Auf unserem Planeten leben rund 5.500 Arten von Säugetieren, von denen die meisten mittlerweile recht gut erforscht sind. Von Walen haben wir z.B. gelernt, dass auch regelmäßiges Schwimmen nicht vor Fettleibigkeit schützt, und von Nagetieren, dass es nicht nur an der Supermarktkasse Schlangen zu meiden gilt. Die Wissenschaft konnte im Laufe der Zeit klären, warum manche Arten einen Beutel am Bauch tragen, auch wenn sie nie Turnen oder Einkaufen gehen. Eine Säugetierart jedoch birgt noch immer große Rätsel. Es ist die Art, die seit Menschengedenken studiert wird: die Frau…
Auf den ersten Blick unterscheiden sich Mann und Frau nur durch einen kleinen Zipfel, der bei ihm an einem Chromosom und bei ihr in der Hose fehlt. Auch wenn beide Geschlechter bis zur Pubertät und später dann wieder ab dem zehnten Ehejahr der Ansicht sind, das jeweils andere sei uninteressant, finden die meisten Exemplare des Homo sapiens zumindest zeitweise Gefallen am jeweils anderen Geschlecht. Abgesehen von denjenigen, die es mit dem Homo sapiens wörtlich nehmen und denen, die sich im Informatikstudium lieber mit Nullen und Einsen beschäftigen statt mit Dreiern und Sex…
Einige zehntausend Jahre Evolution haben bis dato nicht dafür ausgereicht, dass sich zwischen Mann und Frau eine funktionierende Kommunikation entwickeln konnte. Die größten Probleme der Atomphysik sind für uns Männer meist eher verständlich als die eigene Frau oder Freundin. Dies hat zur Folge, dass es oft Jahre vergeblicher Mühen bedarf, bis Partner merken, dass sie zwar gut ineinander, jedoch nicht gut zueinander passen. Selbst wenn Mann und Frau dieselbe Sprache sprechen, haben die gleichen Worte für beide nicht unbedingt auch die gleiche Bedeutung…
Während Männer sagen, was sie denken, denken viele Frauen gerade eben nicht das, was sie sagen. Ist ein Mann „gleich fertig“, dauert es allenfalls noch Minuten. Ist dagegen eine Frau „gleich fertig“, kann in der verbleibenden Zeit oft noch die gesamte Wohnung tapeziert werden. „Ja“ und „Nein“ sind bei Männern eindeutige Antworten, die meinen, was sie gemäß Duden bedeuten. Bei Frauen existiert dagegen zwischen „Ja“ und „Nein“ noch ein gutes Dutzend an Abstufungen von „Vielleicht“. Ganz abgesehen davon, dass „Ja“ nicht selten auch „Nein“ und „Nein“ auch einmal „Ja“ bedeuten kann…
Es mag durch die menschliche Entwicklung zu begründen sein, dass Genauigkeit bei Männern und bei Frauen unterschiedliche Bedeutung hat. In der Steinzeit musste sich ein Mann bei der Jagd auf ein einziges Tier konzentrieren, da Bär oder Mammut kaum Lust verspürten, zu warten bis sie nach dem zigsten Versuch mit Pfeil oder Speer endlich getroffen wurden. Frauen dagegen konnten hier und da Früchte ernten, ohne besonders konzentriert oder exakt, geschweige denn dabei still sein zu müssen, da ihre Beeren weder das Weite suchen noch zum Gegenangriff übergehen konnten…
Es mag etwas mit ebendieser Genauigkeit von damals zu tun haben, dass Männer heutzutage für ihr einziges Paar Füße meist auch nur ein einziges Paar Schuhe nutzen, während Frauen Schuhe sammeln wie einst Beeren. Was die Frage aufwirft, ob Frauen vielleicht doch nicht wie Männer vom Affen, sondern vom Tausendfüßler abstammen. Wir Männer schaffen es zudem, mit den vier Farben Rot, Gelb, Grün und Blau auszukommen, während Frauen allein 42 Nuancen von Lila unterscheiden, einem Farbton, der bei Männern nicht einmal eine eigene Farbe ist, sondern nur eine schwules Blau…
Alles das macht zwischengeschlechtliche Kommunikation oft schwierig. Aus heutiger Sicht hat der Entschluss unserer Vorfahren, Grunzlaute durch Sprache zu ersetzen und zu beginnen, Gedichte und DIN-Normen zu schreiben, das Zusammenleben der Geschlechter nicht unbedingt vereinfacht. In Beziehungen kehren Mann und Frau daher auch heute noch gerne zu prähistorischen Gewohnheiten zurück, als sich Unterhaltungen noch auf Schreien, Schweigen und das Herumwerfen von Gegenständen beschränkte und es noch keine Diskussionen über fliederfarbene Sofakissen gab…
Um Kommunikation zu vereinfachen, wohl aber auch, um in Momenten, in denen man keine Lust auf Diskussionen mit dem anderen Geschlecht hat, auflegen zu können, erfand Alexander Graham Bell seiner Zeit das Telefon. Den Gesprächspartner nicht zu sehen, ist bei Krankmeldungen aus dem Freibad von Vorteil, macht jedoch für einen Mann das Verstehen einer Frau noch schwieriger. Bis vor Kurzem habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, was eine Frau, die ich anrufe, gerade tut. Dann erfuhr ich von einer Freundin, dass sie Telefonate mit mir des Öfteren von der Toilette aus führt…
Dass manche Frauen mich scheiße finden, war mir bewusst. Auch, dass es Frauen gibt, die meine Stimme beruhigend finden. Dass Telefonate mit mir sich jedoch entspannend auf den Schließmuskel auswirken, war mir neu. Die Toilette war für mich stets das stille Örtchen und neben der Kirche der letzte Ort, an dem Telefonieren tabu ist. Frauen scheinen das jedoch anders zu sehen. Ich kann durchaus über das reden, was mit innerlich bewegt. Das schließt jedoch den Magen-Darm-Trakt aus. Selbst frisch verliebt kommt keine Stimmung auf, wenn Schmetterlinge statt im Bauch im Darm sind…
Die Verdauung ist wie ein Pickel am Hintern. Etwas, mit dem jeder ab und an zu kämpfen hat, was aber nicht unbedingt Gesprächsthema sein muss. Der frühe Mensch mag sich vielleicht noch über Verdauungslaute verständigt haben. Vielleicht waren Pupse auch Vorläufer des Morsens. Es gibt dennoch keinen triftigen Grund für eine Frau von heute, einen Mann wissen zu lassen, dass sie gerade auf der Toilette sitzt, wenn beide telefonieren. So erhält es eine ganz andere Bedeutung, wenn sie am Hörer sagt, dass sie stinkig sei und gerade auf eine Paketzustellung aus Darmstadt wartet…
Woher sollen wir Männer wissen, dass Frauen, wenn wir ihnen im Telefonat vom neuen Stuhl im Büro erzählen, vielleicht gerade mit ihrem Stuhl im Bad beschäftigt sind? Früher dachte ich, dass „Bin gerade im Bad“ bedeutet, dass sie in der Wanne liegt oder tröpfelnd mit rutschendem Handtuch vor der Dusche steht. Nun ist mir klar, dass „im Bad“ einfach auch nur die höfliche Version von „auf dem Klo“ sein kann und sie unter Umständen gerade auf Toilette war, als das Handy klingelte, und nun tröpfelnd mit rutschender Hose vor dem Klo steht. „Alles klar bei dir? – „Ja, läuft!“…
Seit jenem Tag hoffe ich, dass Plätschern während des Telefonierens vom Befüllen eines Glases in der Küche und nicht vom Befüllen einer Schüssel im Bad kommt. Auch bete ich, dass mir niemand am anderen Ende der Leitung sagt, dass er gerade in einer Sitzung sei, man aber dennoch telefonieren könne. Vielleicht ist das aber alles auch nur ein Missverständnis. Frauen machen ja eigentlich nie mehr als Pipi. Und sollten sie doch einmal pupsen, riecht es nach Blumenwiese und Einhörnern…
Übrigens: Wer diese Kolumne gerade auf dem Klo liest, darf es mich gerne wissen lassen. Aber bitte nicht Skypen. Geschäftsgeheimnisse… gruenetomaten@live-magazin.de.
Patrik Wolf
P.S. Wer auf der Toilette telefoniert, sollte Abschiedsfloskeln wie „Fühl’ dich gedrückt“ vermeiden.