was passierte. Wisst ihr, ich mache seit Jahren Sport. Ich liebe es, mich selbst bis an meine Grenzen zu treiben. Ich schwimme, jogge und fahre Rad. Oft sogar ohne Helm, denn ich lebe gefährlich! Was soll ich sagen, es ist mir noch nie etwas passiert bis auf ein paar harmlose Stolperer über Wurzeln und diverses Geäst. Dass ich aber gleich zwei Mal einen Mediziner zu Rate ziehen musste, nachdem ich vermeintlich entspanntes Yoga praktiziert hatte, brachte mich zum Staunen und ließ mich nicht minder verwundert zurück. Der erste Unfall ereignete sich, als ich beim Schulterstand in eine unbeabsichtigte Rückwärtsrolle verfiel und mir dabei eine Ecke meines Zahnes abbrach, das zweite Dilemma passierte beim eher harmlosen Krieger, als ich mir den Rücken so dermaßen überdehnte, dass ich mich auf der Pritsche eines Chiropraktikers wiederfand. Da dieser Vorfall noch nicht allzu lange her ist, plagt mich der Rücken noch immer. Ich laufe mehr oder weniger geduckt und fühle mich älter denn je. Dabei brüste ich mich doch seit jeher damit, problemlos eine Schlangenfrau sein zu können, hätte ich dieses Talent früh genug ausgebaut. Und jetzt? Aus der biegsamen Blondine ist binnen kürzester Zeit die Schwester des Blechmannes aus dem Zauberer von Oz geworden! Und ich frage mich: Hat sich da etwa der Hochmut auf meinem Rücken breit gemacht?

Ein deutsches Sprichwort sagt: “Auch dem Sorglos scheinenden krümmt sich oft der Rücken.”. Und es stimmt. Wenngleich ich genau weiß, warum ich derzeit in hölzernen Bewegungen voranschreite, überrascht es mich umso mehr, weshalb ich gerade in stressigen oder anstrengenden Zeiten zuweilen das Gefühl habe, mir säße eine schwere Last auf den Schultern. Zwar ist dieser Schmerz etwas völlig anderes, aber weh tut es trotzdem. Nicht umsonst sagt man, Sorgen sitzen oft im Nacken und im Kreuz. Es scheint, als wenn Glück und Unglück nicht nur nah beieinander liegen, sondern sich auch oft einen Rücken teilen. Ohne erkennbaren Grund und ohne, dass ich mich in opulenten turnerischen Figuren verbiege, zwickt es bei mir des Öfteren. Und ich bin damit nicht alleine. Mediziner gehen davon aus, dass etwa bei 85% aller Rückenschmerzen geplagten Menschen keine rein körperliche Ursache dahintersteckt. Vielmehr werden diese Schmerzen durch die Psyche beeinflusst und verstärken sich, je mehr und länger die Seele leidet. Chronische Schmerzen sind die Folge.

Yoga als Schmerztherapie?

Glaubt mir, Yoga mag zwar die Gedanken frei machen und die Seele in Einklang bringen, aber dass es mich körperlich so dahinrafft, hätte ich nicht gedacht. Als ambivalenter Yogi stehe ich also im Zwiespalt. Während ich also mit der Pein im Rücken darüber sinniere, wie ich mich in Zukunft sportlich betätigen könnte, ohne größeren Schaden zu nehmen, denke ich außerdem über Schmerz in seiner ganz erlesenen Art nach. Schmerz in Reinform ist mit unserem Gehirn verknüpft. Das Hirn bestimmt also, wie intensiv wir Schmerz empfinden sollen und wie lange. Was aber viele nicht wissen: Unser Nervensystem kann das Leiden erlernen und die Intensität steuern. Und schlimmer noch: Besonders effizient speichert das Gehirn Schmerz, wenn es die körperliche Belastung mit negativen Gefühlen wie Ärger, Trauer, Angst oder auch Stress verknüpfen kann. Das Schmerzgedächtnis ist also ein ziemlich übler Zeitgenosse, besonders dann, wenn wir ohnehin gestresst oder unglücklich sind.

Jeder Schmerz ist anders

Und jeder braucht unterschiedlich lange Zeit, um Schmerzen zu kurieren. Komischerweise wissen Forscher nicht erst seit gestern, dass ein generell glücklicher und ausgeglichener Mensch eine Operation wesentlich leichter ertragen kann, als jemand, dessen Leben gerade etwas aus den Fugen geraten ist. Seelisches Gleichgewicht ist ein enorm wichtiger Punkt beim Auskurieren von Krankheiten und diversen anderen Wehwehchen. Faktisch kann der Tod eines geliebten Menschen sogar eine schmerzhafte Krankheit auslösen oder eine bereits bestehende verschlimmern. Und wieder einmal bestätigt sich die Annahme, wenn du eh schon ganz tief unten bist, gibt es immer nochmal eine Falltür, die dich noch tiefer abstürzen lässt.

Aber ich möchte hier nicht allzu dramatisch werden, ich habe schließlich nur eine Yoga-Verletzung, Herrgott nochmal! Übrigens: Mittlerweile berücksichtigen viele Schmerztherapeuten bei der Behandlung von Rückenleiden die Psyche der Betroffenen. In diversen Schmerzzentren arbeiten Fachärzte für Orthopädie mit Psychologen zusammen. Wer an einem solchen Schmerzprogramm teilnimmt, bekommt nicht einfach irgendwelche Pillen, sondern lernt im Gespräch mit den Therapeuten, wie sich der Teufelskreis aus Schmerzen, Angst und immer mehr Schmerzen durchbrechen lässt.

Seien wir doch ehrlich: Ob Rücken oder Kater nach durchzechter Nacht. Ein erlauchter Kreis aus qualifiziertem Personal inklusive Koch und Kissenaufschüttler ist Gold wert, wenn man im Nu wieder im Rampenlicht stehen möchte. Ich weiß ja nicht, wie ihr es handhabt, aber ich bevorzuge ein wohlklingendes Glöckchen, welches sich zur linken auf meinem Nachttisch befindet. 

Am Ende ist es doch so: Ein negatives Mindset hat beim Auskurieren von Rücken so gar nichts zu suchen. Statt rumzujammern, wie weh er mir tut, sollte ich mich aufraffen und daran denken, wann ich wieder startklar fürs nächste Training bin. Im Zweifelsfall trinke ich ein paar Aperol, das soll den Schmerz ja bekanntlich ein wenig lindern. Allerdings bleibe ich in Zukunft dann doch wieder bei den weniger gefährlichen Sportarten wie Fallschirmspringen, Wellenreiten und Basejumping. Da kann wenigstens nicht viel passieren.

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