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Die Macherin

Mit Dr. Carolin Lehberger kommt Bewegung in die Regionalverbandsleitung. Zum Jahresbeginn 2025 übernimmt Dr. Carolin Lehberger die Leitung des Regionalverbands Saarbrücken. Als Nachfolgerin des allseits geschätzten Peter Gillo tritt sie als erste Frau in das Amt der Regionalverbandsdirektorin ein und zieht ins Saarbrücker Schloss ein. Höchste Zeit also, die Person hinter der neuen Position näher kennenzulernen.

Dr. Carolin Lehberger, eine gebürtige Saarbrückerin, ist für ihren unermüdlichen Einsatz bekannt. Beim diesjährigen Marktfest in Riegelsberg war sie wieder bis spät in die Nacht am Bierstand aktiv, als wäre es das Normalste der Welt – während andere Spitzenpolitiker sich bei solchen Gelegenheiten oft nur kurz für ein paar Fotos zeigen. Doch für Carolin Lehberger ist das Engagement keine Ausnahme. Am Weihnachtsmarktstand der Volkshochschule, deren Direktorin sie seit 2018 ist, schenkte sie persönlich den schwedischen Weihnachtspunsch aus. Auch ihr Einsatz für den Verein für Industriekultur und Geschichte Köllertals zeugt von ihrer Tatkraft. Und diese Liste lässt sich noch lange fortführen.

Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist sie in Saarbrücken. Heute lebt sie mit ihrem Partner Frank Schmidt und den gemeinsamen zwei Kindern in Riegelsberg. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften absolvierte sie an der Technischen Universität Dortmund, wo sie auch ihre Promotion abschloss. Bereits während des Studiums arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für allgemeine Pädagogik. Nach dem Studium führte sie ein Trainee-Programm beim Vorstand der IG Metall nach Frankfurt am Main. Zurück im Saarland, engagierte sie sich in der Abteilungsleitung für Bildungs- und Wissenschaftspolitik bei der Arbeitskammer des Saarlandes und übernahm Lehrtätigkeiten in der Erwachsenenbildung. Seit sechs Jahren leitet sie nun die Volkshochschule im Regionalverband Saarbrücken – stets ohne jegliche Skandale. Sie „macht“ einfach.

Mit ihrem Wahlsieg zur Regionalverbandsdirektorin steht ihr nun die nächste Herausforderung bevor. Ab Januar 2025 will sie Geschichte schreiben: Als erste Frau in diesem Amt möchte sie den größten saarländischen Landkreis, in dem ein Drittel der Saarländer lebt, zu einer Modellregion machen. Carolin Lehberger sieht hier ein wirtschaftliches Kraftzentrum. „Unternehmen wie Saarstahl und wachsende Branchen in Handel, Dienstleistungen und Forschung machen die Region zu einem besonders attraktiven und spannenden Wirtschaftsstandort“, schwärmt die 43jährige Sozialdemokratin. Dabei geht es ihr nie um persönliche Eitelkeiten – sie will gestalten und Verantwortung übernehmen.

Doch bevor sie ihre Visionen für die Zukunft umsetzt, lohnt sich ein Blick auf ihren bisherigen Weg.

L!VE: Dem Saarländer wird nachgesagt, dass er so ein Stück weit an der Scholle hängt. War es dann schlimm zum Studium nach Dortmund verpflanzt zu werden?

Carolin Lehberger: Gar nicht, das war durch die ZVS. Und ich bin damals mit dem 35-Mark-Ticket und mit so einem Trekking-Rucksack, der mir noch bis über den Kopf ging, nach Dortmund gezogen. Erst ins Studentenwohnheim und habe dann in Ruhe eine Wohnung gesucht und anschließend acht Jahre direkt in Hörde gelebt mit Blick auf Hösch.

Wie kam es zu der Berufswahl?

Väterlicherseits komme ich ja aus einer Lehrerfamilie, sodass mir dieses Pädagogische irgendwo schon immer vertraut war. Ich wollte dann unbedingt Diplom-Pädagogik studieren, Erziehungswissenschaft, weil mein Onkel Diplom-Pädagoge ist und beim Deutschen Roten Kreuz in Hessen als Geschäftsführer gearbeitet hat. Wenn der von der Arbeit erzählt hat, fand ich das immer super spannend. Und er hat auch als Fach Soziologie gehabt und die hat mich auch immer schon sehr interessiert. Pierre Bourdieu, seine Habitus-Studien und so, deswegen wollte ich das immer studieren.

Gab es auch Politiker in der Familie?

Ja, mein Vater. Der war über 20 Jahre im Gemeinderat Riegelsberg für die Grünen.

Und wann fing die politische Karriere an?

Ich war früh in der Fachschaft aktiv, dann in der GEW. Und dann bin ich zur IG Metall und war da auch ganz früh in der Referentenbildung. Also, das war immer schon auch mein Ding.

Haben Sie selbst schon mal einen VHS-Kurs besucht?  

Klar. Mein allerster Kurs war Tastschreiben, also Maschinenschreiben, weil ich das in der Schule nie gelernt habe. Das war ein echter Gewinn für mein Studium und die beste Investition, weil ich so alle meine Arbeiten, mein Vordiplom, mein Diplom meine Doktorarbeit mit zehn Fingern und auch blind schreiben konnte. Ich habe sogar so Anschlagswettbewerbe gewonnen. Nicht zuletzt, aus diesem Grund sage ich immer allen, die hier in der VHS arbeiten, dass die VHS einen ganz hohen Wiedererkennungswert hat. Egal, wo du hinziehst, es gibt überall eine VHS und du hast direkt einen Bezug zum neuen Wohnort. Das hat mir schon immer sehr gefallen und deswegen war auch meine erste Anlaufstelle in Dortmund die VHS.

Die VHS ist eine Perle

Die meisten Leute assoziieren mit der VHS einen Häkelkurs oder die PC-Einführung für Senioren…

Diese Zeiten sind längst vorbei, wir sind topmodern aufgestellt. Jeder, der unser Programm liest, wird sofort wissen, was ich meine. Wir haben aktuell über 2.000 Angebote. Jeder wird bei uns fündig. Zum Beispiel über 20 Fremdsprachen. Wir haben jetzt im November eine Korea-Woche mit K-Pop. Das ist auch unser Anspruch, die VHS breit aufzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass die VHS eine Perle ist. Eine Perle für die Region, und dass sie viel stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft geführt werden muss. Wenn wir zum Beispiel Cécile Verney hier haben, die beste Jazzsängerin Europas hier im Festsaal, das müsste auch von der Presse ganz anders aufgegriffen werden, nur als Beispiel. Mit dem Schloss haben wir die schönste Spielstätte und bringen so viele tolle Künstlerinnen und Künstler hierher und mein Wunsch wäre es, dass das auch journalistisch stärker und immer wieder auf die Agenda muss. Ansonsten kannst Du bei uns alles lernen und dich dadurch auch ein Stück weit unabhängiger machen. Das finde ich ganz wichtig. Jeder Einzelne kann viel mehr was dafür tun, dass er selbstständiger und unabhängiger wird. Wir bieten auch Kurse zum Thema Haushaltskasse oder verbraucherschutzrechtliche Fragestellungen, worauf ich achten muss, wenn ich einen Mietvertrag abschließe. Da ist viel mehr Selbstverantwortung gefragt und das ermöglicht die VHS. Dank der öffentlichen Förderung können die Kurse zu sehr sozialverträglichen Preisen angeboten werden.

Wie schafft man eine solche Karriere als Mutter von zwei kleinen Kindern?

Ich habe eine bewusste Entscheidung mit meiner Familie getroffen. Ich habe einen wunderbaren Partner und es ist eine wichtige Grundvoraussetzung, dass das alles sehr auf Augenhöhe abläuft, und ich mir mit ihm die Erziehungsarbeit auch wirklich teile. Hinzu kommt ein sehr enges familiäres Netz, sonst würde es auch nicht gehen. Was manche vielleicht überrascht, ich werde meine Kinder auch künftig zu Terminen mitnehmen, zumindest solange sie das möchten. Also wenn ich irgendwo mal ein Grußwort spreche oder ein Fass anschlage, solange die Kinder da gerne mitgehen, sind sie dabei.

Wie groß ist das weinende Auge der passionierten Bildungspolitikerin, wenn jetzt der Wechsel von der VHS in die Leitung des Regionalverbandes kommt?

Was mich total tröstet und beruhigt, ist, dass ich vom Schloss „meine“ VHS immer im Blick habe und sie unterstützen und begleiten werde.

Bleibt bei all diesem Engagement überhaupt noch Zeit für sowas wie Hobbies?

Und ob, mein großes Hobby ist mein Verein. Ich bin Vorsitzende vom Verein für Industrie Kultur und Geschichte Köllertal, unserem Heimatverein. Da haben wir ein Heimatmuseum. Wir machen jetzt das Erntedankfest mit selbstgemachter Kürbisquiche und -suppe im Obst- und Gartenbauverein. Und ich bin dort erste Vorsitzende und engagiere mich für die Heimatkultur. Der Ehrenvorsitzende, der ist schon Ende 90, hat mir vor zehn Jahren den Schlüssel in die Hand gedrückt und hat gesagt, Carolin, mach was draus. Und dann sind wir da rein und haben jetzt über Jahre hinweg die Bestände erschlossen, haben das thematisch sortiert. Mir gefällt besonders das Design der 50er Jahre. Da bin ich großer Fan. Das ist eine tolle Zeit gewesen.

Es steht zu „befürchten“, dass Ihre Zielstrebigkeit, tatsächlich in allen Bereichen gilt, auch in solchen, die vielleicht nicht so publikumswirksam sind?

Ich finde, wenn man was macht, dann soll man es mit ganzem Herzen wollen und nie was halbherzig angehen. Und das gilt sowohl im Privaten als auch im Beruflichen. Und das Amt bzw. die Wahl hätte man ja nie halbherzig gewinnen können. Ich bleibe wie ich bin und ich nutze ja auch die Saarbahn. Das erdet! Gestern Abend noch um halb zwölf mit der Saarbahn nach Hause gefahren. Ich finde, Politiker müssen das auch tun, sonst heben sie ab. Allein durch die Kinder und durch meine ganze Familie, würde ich behaupten, werde ich immer bodenständig bleiben.“

Vielen Dank für Ihre Zeit und Offenheit – und viel Erfolg im Schloss!

Wer ist eigentlich dieser Popeye?

Auf jeden Fall ein echtes Saarbrücker Original mit mittlerweile enormen Erfolg in Insta & Co. Dabei sieht er seinem Namensvetter aus der Feder des amerikanischen Zeichners Elzie C. Segar nur ein bisschen ähnlich, mag aber immerhin auch Spinat.

Als der aktuell mega gehypte Rapper Young Hurn dieses Frühjahr ein ausverkauftes Konzert in der Saarbrücker Garage gab, gestand er, dass ihm nur ein einziger Saarbrücker ein Begriff wäre und fragte die Halle „Kennt ihr Popeye“? Die Halle explodierte förmlich. Wenn es ihn also nicht schon gäbe, müsste man ihn erfinden, den Saarbrücker Popeye. Er schickt sich seit Jahren an, eine echte Ikone der Saarbrücker Szene zu werden und ist essentieller Bestandteil von Mainzer Straßen Kiez, Markt und Ostviertel. Alles Bereiche wo er sich tatsächlich kaum noch blicken lassen kann, ohne gleich mit Fragen und Bitten um Selfies überhäuft zu werden. Mit mittlerweile Millionen Klicks in den sozialen Kanälen wird das in absehbarer Zeit kaum weniger werden.

An eine solche Karriere war natürlich nicht zu denken, als Ralf Braun 1967 in Wahlschied bei Göttelborn geboren wurde und dann in Saarlouis aufwuchs. Der Sohn aus gutem Hause durchlebte ganz klassisch Kindheit und Jugend vom Kindergarten bis zur Klosterschule und absolvierte schließlich erfolgreich eine Ausbildung zum Maler und Tapezierer. Spätestens dann kam allerdings alles anders. Vom Profitänzer zum Fahrrad-Guru und vom Insta-Ruhm zum Filmemacher, das Einzelstück, für den gegenseitiger Respekt allerhöchsten Stellenwert genießt, hat jede Menge zu erzählen und wir haben zugehört.

L!VE: Du erfreust Dich in letzter Zeit ja exponentiell steigender Popularität. Wie kommst du damit zurecht?

Popeye: „Das ist schon schwierig manchmal. Ungewohnt ist das, sehr ungewohnt. Aber ich freue mich ja auch sehr und mache das gerne. Die Leute, die sollen sich freuen, weil ich ihnen eine Freude bringe. Ich bin ja eigentlich kein richtiger Inluencer und ich bin nicht scharf auf die Follower, aber die finden mich überall. Die Leute bleiben inzwischen auch mal vor meine Haustür stehen und machen Fotos, zum Beispiel von den Tauben auf dem Fenstersims. Aber auch außerhalb Saarbrückens werde ich erkannt. Ich saß mal im Zug nach Mannheim und dann steht einer auf und will ein Bild machen. Da gucken die andern natürlich alle, was da los ist und dann will jeder ein Bild machen. Aber auch sonst rufen mich die Leute an oder fragen im Silo nach mir. Ich werde einfach so nach Saarlouis eingeladen zum Grillen oder nach St. Wendel zum Mähdrescher fahren.

Das sind aber alles Saarländer?

Popeye: „Von wegen. Frankreich Spanien, Griechenland, Türkei, ganz Europa, das ist unglaublich. Dann Kanada, Korea und Thailand. In Kuba kennen mich auch noch ein Haufen Leute aus meiner Fahrradzeit. Von überall her schreiben die! Und da sind alle möglichen ganz unterschiedlichen Leute, junge, ältere, alles und immer viele hübsche Mädchen. Manchmal, wenn ich was poste, sind da ruckzuck, 80.000 oder sogar 125.000 Aufrufe. Insgesamt sind es jetzt ungelogen fast 3 Millionen Klicks. Das führt dann aber auch dazu, dass ich nonstop angesprochen werde. So sehr mich das freut, aber das hat auch Nachteile. Neulich beim Nauwieserfest wollte ich jemand beim Aufbau helfen und habe dann fast eine halbe Stunde bis zur Bühne gebraucht. Alle paar Meter wollte jemand ein Foto oder fragen mich Sachen. Alles ist Wahnsinn.“

Du hast mal Maler gelernt…

Popeye: „Ja. Ich habe auch lange als Maler gearbeitet und das lange durchgezogen. Dann kam ich zu den Fahrrädern. Das habe ich mir alles selber beigebracht. Mit acht Jahren habe ich zuhause schon angefangen an den Räder rumzuschrauben für die ganze Familie.“

Und wie wurdest du dann so bekannt?

Popeye: „Also ich wollte nie im Rampenlicht stehen, auch nicht als ich damals in den 80er Jahren Breakdance gemacht als Profitänzer. Das war von 1983 bis 2001. Da habe ich Breakdance gemacht, aber nie um mich in den Vordergrund zu stellen. Ich war immer so, wie ich bin. Immer offen und gehe auf die Leute zu.“

Ziemlich bunter Typ… 

Popeye: „Ja. Meine Wohnung wird seit der Corona-Zeit auch immer bunter und bunter. Da gibt es eine ganze Sammlung von Popeyes, gemalten Fischen, Walen, Ozean und Korallen, die komplette Wohnung ist bunt. Auch meine Tattoos werden immer mehr, dabei hat das mal mit einem einfachen Stern auf dem Arm begonnen. Die sind eine Geschichte die laufend weitergeschrieben wird und Stationen in meinem Leben festhält. Die 79 auf meiner linken Wange zum Beispiel ist mir sehr wichtig, auch weil der Name Popeye aus diesem Jahr stammt. Der kam davon, dass ich vom Tanztraining übertrieben dicke Arme hatte und so haben mich meine Kumpel so getauft, indem sie mich in einem Bach untergetaucht haben. Die Tattoos sind nicht nur einfach irgendwas, sondern haben wirklich alle ihre Bedeutung für mich.“

Womit verbringst Du aktuell die meiste Zeit und was planst Du für die Zukunft?

Popeye: Ich helfe immer und überall, vor allen Dingen im Silo. Da bin ich Mädchen für alles. Und ich bin praktisch für Silo und für den Sektor das Maskottchen. Kommen viele Leute auch dorthin und wollen mich unbedingt sehen. In dem Zusammenhang wird es auch was Neues geben, denn bald werden Popeye T-Shirts und Aufkleber produziert und auf den Markt kommen. Nach dem Interview mit euch, will ich ein auch ein Radiointerview geben, um noch ein bisschen mehr in die Öffentlichkeit zu kommen und dann mal über die wirklichen Probleme reden. Das würde ich gerne machen. Sogar einer von den Grünen hat mich schon zu einem Gespräch eingeladen.

Was liegt Dir dabei am meisten am Herzen?

Popeye: „Respekt. Richtiger Respekt im Umgang miteinander. Wirklich respektvoll miteinander umgehen, sich auch mal richtig vertrauen. In letzter Zeit gibt es ja auch hier in Saarbrücken zu viel Gewalt bis zu Messerstechereien. Deswegen würde ich gerne darüber was im Radio machen. Es ist mir einfach sehr wichtig, dass die Leute mehr Respekt geben, auch und gerade älteren Mitbürger oder Leute mit Einschränkungen. Zum Beispiel hier der Werner im Edeka mit dem Rollator, der wurde schon dumm angemacht, das finde ich komplett respektlos und unterirdisch. Mehr Respekt bräuchten auf jeden Fall auch

die Kräfte der Feuerwehr, von Krankenwagen und überhaupt alle Helfer und Einsatzkräfte. Nicht noch die Leute angreifen, die nur kommen um zu helfen. Oder die schwulenfeindlichen Übergriffe wegen eines Abschiedskusses in der S-Bahn. Wir leben doch nicht in der Steinzeit!“

Was ist dran an dem Gespräch, Du würdest an einem Film arbeiten?

Popeye: „Nicht nur ich. Der Yannick aus der Schlosserei vom Silo, der Manu, ein paar andere Leute, wir drehen einen Film über die Saarbrücker Szene, vom Skaterpark über die Clubs bis zum Silo. Die Feuerwehr ist auch mit dabei. Vor knapp drei Monaten haben wir angefangen und inzwischen machen ganz viele Leute mit, wie zum Beispiel die ganzen DJs aus dem Hunter Thompson, die haben wir auch eingeladen. Bis der fertig wird kann es aber noch gut Ende des Jahres werden.“

Was glaubst Du ist das Geheimnis Deiner Erfolgs, Deiner Beliebtheit?

Popeye: „Ich bin ja nicht richtig berühmt. Da kann ich ja ruhig mal zu den Leuten sagen, dass ich ein bodenständiger Typ bin. Kein Überflieger. Wenn ich tagsüber manchmal hunderte von Nachrichten kriege, versuche ich so viele wie möglich nachts zu beantworten. Da freuen die sich. Ich bin kein Typ, der sagt, jetzt bin ich oben und kenne euch nicht mehr. Ich bin und bleibe immer bodenständig. Das rechnen mir die Leute hoch an.“

Würdest Du rückblickend irgendwas anders machen?

Popeye: Nein, mein Leben war bis jetzt eigentlich ganz cool. Jeder hat Achterbahn im Leben, aber aus Fehlern lernt man. Ich war früher ein richtig aggressiver Mensch, aber ich habe mich auch geändert. Jeder kann sich ändern, wenn man Bock hat.

Vor kurzem hast Du etwas gepostet, was ein neuer Abschnitt werden könnte: Popeye als DJ?

Popeye: „Tatsächlich will ich bald auch mal richtig auflegen. Das dauert vielleicht jetzt noch ein bisschen, aber ich bin ja auch schon kräftig am Üben. Ich muss aber ein bisschen aufpassen, weil es ja Leute gibt, die wollen Dich vor ihren Karren spannen, denen es nur darum geht, meine Bekanntheit für ihre Clubs auszunutzen. Aber davon abgesehen sagen alle DJs und Clubs, die ich so kenne: wenn der Popeye irgendwo aufregt, dann tut die Bombe platzen, das geht dann richtig durch die Decke. Wie gesagt, so lange wird das nicht mehr dauern und dann findet das statt. Auf jedem Fall im Silo oder Sektor. Bei der Gelegenheit muss ich auch das Team vom Silo und dem ganzen Osthafen vom Yannick grüßen. Silo und Sektor sind einfach mein Vertrauensfeld.“

Sonst noch jemand, an den Grüße rausgehen sollen?

Popeye: „Dann habe ich ein Haufen Fans vom FC, die müssen wir wirklich grüßen. Der FC ist ja auch so eine Art Heimat für mich und ich kann über die Leute gar nichts Schlechtes sagen, rein gar nix. Das ist auch ein wenig wie eine Familie. So ein bisschen ist das auch mit dem Edeka, da kenn ich ja auch alle und die machen ja alle mit. Ich sag immer, ich bin der Macher und ihr seid die Showbühne. Das ist wirklich so. Und da sag ich immer, hört mal du, nicht nur ich bin bekannt, sondern alle, die mitmachen, die sind bekannt.“

Zum Abschluss eine Doppelfrage zu Deinen Insta-Reels: wo kommt das mit den Topmodels und den geilen Böcken her – und warum verneigst Du Dich immer?

Popeye: „Da kommen wir wieder zum Respekt. Ich sag‘ ganz ehrlich, wie es dazu gekommen ist. Wir haben im Silo zusammen gesessen und den Mädels nachgeguckt und da fiel auch das Wort „Weiber“. Da hat der Heiko vom FC hat gesagt, das macht man nicht, das ist nicht wirklich respektvoll. Dann hat er gesagt, ich wäre halt ein richtig geiler Bock, worauf ich geantwortet habe: pass auf, ab jetzt sagen wir nur noch Topmodels und die geilen Böcke sind dann das Gegenstück. Auch das Verneigen hat wieder was mit Respekt zu tun. Ich kann nur Respekt erwarten, wenn ich auch welchen gebe. Deswegen verneige ich mich immer, wenn ich sage, ich grüße das Zauberwerk Saarbrücken. Manche Leute fragen mich, warum ich immer so nicke? Denen sage ich nur, nicken kannst Du zuhause, ich verneige mich. Das ist genau das Gleiche wie die Verbeugung im Asiatischen oder im Kampfsport. Ich kann mich immer nur wiederholen: man soll immer Respekt miteinander umgehen.“

Da können auch wir uns nur verneigen und bedanken uns für Deine Zeit!

Pack die Badehose ein

Halbzeit in der Freibadsaison 2024. Wie sieht dieser Sommer in unseren Freibädern aus, sozialer Brennpunkt oder Naherholung pur?

Ein sommerlicher Abstecher ins nächste Freibad ist echter Kurz-Urlaub vor der Haustür. Generationen von Badefreunden wussten und wissen das zu schätzen und möchten die Besuche in den Naherholungsoasen nicht missen. Daran ändern auch die hier und da auftauchenden Schlagzeilen über Missstände in den Badeanstalten oder Fehlverhalten ihrer Besucher nichts, denn nicht selten ist da nicht wirklich was dran. Was liegt da näher, als sich die Verhältnisse vor Ort einmal selbst vor Augen zu führen. Stellvertretend haben wir die Saarbrücker Bäder, insbesondere das größte und schönste der Landeshauptstadt, das Schwarzenbergbad, besser bekannt als Totobad, unter die Lupe genommen.

Auch wenn dieses Jahr das Wetter nicht wirklich mitgespielt hat und unterm Strich mehr nass von oben kam als das Schwimmbad von unten zu bieten hatte, so war doch einiges los auf dem Schwarzenberg. Denn die Zeit wurde genutzt, das Bad in den besten denkbaren Zustand zu versetzen. Es gibt ein neues Filterhaus, einer neuen Rutsche, die Photovoltaikanlage und nicht zuletzt die E-Bike Ladestation vor der Tür. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass man auch hier im Jahr 2024 angekommen ist und sich einer gewisse Verrohung im zwischenmenschlichen Umgang gegenüber stehen sieht. So wurde just in der Nacht vor unserem ersten Besuch in eines der Kassenhäuschen eingebrochen, zwar nichts erbeutet, dafür aber erheblicher Sachschaden angerichtet. Aber bevor wir uns in Mutmaßungen und Halbwahrheiten ergehen, fragen wir doch lieber die Leute, die für den Freizeitspaß verantwortlich sind. Wir haben uns mit Konzernsprecherin Ulrike Reimann und dem Betriebsleiter des Schwarzenbergbades Thomas Schadt vor Ort getroffen.

L!VE: Hallo Frau Reimann und Herr Schadt, bis jetzt ein Jahr wie jedes andere?

Ulrike Reimann:„Die Freibadsaison ist natürlich bislang ein bisschen ins Wasser gefallen. Das ist wirklich sehr schade für die Kolleginnen und Kollegen und natürlich für die Badegäste in erster Linie. Wir hoffen jetzt aber auf einen schönen August, gerade jetzt, wo die Ferien angefangen haben. Aber ansonsten läuft in diesem Jahr alles normal. Wir waren gut vorbereitet. Nach dem Unwetter an Pfingsten, mussten wir einen Teil der Liegewiese absperren, bis eine Fachfirma kam, die sichergestellt hat, dass wir den Badebetrieb aufnehmen können. Unser einziger Gegner scheint dieses Jahr das Wetter zu sein. Sonst läuft alles nach Plan.“

L!VE: Wie haben sich die Besucherzahlen über die letzten Jahre entwickelt?

Ulrike Reimann:„Natürlich sind wir noch nicht auf dem Vor-Corona Niveau. Da gab es auch einige Dinge, die uns ein bisschen in die Parade gefahren haben, aber Freibadsaison ist eben immer wetterabhängig. Letztes Jahr lief es erst fantastisch und dann ist das Wetter ein bisschen umgeschlagen, ausgerechnet in den Sommerferien. Das kann man eben nicht beeinflussen. Aber ansonsten würde ich sagen, sind Zahlen schon konstant.“

L!VE: Trotzdem sind die aktuellen Besucherzahlen nicht zu vergleichen mit denen in den 60ern und 70ern. Gibt es eine Erklärung dafür? Gehen die Leute alle nicht mehr schwimmen oder können es gar nicht?

Ulrike Reimann:„Das kann ich jetzt nur erahnen. Die Saarbrücker Bäder sind immer gut besucht und das Schwarzenbergbad ist natürlich immer ein Publikumsmagnet, aber alle anderen sind auch sehr gut. Aber natürlich sind die Zahlen nicht mehr so hoch wie ganz früher. Woran das liegt? Man muss vielleicht auch bedenken, dass sich während Corona, viele ja auch einen eigenen Pool in den Garten gestellt haben.“

L!VE: Saarbrücken ist mit vier Bädern ja erfreulich gut aufgestellt. Lässt sich da ein Beliebtheits-Trend ausmachen, eher zum urbanen Bad in der Stadt oder doch eher im Vorort?

Ulrike Reimann:„Alle unsere Bäder sind unterschiedlich und haben so ihre Liebhaber. Das liegt neben den Einrichtungen und Angeboten vor allem auch an den Menschen dort, an den Gästen wie am Personal. Es gibt Gäste, die mögen das Bad in Altenkessel, weil es so ein bisschen urig und nostalgisch ist. Andere mögen das Totobad total, weil es eben diese Weitläufigkeit hat und diesen alten Baumbestand. Das ist wirklich wie Urlaub und das ganz nah am Stadtzentrum. Und wir haben den Luxus, immer noch sehr viel Stammpersonal zu haben, die schon seit Jahren hier sind. Herr Schadt zum Beispiel ist schon seit 21 Jahren hier im Betrieb. Die Frau Brandt da vorne an der Kasse, die hat ihren Laden voll im Griff. Die kennt ihre Leute, die ist immer freundlich, immer gut gelaunt. Aber natürlich ist es ein bisschen schwieriger geworden Saisonpersonal oder Rettungsschwimmer zu bekommen.“

L!VE: Also auch in den Bädern die gleiche Personalnot wie überall?

Ulrike Reimann:„Es ist ein Problem, aber noch nicht so schlimm. Aber natürlich wird es immer schwieriger, Rettungsschwimmer für die Saison zu finden. Aber auch Kassiererinnen ist nicht ganz so einfach. Also wie überall gibt es Probleme, es ist schwierig und wir sind noch auf der Suche. Im Vergleich allerdings sind wir noch auf der Insel der Glückseligen, weil wir Personal haben, das sich mit dem Bad identifiziert.“

Thomas Schadt: „Es werden deutschlandweit viele Fachangestellte oder Meister gesucht. Das ist gerade in Großstädten besonders schwierig, weil der Beruf ausstirbt. Wir in Saarbrücken können uns eigentlich glücklich schätzen. Wir haben vier Bäder offen im Sommer, das ist schon eine Hausnummer! Andere Städte können das nicht bewerkstelligen.“

Ulrike Reimann:„Und man muss sich das auch leisten wollen, muss man auch dazu sagen. Über Jahrzehnte! Wenn man bedenkt, das Freibad Dudweiler feiert jetzt seinen 100. Geburtstag, 65 Jahre gibt es das Schwarzenbergbad und das Kombibad Fechingen 50 Jahre. Das sind ja doch Hausnummern.“  

L!VE: Apropos leisten wollen und können. Da fällt auf, dass der Eintritt hier ja im Vergleich zu den Spaßbädern spottbillig ist, oder?

Ulrike Reimann:„Also ein Spaßbad ist ein Spaßbad, das hat auch seine Berechtigung. Das ist auch in Ordnung. Aber man muss sehen, ein Badbetrieb ist immer ein Zuschussbetrieb. Wenn wir, sagen wir mal kostendeckend arbeiten müssten, dann wäre der Preis auch bei über 20 Euro pro Person. Unser Angebot ist immer ein Zuschussgeschäft. Aber die kommunalen Bäder, das ist ja Daseinsvorsorge. Die bieten den Leuten Freizeitspaß, aber eben auch Gesundheit und Fitness. Wir haben hier eine Minigolfanlage, Beachvolleyballfeld, Sportlerfeld und, und, und. Aber es ist auch wichtig für die Leute, die schwimmen wollen, die das als Sport betreiben, aus Gesundheitsinteresse. Das darf man nicht vernachlässigen.“

L!VE: Wie stemmt man bei den Preisen neue Investitionen?

Ulrike Reimann:„Da muss man schon unterscheiden. Den Stadtwerken gehören nur das Kombibad Fechingen und das Dudweiler Hallen, die anderen bewirtschaften wir nur für die Stadt Saarbrücken. Nehmen wir mal zum Beispiel, das neue, riesige Filterhaus hier im Totobad. Eine Investition von der Stadt, das ist ganz wichtig. Da sind ja mehrere Millionen Euro verbaut worden. Und dann schauen Sie mal obendrauf, eine Photovoltaik-Anlage vom Feinsten! Das heißt, trotz der finanziellen Engpässe, trotz der Schwierigkeiten versucht man alles möglich zu machen, um auch in die Nachhaltigkeit zu investieren. Und das ist etwas, denke ich mal, dass man das auch zu schätzen wissen muss. Es ist schon erstaunlich. was Saarbrücken im Bereich Bäder bietet und ich finde, es ist schade, dass das manche Leute gar nicht so registrieren.“

L!VE: Die Leute registrieren aber sicher die Security im Schwimmbad.

Ulrike Reimann:„Die gibt´s bei uns schon lange. Das sind eben die Auswirkungen unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Man muss auf seine Sachen aufpassen. Im öffentlichen Raum müssen sie das überall. Ich finde, in den Bädern ist es noch nicht so schlimm, wie beispielsweise im ÖPNV. Mit der Gewaltbereitschaft, mit der Aggression. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kollege hier so oft verbal attackiert wird wie unsere Busfahrer und Busfahrerin.“

Thomas Schadt: „Also für mich als Betriebsleiter ist es als erstes mal ganz wichtig, dass wir hier die Sicherheit gewährleisten können. Und ich kann die Sicherheit besser gewährleisten, wenn ich Sicherheitsdienst da habe. Wenn schlechtes Wetter ist und dann steht in der Zeitung übermorgen wird ein heißer Sommertag, dann weiß ich, die Leute überrennen uns, die kommen. Um dann einen ordnungsgemäßen Ablauf zu gewährleisten, brauchen wir Sicherheitsdienst. Wenn ich den Sicherheitsdienst nicht hätte, müsste ich wahrscheinlich aus irgendwelchen Gründen jeden Tag die Polizei rufen. Wenn die Gäste unseren Sicherheitsdienst sehen, fühlen sie sich einfach sicherer. Das muss man schon sagen.“

L!VE: Das heißt, ihr Job ist um einiges komplexer als der klassische Bademeister, der mit rotem T-Shirt am Beckenrand sitzt?

Thomas Schadt: Nicht umsonst heißt das jetzt Fachangestellter für Bäderbetriebe. In dem Bereich sind die Anforderungen massiv gestiegen und da steckt schon eine richtige Ausbildung bis zum Meisterbrief dahinter. Es geht ja auch um die technische Anlage, um die Wasserqualität. Das machen nur die Fachkräfte. Die Rettungsschwimmer, die hier vor Ort sind, die sind nur da, um aufzupassen, zu überwachen. Alles was mit Technik zu tun hat, ist unsere Sache. Von Hygiene bis Wasserqualität, damit ein sicherer Betrieb gewährleistet werden kann. Schließlich kommt dann auch noch immer mehr Verwaltung dazu. Das heißt, wenn ich mit den technischen Arbeiten fertig bin, muss ich im Büro erst mal meine Emails abarbeiten. Dann sitzt man drei Stunden am PC. Aber was ich zum Glück sagen muss und was mir sehr wichtig ist, ich arbeite seit 21 Jahren hier und es ist niemand ertrunken. Ich sage immer auch zu meinen Rettungsschwimmer, wenn ich dann abends das Tor zu sperre und der letzte bin, der hier rausgeht und es ist keiner ertrunken, da haben wir an dem Tag auf jeden Fall was richtig gemacht.

L!VE: Wo sie den Feierabend ansprechen, gibt es denn – wie früher – nachts auch noch „Gäste“?

Thomas Schadt: „Ja, die gibt´s noch. Da hat sich aber was verändert. Es gab und gibt die „Gäste“ die kommen und schwimmen, ganz normal. Da steht dann höchstens mal eine Flasche Bier am Beckenrand. Es gibt aber auch solche, die dann volle Mülltonnen mit Essensresten drin ins Wasser schmeißen. Das ist eine Sauerei und asozial. Bis das beseitigt ist, muss man das Becken schließen. Deswegen gibt es jetzt eine Nachtwache bei uns, was für den ein oder anderen „Besucher“ bestimmt eine Überraschung wird.“

Testimonials:

Sandra Schäfer, Verwaltungsfachangestellte:

„Sport, Gesundheit, Spaß und Entspannung miteinander zu verbinden, ist für mich, seit ich denken kann, eine Routine. Deshalb besuche ich ganzjährig das Hallenbad Dudweiler und das Saarbrücker Schwarzenbergbad im Sommer mindestens zwei Mal die Woche. Rückenproblene? Nur ein Fremdwort! Zum Start der Freibad Saison kommt in mir, jedes Jahr aufs Neue, diese besondere Freude auf. Freiluftschwimmen im Toto-Bad ist mehr als nur Sport. Es ist ein Stück Heimatgefühl. Das 50 Meter Becken bietet dazu ein besonders schönes Wassergefühl. Oft verbringe ich viele Stunden im Toto-Bad und verweile nach dem Schwimmtraining noch lange im Schatten. Der schöne, weite und einzigartige Blick auf das Sportbecken und das ganze Gebiet sind im Sommer unbezahlbar! Nachteilig ist für mich, dass das Wasser, besonders zum Saisonstart, sehr kalt ist. Das ist beim Schwimmen eine Herausforderung. Trotzdem: Ein Leben ohne das Toto-Bad ist für mich unvorstellbar. Es ist meine große Liebe.“

Oliver Nastulla, Zootierpfleger:

„Sommer bedeutet für mich Freibad. Entspannung und Freude pur. Besonders schön finde ich das Heidebad Schmelz, das ich oft mit meiner Frau besuche. Meine Homebase ist aber das Totobad. Seit Jahrzehnten trifft sich dort an fast jedem schönen Tag meine Schwimmbad-Clique, überwiegend bestehend aus besten Freunden. Nicht gefällt mir bei den Saarbrücker Bädern die Preisentwicklung. Speziell bei der Saisonkarte. Ermäßigung für Schwerbehinderte: Fehlanzeige. Das gehört in meinen Augen dringend geändert!“

Hauptsache Gudd Gess?

Speisegastronomie im Umbruch

Als Ende Mai in Saarbrücken das plötzliche Aus des Restaurants „Herzenslust“ im Nauwieser Viertel und das angekündigte Ende der „Bistronomie Jouliard“ auf dem Rotenbühl bekannt wurden, war die Verwunderung groß. Auch wenn beide Fälle nichts miteinander gemein haben, stellt sich die Frage, ob die Gastronomie im Saarland generell ein Problem hat.

In der saarländischen Gastronomie ist dieses Jahr vieles anders. Schon Beginn des Jahres mehrten sich die Befürchtungen, dass das Auslaufen der Corona bedingten Mehrwertsteuer-Absenkung nicht ohne negative Auswirkungen vonstatten gehen würde. Tatsächlich sah es damals so aus, dass sowohl Gäste wie Gastronomen die veränderte Situation überstehen würden. Das Verständnis für die nötig gewordenen Preisanpassungen, sowie das Fingerspitzengefühl der Wirte bei der Umsetzung gab Anlass zu Optimismus.

Jetzt allerdings, ein knappes halbes Jahr später, häufen sich Berichte von Gastronomen, die sich aus ihren eigentlich gutgehenden Geschäften zurückziehen. Darunter ist der Saarbrücker Wirt Florian Bassler von der „Ilse“ am Ilseplatz und Karl Fluhr vom „Jouliard“ in der Scheidter Straße, der gerade erst einen Bib Gourmand vom Guide Michelin bekommen hat. Die Liste von beliebten Lokalen verschiedenster Ausrichtung, die praktisch von jetzt auf gleich aufgegeben haben, wie das „Herzenslust“ am Nauwieser Platz oder „Chez Jérôme“ und „D’s Burgers“ in der Mainzer Straße, wird scheinbar immer länger. Andererseits machen aber im selben Zeitraum erfolgreiche Neueröffnungen von sich reden, wie das „Bar Centrale di Aromi“ im Unique Cube, oder schreiben ihre Erfolgsgeschichte fort, wie Jens Jakobs „Le Comptoir“ in der Nauwies oder das jetzt sogar mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant „Midi“ in Rohrbach mit Chefkoch Peter Wirbel.

Ist das alles nur eine Anhäufung von persönlichen Schicksalen, Stress mit Vermietern und Hauseigentümern, im Zweifelsfalle auch branchenüblichen kaufmännischen Fehlern, bis hin zur Verkettung einfacher Zufälle, oder zeigt sich hier eine echte Krise im System? Fordern die höheren Energiekosten, der permanent steigende Mindestlohn, das fehlende Personal und die wieder angehobenen Mehrwertsteuer jetzt ihren Tribut? Wir Saarländer sind stolz auf unsere kulinarische Errungenschaften, wie die meisten Michelin-Sternen pro Einwohner bis hin zur vielleicht besten Currywurst der Republik. Sollte uns diese mögliche Entwicklung eventuell doch die ein oder andere Sorgenfalte auf die Stirn zaubern und sei es nur um rechtzeitig dagegen zu wirken? Mehr ausgehen, essen und trinken sollten wir zur Not doch noch hinkriegen oder anders gesagt: gudd gess hann mir schnell!

Aber bevor jetzt überall die Alarmglocken schrillen, sollten wir auf jeden Fall die Situation mal gründlich in Augenschein nehmen. Entsprechend haben wir mit denen gesprochen, die es wissen müssen, und bei bekannten Chefs und Betreibern nachgehört, wie es um ihre Erfahrungen und Einschätzungen zur Situation der Speisegastronomie im Saarland aussieht und wo die Reise ihrer Meinung nach hingeht.

Obwohl Florian Bassler, ehemals „Ilse am Ilseplatz“, schon zu Jahresbeginn als Erster für 2024, seinen Ausstieg aus der Gastronomie bekannt gab – und das bei wirklich gut laufenden Geschäften. Seine Beweggründe lagen nicht in einer Krise der Branche, sondern waren ganz persönlicher Natur:

„Als ich 2018 den Laden übernahm, war der relativ weit unten. Ich habe mir ein paar Ziele gesetzt und gesagt, ich will aus dem Laden einen gemütlichen Ort schaffen, der wieder funktioniert. Die Ziele hatte ich dann irgendwie erreicht und hätte mir neue setzen müssen. Dazu hatte ich aber nicht mehr die Energie und hab‘ dann gesagt, komm‘, ich bin hier auf dem Höhepunkt und habe meine Ziele erfüllt. Damit bin ich glücklich und jetzt kann ich aufhören.“

Doch natürlich hat er weiterhin Einblick in die Branche und Kontakt zu befreundeten ehemaligen Leidensgenossen. Er sieht die fast gleichzeitigen Schließungen eher zufallsbedingt: „Natürlich hat es die Gastro nicht einfach. Ich höre, dass für viele gerade im Moment tatsächlich das Personalthema das Anstrengendste ist, was mich auch damals zum Teil dazu bewogen hat, aufzuhören. Die Personalproblematik, genauso wie die Energiekosten, das ist schon ein Problem. Das kann man auch nicht ganz von der Hand wischen. Allerdings hat der ja nicht nur die Gastronomie mit zu kämpfen.“

Und er sieht noch eine weitere Ursache für geschäftlichen Unbill, die allerdings auch nicht für einen aktuelle Fehlentwicklung spricht, sich zudem aber kaum abstellen lassen wird: „Jeder Gastronom mit einer Außenbestuhlung jammert im Moment auch über das Wetter. Zu Recht. Der Sommer ist eigentlich dafür da, um den Winter aufzupuffern. Und das fehlt im Moment. Ein guter Laden läuft ja auch, wenn das Wetter nicht so gut ist. Nur wenn du jetzt beispielsweise so einen Laden wie die Ilse hast, bist du auf das Sommergeschäft angewiesen. Das ist wie mit einer Eisdiele. Du hast im Sommer deutlich mehr Umsatz, doch den brauchst du, um den Winter zu überstehen. Aber das Wetter ist ja wirklich nur ein Luxusproblem und nicht ein Grund, dass im System irgendwas faul wäre.“

Ein grundlegendes Problem kann auch Jens Jakob vom „Le Comptoir“, der mit seinen Restaurants „Le Noir“ und „JJ“ in der Vergangenheit wiederholt zwei Michelin-Sterne erkocht hat, nicht entdecken. Bei ihm ist von Krise keine Spur: „Ich habe nichts gemerkt davon. Also ich muss sagen, ganz im Gegenteil, ich habe sogar Zugewinne im Vergleich zum letzten Jahr und hatte wirklich fantastische acht, neun oder zehn Monate jetzt. Liegt zum Teil auch daran, dass ich mein Restaurant jetzt voller mache, aber trotzdem merkst du einfach, es läuft eigentlich besser. Und um das voller zu machen, muss ja auch das Interesse der Leute da sein. Das war zwar vorher mit Sicherheit schon da habe ich halt nur immer Stopp gesagt. Genau. Und jetzt? Jetzt mache ich jeden Tisch voll. Trotzdem ist die Nachfrage enorm, muss ich ehrlich sagen. Also ja, es ist definitiv stärker als noch vor der Umsatzsteuer Erhöhung.“

Schwierigkeiten in der Branche sieht er allerdings eher hausgemacht und eher in den wirklichen Großstädten: „Was ich viel mitbekomme sind Probleme in Berlin. Da geht es halt mancherorts bergab wie Wahnsinn, was in erster Linie an einem Überangebot besonders im gehobenen Bereich liegt. Da liest du von Konzeptumstellungen und sogar von Versuchen die Sterne loszuwerden. Es wird alles Mögliche versucht, mit ungewissen Resultaten.“

„Es gibt auch zu viel Internet“

Peter Wirbel, dessen Restaurant „Midi“ in St. Ingbert-Rohrbach gerade mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, kann sich auch nicht beklagen: „Ich glaube, manchmal will man zu viel und verwirrt die Gäste ein bisschen mit zu viele Karten, zu viele Aktionen. Es gibt eben auch zu viel Internet! Seit wir den Stern haben, ist es so, dass wir jetzt halt auf längere Zeit ausgebucht sind als vorher, wobei unsere Auslastung auch zuvor schon sehr gut war. Wir konnten jetzt natürlich schon an ein paar Schräubchen drehen, sind beispielsweise noch ein bisschen aufwändiger geworden im Amuse-Bereich. Das wollte ich bereits die ganze Zeit schon umsetzen, nur hat da die Manpower gefehlt. Jetzt waren wir in der Lage uns zu verstärken und können wir die Dinge umsetzen, die vorher nicht möglich waren.“

Als Grundlage für gastronomischen Erfolg sieht Wirbel prinzipiell sogar einen Standortvorteil im Saarland, da hier bekanntermaßen eine solide Wertschätzung für gutes Essen herrscht, unabhängig nötigen Preisanhebungen wegen Steueranhebungen und gestiegenen Produkt-, Personal-  und Energiekosten: „Die saarländischen Gäste, und das muss man halt auch genauso sagen, sind immer noch bereit, für gutes Essen auch immer noch gutes Geld zu bezahlen. Da haben wir das Glück, dass wir hier in der Region diese Esskultur irgendwie in uns drin haben. Das ist auch genau mein persönliches Ding. Ich gebe lieber ein, zwei Euro mehr aus und habe dafür aber eine wirklich gute Qualität. Das muss auch gar nichts Übertriebenes, kein Drei-Gänge-Menü sein. Wenn ich in der Stadt unterwegs bin und Hunger habe, dann hole ich mir halt eine Pizza vom „Gotti“ oder gehe zum „Kalinski“. Ganz einfache aber superleckere Sachen, die vielleicht 50 Cent mehr kosten, aber trotzdem preiswert, im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Einstellung findet sich bei immer mehr Gästen, die für ein stimmiges Angebot im Zweifelsfalle auch bereit sind, ein paar Meter zu fahren. Manchmal staune ich schon, wenn ich nachhorche, wo die Leute herkommen. Und das gilt für alle sozialen Schichten. Früher waren es eher Gutbetuchte oder Akademiker, die mal ein Sternerestaurant ausprobiert haben, das hat sich gewandelt, was ich sehr cool finde.“

Jens Jakob sieht die Preisgestaltung beim „Fine Dining“ aber auch kritisch: Für mich ist die Ursache für Probleme Einzelner in der Branche auch ganz klar die Kostenentwicklung für den Gast. Wenn du dir anschaust, dass ich früher mit zwei Sternen das Menü für 129 Euro verkauft habe, der Gast aber heute unter 250 Euro kein Zwei-Sterne-Menü mehr kriegt, ist das schon problematisch. Ich finde, das ist etwas zu viel geworden. Muss es denn immer Hummer und Kaviar sein? Können wir nicht auch anders kochen? So wie jetzt ist, ist es echt schwierig. Es sind einfach zu hohe Betriebskosten, zu hohe Personalkosten, fertig, aus. Das rechnet sich für viele einfach nicht mehr.“

„Sorry, aber in ganz Deutschland will keiner mehr arbeiten“

Was diese Branche mehr als andere auszeichnet, sind die enormen auch persönlichen Belastungen, denen sich Gastronomen tagein tagaus stellen müssen, von den Arbeitszeiten bis hin zur Komplexität des Jobs. Alles Faktoren, die viele Gäste gar nicht sehen und die die Ursache für so manche Geschäftsausgabe sein können. Jens Jakob spricht auch hier Klartext: Es versteht auch keiner diese Opfer, die wir in der Gastronomie bringen, Und dann kriegst du noch gesagt: Du hast dir doch ausgesucht. Ja, schon, wir leben aber heute in einer ganz anderen Zeit. Sorry, aber in ganz Deutschland will keiner mehr arbeiten. Und von uns verlangt man immer noch von mittags und abends bis nachts 70, 80 Stunden die Woche zu rackern. Und das höre ich von allen Kollegen raus!“

Ganz ähnlich beurteilt Florian Bassler die Situation, auch aus eigenen Erfahrung: „Als inhabergeführtes Restaurant ist es halt super aufwendig und super schwierig. Dazu kam, dass es mir immer schwergefallen ist, selber nicht vor Ort zu sein, weil ich immer gerne da war und immer gerne 80 % Stammkundschaft hatte. Ich kannte die mit Namen, ich wusste, was die trinken und was die essen. Aber so einen Zeitaufwand über so viele Jahre zu betreiben ist super schwierig.“

„Das ist die alte Leier,“ ergänzt Jens Jakob „,die Familienbetriebe laufen. Wo Herzblut hinten dran steckt, wo der Gastgeber eine Persönlichkeit ist, die Gäste begrüßt und einfach nett ist. Es geht nur noch um die Person. Wer empfängt sich da? Wer ist der Gastgeber. Der Chef im Haus ist immer wichtiger!“

Alles Belege dafür, dass die Gastronomie alles andere als eine einfach Branche ist. Unterm Strich lässt sich aktuell kein systemisches Problem der Speisegastronomie erkennen – Gott sei Dank! Aber ganz offensichtlich sind die Anforderungen gerade in letzter Zeit um einiges schwieriger und vielfältiger geworden und dies auf dem Hintergrund der bekannt schwierigen Kostenentwicklung. Eine Lehre daraus fasst Peter Wirbel zusammen: Viel, wenn nicht alles, hängt von den individuellen und unverwechselbaren Angeboten der einzelnen Lokale ab, was die anbieten, wie sie es anbieten. Und ich glaube, wenn man sich wirklich aufs Wesentliche fokussiert, und das ist in erster Linie immer das Kochen, dann hat man mehr als nur eine Chance. Die Gäste kommen in erster Linie wegen des Essens, wollen dann natürlich noch einen tollen Wein und tollen Service dazu haben, was eben auch einen ultragroßen Stellenwert hat. Ich glaube, wenn man sich aktuell darauf am meisten konzentriert und dann abliefert, dann hat man gute Chancen, dass es gut läuft. Eigentlich ist es ganz einfach: das Wichtigste, was wir in der Gastronomie machen müssen, ist den Leute einen Grund zu geben, uns zu besuchen und sie dann davon zu überzeugen, dass die Gäste uns auch wieder besuchen.“

Mogli meets Mozart

Das musikalische Ausnahmetalent von Phil Wright versetzt in letzter Zeit ein immer größer werdendes Publikum in Staunen und Begeisterung. Derart virtuoses Gitarrenspiel – und das in so jungen Jahren – ist mehr als rar gesät und wenn er noch jünger wäre würden alle unausweichlich vom Wunderkind reden. Mit seinen eigenen Bands JungleTrack, Phil Wright Blues Band und als Gitarrist von Tiavo beeindruckt er inzwischen auch überregional – und sieht dabei auch noch umwerfend aus.

Der junge Mann, in dessen Pass noch Philipp Hinsberger steht, kommt ursprünglich aus dem schönen Dirmingen bei Eppelborn. Dort ist der 21jährige ganz normal aufgewachsen, in den Kindergarten und zur Schule gegangen und war zumindest bis zum sechsten Lebensjahr Jahr nicht weiter verhaltensauffällig – dann bekam er seine erste richtige Gitarre geschenkt. Ein Freund seiner Eltern, die saarländische Musikerlegende Gerd Schneider, setzte diese Initialzündung, denn vom Vater hätte es eher ein Blasinstrument gegeben. Schließlich hatte der sich lange vor Phils Geburt im örtlichen Musikverein an der Trompete abgearbeitet, was glücklicherweise ohne Einfluss auf den Jungen fehl blieb. Auch ansonsten konnten die Eltern in Sachen Musikalität nicht viel beisteuern, dafür verdankt er seiner Mutter ganz offensichtlich sein blendendes Aussehen. Die hat sein Vater nämlich dereinst in Bali kennengelernt und im zweiten Anlauf mit ins Saarland gebracht.

Nicht ganz so exotisch ist seine Musikvorliebe, denn sein Herz und sein Talent gehören ganz eindeutig dem Rock, genauer gesagt dem Bluesrock, gerne auch etwas progressiver. Allein das ist in seinem Alter schon bemerkenswert, denn dieses Genre wird bevorzugt von Menschen gefeiert, die meistenteils ihre Berufstätigkeit schon hinter sich gelassen haben. Auch die zunehmende Annäherung an den Jazz verspricht hier keine Besserung, einzig der Umstand, dass er seit Ende 2023 auch in der Crossover Band Tiavo für den guten Saitenklang zuständig ist, könnt ihr ihm bei Gleichaltrigen ein paar Probs einbringen. Die sammelt er aber garantiert auch als Gitarren-Lehrer, denn seit letztem Jahr schauen ihm in der Homburger Learn To Rock Musicschool ein knappes Dutzend Schüler auf die hochbegabten Fingerchen.

Ganz offensichtlich ein junger Mensch mit vielen Talenten, wobei das Autofahren wohl nicht so ganz dazugehört. Immerhin hat er die theoretische Prüfung seines Führerscheins längst bestanden, nur praktisch wollte ihm das bis jetzt noch nicht gelingen. Blöderweise ist ihm dann auch noch das Geld ausgegangen, um es gleich nochmal zu versuchen. Aber da seine Musikerkarriere jetzt ja richtig durch die Decke geht, dürfte das kein Problem mehr sein, eher schon die fehlende Zeit. Also decken wir den Mantel des Schweigens über dieses heikle Thema und fragen erst mal ganz unschuldig was Musikalisches.

L!VE: Wie war das mit der ersten Gitarre?

Phil Wright: Die hatte ich mir zu Weihnachten 2009 gewünscht. Ich hatte tatsächlich vorher mit vier Jahren auch schon eine, die hatte mir Gerd Schneider, ein Freund meiner Eltern, geschenkt. Das war aber nur so eine kleine mit Nylon Saiten, mit der ich noch nicht viel anzufangen wusste. Ich fand es dann cooler, an den Stimmwirbeln so lange zu drehen, bis die Saite gerissen ist. Da habe ich noch gar nichts gespielt. Das hat sich dann mit der ersten richtigen, einer akustischen mit Stahlsaiten geändert. 2010, ich war noch nicht ganz sieben, da habe ich meinen ersten Unterricht in Eppelborn. Aber nebenbei habe ich mir immer wieder was beim Gerd Schneider abgeguckt.

Der Kontakt zu Gerd Schneider scheint richtungsweisend gewesen zu sein.

PW: Auf jeden Fall. Die Einflussnahme von Gerhard Schneider begann eigentlich schon, als ich zwei Jahre alt war. Der hat mich und bei meinem ganzen musikalischen Werdegang begleitet hat, bis er 2018 verstorben ist.

Wann wurde es elektrisch?

PW: 2011, als ich acht Jahre alt wurde, da kam dann die erste elektrische Gitarre. Das war so eine Stratocaster SX, noch keine Fender, soweit war es auch noch nicht. Mit der hatte ich sogar nach kurzer Zeit die ersten Special Guest Auftritte in der ein oder anderen Kneipe, wo ich ein paar Songs mitgespielt habe. Immerhin war ich gut genug, um die Rhythmusgitarre mitzuspielen.

Was waren dann die ersten Bands?

PW: Ich war in diversen Konstellationen unterwegs und kann sie gar nicht mehr alle nennen. Eine hatte so einen sehr speziellen Namen, Muschi Bande haben sie sich genannt, das weiß ich noch. Das ging eher so in Richtung Punk. Dann gab es da unter anderem noch Voodoo Jack, ein Cover Projekt mit Patrick Horn, den kannte ich aus frühester Kindheit, und einige mehr. Alles Bands, wo ich dann immer wieder mal dabei, aber nie so wirklich richtig drin, war. Eben immer nur so als Gast. Meine erste wirklich eigene Band, die ich selber gegründet habe,  war 2018 The Gypsies, die ich mit dem Drummer Patrick Horn und der Bassistin Vanessa Klinkner startete. Wir hatten uns über diverse Musikschulprojekte kennengelernt. Die Gypsies sind dann entstanden unter dem Vorwand, Hendrix Sachen so zu spielen, dass sie sich einigermaßen passabel anhören. Ich fand nämlich die meisten anderen Cover-Konstellationen, die das in Angriff genommen hatten, nur so semi-gut.

It’s all about the girls

Und wie entstand dann die Phil Wright Blues Band

PW: Die Phil Wright Blues Band entstand, als das mit The Gypsies nicht mehr lief. Bei mir ist alles irgendwie mit allem verbunden, das ist das Coole. Also, der Reihe nach: ich kam irgendwann mit unserer Bassistin Vanessa zusammen. Das hat dann aber doch nicht so gut funktioniert und irgendwann war Vanessa dann raus und Jan Weyhrich übernahm am Bass. 2019 hatten wir einen Auftritt auf einem Festival als sich herausgestellt hat, dass Patrick Horn ein bisschen unzuverlässig war und so kam Tim Korycki ans Schlagzeug, der bis heute an meiner Seite spielt. 2021 hatten wir das Experiment gewagt einen Saxophonisten, Pedro Panesso von der Musikhochschule Saar dazu zu nehmen, weil wir ein bisschen progressiver sein wollten. Dann verließ uns der Bassist wegen „kreativer Differenzen“ und auch der Saxophonist hatte keine Lust mehr. Da waren es nur noch Tim und ich und das war dann der Moment als Klaus Blindle als Bassist zu uns stieß. Fertig war die Phil Wright Blues Band. Die Connections von Klaus und sein kaufmännisches Geschick haben uns, neben aller Musikalität,  dann echt genutzt. Den ersten Gig hatte ich noch selbst klar gemacht, aber durch Klaus sind wir dann viel rumgekommen, was auch finanziell nicht schlecht war. Da bin ich dem Klaus dankbar, dass er das irgendwann übernommen hat.

Wie kam es zu dem Namen?

PW: Phil Wright ist einfach entstanden, weil er gut klingt und weil ich einen Nachnamen gesucht hat, der besser zu meinem Vornamen passt. Und da dachte ich an Leute wie Richard Wright von Pink Floyd oder Eugene Wright, der Bassist von Dave Brubeck. Und ich fand den Nachnamen einfach cool.

Du studierst mittlerweile an der Musikhochschule. Ab wann war Dir klar, dass Musik auch beruflich Dein Leben bestimmen wird ?

PW: Als ich abends nach meinem Praktikum bei einem Baustoffhändler nach Hause kam und gemerkt habe, dass ich gar keinen Bock mehr habe, die Gitarre in die Hand zu nehmen. Ich dachte mir, wenn ich nach so einem Arbeitstag keinen Bock mehr habe, Gitarre zu spielen, dann muss ich was ändern. Dann muss das Instrument mein Hauptding werden, denn bevor ich das vernachlässige, wegen irgendeines 08/15-Jobs, werde ich lieber Musiker.

Und im Fokus dieses Musikers liegt aktuell ganz eindeutig die Band JungleTrack?

PW: Ja, klar, und Tiavo. Aber Jungle Track war schon mein Hauptding, weil wir da eigenes Material spielen. Also wenn wir Cover spielen, dann um live unser Set zu füllen, wie jetzt zum Beispiel beim Stadtfest in Kusel. Aber im Grunde haben wir schon für eine Stunde Material an eigenen Songs.

Stimmt, Du gehörst ja jetzt auch zu Tiavo?

PW: Und nicht nur ich. Xaver, der Producer, den kannte ich durch eine Jazz Session, hat mich gefragt, ob ich ins Studio kommen will. Das hab‘ ich dann auch gemacht, muss aber gestehen, dass mir zu dem Zeitpunkt nicht wirklich der Stellenwert von Tiavo klar war. Ich hätte mir nicht denken können, dass die damals die Kufa ausverkauft hatten. Ich ging also zum ersten Treffen ins Studio, mir ein paar Sachen anhören und so. Hab‘ dann aber schon bei diesem ersten Treffen gleich Sachen eingespielt. Und dann kamen Stück für Stück der Tim dazu und später auch Gabriel, beide von JungleTrack dazu. Und ehe man sich versah, war meine komplette Band die Liveband von Tiavo.

Apropos live, wie wichtig sind Deine Live-Auftritte für Dich?

PW: Auf jeden Fall sehr, sehr wichtig. Also vom Geschäftlichen her ist natürlich Social Media und Studioarbeit auch wichtig. Ich war und bin auch immer noch der Meinung, werde es auch immer sein, dass ein guter Musiker sich daran zu erkennen ist, dass er live besser ist als im Studio. Und deswegen wird live für mich immer das Wichtigste bleiben, weil du kaum besseres Feedback bekommen wirst, als wenn du live vor ich weiß nicht wie viel Leuten spielst. Es muss sich live auf jeden Fall anders bzw. besser anhören als im Studio. Dadurch, dass man halt diese Atmosphäre hat und wenn man wirklich ein guter Musiker ist, wird sich das dann auch besser anhören.

Alle Deine eigenen Projekte kommen aus dem Bereich Rock, bzw. Blues-Rock, mal mehr mal weniger progressiv. Wie kam es dann jetzt zusätzlich auch noch zur Hinwendung zum Jazz?

PW: Irgendwo muss man ja musikalisch weitermachen. Also ich stell mir das wie so eine Weggabelung vor, wo ich mich entscheiden könnte, ob ich jetzt einen auf Prog-Metaller machen will, der viel fudelt, oder ob ich in die jazzige Richtung möchte. Durch Musiker wie Frank Zappa begann ich mich auch für Jazz-Fusion zu interessieren. Letztendlich wollte ich ja, dass mein musikalischer Werdegang nicht nach der Schule aufhört und damit ich das weiterhin so ausleben kann, wie ich das bisher gemacht habe, habe ich das Studium angefangen.

Glaubst Du da man in Deinen anderen Konstellationen den Jazz-Einfluss raushören kann?

PW: Es kommt drauf an, wie man es macht. Wenn man es so macht, wie ich das mache, dann ist es das ein und selbe Ding. Und wenn man es macht wie jemand, der sehr, sehr traditionell spielen will, dann ist es natürlich was anderes. Wahrscheinlich werde ich ein paar Kompositionen etwas traditioneller spielen, aber letztendlich, es ist ja alles Musik. Aber es wird schon noch was kommen, besonders ein Song, wo es mehr „jazzig“ ist. Dazu kann ich aber jetzt noch nicht mehr verraten.

L!VE: Spielst Du da etwa auf das kommende JungleTrack-Album an. Wie weit seid ihr da?

PW: Wir sind schon längst fertig. Das Album kommt auf jeden Fall dieses Jahr, wahrscheinlich sogar noch vor der Tiavo-Tour. Wir haben ja auch schon einzelne Tracks raus gebracht, allerdings ohne explizit darauf hinzuweisen, dass die vom Album sind, aber man wird es beim Release wieder erkennen. Das Ding ist, die vier Singles, die bis jetzt veröffentlicht sind, die sind alle in dem Album drin, aber die Albumversionen unterscheiden sich schon, beispielsweise ist hier oder da ein Solo länger.

Das klingt doch spannend. Einstweilen besten Dank für Deine Zeit und viel Glück beim Führerschein.

Phil Wright im Internet: @_phil_wright_  @_jungletrack_  @tiavo66  @phil_wright_blues_band

Die nächsten Konzert-Termine mit Phil Wright:

01.06. Phil Wright Blues Band – Jochems Kneipe, Riegelsberg

08.06. JungleTrack – Stadtfest Kusel

ab 04.09. Tiavo – Absolute Gewinner Tour

WAS FÜR EIN THEATER

Perspectives 2024 – ein ganz besonderer Jahrgang

Das Festival Perspectives gehört ohne jede Frage zu den interessantesten kulturellen Errungenschaften unserer Region. Das gilt selbstverständlich auch für die diesjährige Ausgabe, die unter denkbar widrigen Umständen an den Start gehen wird. Die frühere Festivalleiterin Sylvie Hamard trat vor schon vor rund einem Jahr zurück und im Herbst verließen mit Marion Touze und Martha Kaiser auch die beiden Stellvertreter die Perspektives. Die 45. Ausgabe muss daher erstmals ohne Leitung auskommen. Dass dennoch ein Event auf dem Niveau seiner Vorgänger realisiert werden konnte, ist vor allem zweierlei Umständen zu verdanken: dem Einsatz – und auch der Leidensfähigkeit – des aktuellen Rumpfteams und der ausgezeichneten Vorarbeit der alten Leitung bis zu deren Abgang. Das wirft einige Fragen auf, die wir der neuen Pressereferentin Frieda Maas stellen konnten.

L!VE: Hätten Sie sich träumen lassen, was in Ihrem ersten Jahr auf Sie zukommt?

Frieda Maas: Na ja, nicht ganz. Als gebürtige Saarbrückerin kannte ich das Festival natürlich. Ich habe auch schon in verschiedensten Funktionen gearbeitet, bin aber erst jetzt als vollwertige Referentin im Amt. Letztes Jahr war dieser große Umbruch, als mit Sylvie und dann Martha und Marion, praktisch alle Köpfe das Festival verlassen haben. Dass ich dann eingesprungen bin, war Zufall. Ich befinde mich eigentlich im Endspurt meines Studiums, mir fehlt praktisch nur noch die Abschlussarbeit, aber die habe ich jetzt kurzerhand in den Winter geschoben, einfach weil ich ein großer Fan des Festivals bin und mir dachte, tolles Angebot und noch mehr, eine super Chance!

L!VE: Abgesehen von den drei angesprochenen, wesentlichen Eckpfeilern, ist das Team unverändert geblieben?

FM: Das Team wechselt sowieso jedes Jahr ein bisschen durch. Es gab und gibt neben Marion und Martha nur ein paar Festangestellte, also zum Beispiel Célia Galiny, die jetzt für die Koordination zuständig ist und kommissarisch eben Marthas Stelle mit übernommen hat. Dann haben wir noch ein paar andere feste Köpfe in der Verwaltung und jedes Jahr viele Praktikanten in allen Bereichen. Dennoch insgesamt ein sehr kleines Team, auch wenn jedes Jahr ein, zwei neue Köpfe dazugekommen, wie jetzt beispielsweis Anna, die letztes Mal schon im Vorverkauf mitgearbeitet hat und den dieses Jahr leitet. Also, man findet sich immer wieder.

L!VE: Trotzdem war dieses Mal doch alles anders. Gab es da manchmal Zweifel, ob das unter diesen Umständen überhaupt zu stemmen ist?

FM: Viele der Produktionen, die wir einladen, muss man schon Jahre im Voraus anfragen und buchen. Das heißt, bis auf ein, zwei Programmpunkte und Teile des Musikprogramms war alles schon vorbereitet. Das geht auf Martha und die Leitung unter Sylvie zurück. Um ein paar kleinere Programmpunkte hat sich die Célia dann gekümmert. Das mit den Zweifeln ist dann immer so die Sache. Wir sind halt ein sehr kleines Team wie jedes Jahr. Das war ja auch das, was Martha und Marion zu Recht bemängelt und angemahnt hatten. Daran hat sich jetzt nach deren Weggang nicht viel verändert.

L!VE: Losgelöst von unglücklichen Bezeichnung „Interimsausgabe“ ist die Tatsache ohne echte Leitung agieren zu müssen, vielleicht auch eine Chance zu sagen, jetzt erst recht. Jetzt zeigen wir, was wir können?

FM: Anders wird es ab nächstem Jahr unter der neuen Leitung sowieso. Von daher haben wir dieses Jahr nichts zeigen müssen, da das Programm in wesentlichen Teilen nicht von uns gestemmt wurde, sondern wirklich auf das alte Team unter Martha und Sylvie zurückgeht.

L!VE: Zurück ins Theater. Auch dieses Jahr gibt es wieder neue, spannende Spielorte. Wie finden eigentlich Produktion und Location zueinander?

FM: Es kommt immer ganz darauf an, wie wie das Bühnenbild aussieht, welcher Platz benötigt wird und wie viel technisches Equipment. Das hängt von dem jeweiligen Stück ab, welcher Spielort sich am besten eignet. Zum Beispiel manche Stücke, wie das kleine Objekt-Theaterstück „Star Show“ der Compagnie Bakélite, das würde in einem großen Haus wie dem Staatstheater nie funktionieren, weil das Bühnenbild zu klein ist. Außerdem ist der Zeitpunkt mit entscheidend, also wie früh wir wissen, wann die Kompanien Zeit haben oder wann wir tatsächlich die Zusage von den Künstlergruppen bekommen? Und dann wiederum zählt die Frage, welche Spielorte sind überhaupt noch frei? Wir haben ja manche Kooperationspartner wie das Saarländische Staatstheater oder auch das Le Carreau in Forbach. Die haben ihre eigene Saison. Das bedeutet, wir müssen uns dann natürlich immer ein bisschen anpassen, was frei ist und eben auch, was das Stück hergibt. Das alles gilt natürlich auch für unsere drei neuen Spielorte, darunter die Kirche St. Jakob in Alt-Saarbrücken, die ein besonderes Highlight beherbergen wird.

L!VE: In jüngster Zeit kam immer wieder die Frage auf, ob die Perspectives 2024 zu unpolitisch seien…  

FM: Ja, das ist tatsächlich eine Kritik, die jetzt seit unserer Pressekonferenz des Öfteren kam, dass wir sehr zirkuslastig wären dieses Jahr, dass wir weniger Theater hätten. Ich habe mir das nochmal angesehen, weil ich der Meinung bin, das stimmt so nicht. Wir haben nämlich einmal das Eröffnungsstück. Das ist natürlich an sich Zirkusakrobatik, aber das hat auch sehr viele echte theatrale Elemente. Andererseits haben wir aber auch reines Sprechtheater, wie „Elles vivent“ das wir am letzten Tag zeigen. Dann haben wir noch „The Making of Berlin“ von Berlin, die ja schon mit „True Copy“ bei uns waren. Und schließlich noch „Hokuspokus“ das Masken-Theaterstück der Familie Flöz und das Objekt-Theaterstück „Star Show“ der Compagnie Bakélite, das ich gerade schon angesprochen habe. Das alles ergibt ein wie ich finde sehr ausgewogenes Programm. Es ist ja immer Auslegungssache, da viele von den Stücken ja sehr spartenübergreifend sind, sich nicht eindeutig kategorisieren lassen.

L!VE: Dass mit Berlin und der Familie Flöz gleich zwei Wiederholungstäter am Start sind, ist aber keine risikoscheue Entscheidung der Umstände halber?

FM: Nein, das würde ich so absolut nicht behaupten. Martha und Sylvie, haben immer so ein bisschen die Linie verfolgt, zu schauen, wie sich die Künstlergruppen mit den Jahren weiter verändern, um auch die natürliche Entwicklung, die diese Künstlergruppen mit ihren verschiedenen Werken durchleben, zu zeigen. Und gerade die Familie Flöz, die zugegebenermaßen schon sehr oft bei uns waren, hat das Publikum jedes Mal begeistert. Ja, wieso sollte man solche Publikumslieblinge also nicht mehr einladen?

L!VE: Für viele ist das Gastspiel von Meute das größte Ausrufezeichen im Programm. Diese Kooperation mit den Musikfestspielen Saar ist schon außergewöhnlich.

FM: Ja sicher, aber ich finde, das passt sehr gut in unser Programm. Wir haben ja oft sehr viel alternative, junge französische Künstler zu unserem Musikprogramm eingeladen. Und bei Meute ist es wirklich ein bisschen zielgruppenübergreifend, denn die bedienen ja wirklich Leute von bis. Wir sind wirklich froh, dass wir mit den Musikfestspielen kooperieren können, da die Zielgruppen mit unseren in etwa übereinstimmen. Es war praktisch ein Perfect Match, da zusammenzuarbeiten.

L!VE: So turbulent wie die vergangenen Monate waren, setzt mit dem Start des Vorverkaufs jetzt eine gewisse Erleichterung ein?

FM: Ja klar. Mit der der Veröffentlichung des Programms ist uns der erste Stein vom Herzen gefallen. Allerdings ist es so, dass unser Vorverkauf dieses Jahr ein bisschen speziell ist. Wir hatten sonst immer am St. Johanner am Markt ein Ladenlokal für die die Festivalsaison angemietet, wo immer drei Personen an sechs Tagen die Woche vor Ort für die Leute da waren. Wir haben damit supergute Erfahrungen gemacht und hätten wir das gerne beibehalten, aber auch das geht dieses Jahr einfach aus Personalmangel nicht. Wir haben eine Telefonhotline und Infostände, also für die Programmberatung, unter anderem im Kulturpoint neben dem Kulturcafé, aber eben keine Verkaufsstelle mehr. Das muss jetzt der Webshop übernehmen.

L!VE: Ab nächstes Jahr leitet Kira Kirsch das Festival. Was hältst du davon?

FM: Im Endeffekt war es eine politische Entscheidung, mit der wir als Team ja nichts zu tun hatten. Sie hatte bei ihrer Bewerbung ein Konzept vorgelegt, dass was wir im Nachgang auch angucken konnten. Alles sehr ambitioniert und tolle Ideen, die sie da einbringen will. Natürlich auch mit ihrer eigenen Handschrift, aber wer würde das schon machen und so ein Festival einfach so lassen, wie es ist. Aber in welche Richtung sich das bewegt bleibt vorerst offen. Die Spekulationen sind ja auf jeden Fall da. Sie hat ja viel mit der freien Szene gearbeitet und ist es gewohnt, ohne festen Spielort ein Programm zu konstruieren und auf die Beine zu stellen. Sie wird mit ihren eigenen Visionen da ran gehen, was klar ein Umbruch sein wird, aber das kann ganz spannend werden.

L!VE: Abschließend nochmal zurück zum diesjährigen Programm: was sind denn Ihre ganz persönlichen Favoriten?

FM: Mein persönliches Highlights von den Gastspielen sind „Hokuspokus“ und „Making of Berlin“. Und vielleicht auch „Armour“, eins von den drei Stücken, die in der Kirche St. Jakob spielen, was von der Thematik vielleicht ein bisschen gewagt ist, das in einer Kirche zu spielen. Ein tolles Stück voller Selbstironie. Aber unterm Strich bleibe ich bei „Hokuspokus“

L!VE: Vielen Dank für das Gespräch und starke Nerven für die nächsten Wochen!

LONDON CALLING

Seit mehr als 40 Jahren im In- und Ausland gefeiert: The Apemen. Und 2024 wird weiter durchgestartet!

Die nächsten Konzerte stehen in London und Berlin an, im Sommer warten Gigs in den USA und neue Songs gibt es auch noch dieses Jahr.  Seit 1992 sind die Apemen ein echtes Band-Phänomen, nicht nur in der Mod-Szene. Ein Stück weit Propheten im eigenen Land zerlegen sie dennoch auch beim Nauwieser-Viertelfest zuverlässig die Hauptbühne und kommen jetzt als Headliner zum „Kein Bock auf Hass“ Festival im saarländischen Ormesheim. Vorab trafen wir Sänger Tom und Gitarrist Brix auf ein Kaltgetränk und einen Salat und reden auch über Liam Gallager und die Tierschutzpartei.

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Die Musik und der Look der Apemen, die sich übrigens nach dem Track „Apemen“ der Kinks benannt haben, können nur als 100% lupenrein British Mod beschrieben werden. Dabei sind sie tief verwurzelt im Stil früher britischer R&B und Beat Bands, allerdings ohne den Blick immer nur in die Vergangenheit zu richten. Neben ganz wenigen Coverversionen, bestehen ihre Sets nämlich im Wesentlichen aus eigenen Tracks, durchaus auch mit Punkrock-und Powerpop-Einflüssen. Von Beginn an verstanden sich Sänger Tom Platte, Gitarrist J. B. John, Bassist „Nuss“ und Schlagzeuger Jean-Marc nicht als Studio- sondern vor allem als Live Band, was ihnen bei ihrem Publikum den Beinamen „Mad Chimpanzees on Speed“ einbrachte. Daran änderte auch 1997 ein Wechsel an Gitarre (Markus Brixius) und Schlagzeug (Thommy Rau) sowie eine Schaffenspause von 2004 bis 2013 rein gar nichts.

Schon 1993 unterzeichneten The Apemen einen Vertrag mit dem englischen Independent-Label „Detour Records“ und bringen in der Folge ihr erstes Album „Phantacity“ heraus. 2015 releasen sie ihr erstes Live Album „Live at Das Modul“ und erst letztes Jahr im September sind sie neben Acts wie Style Council, The Charlatans, Kula Shaker und Fine Young Cannilbals auf dem Sampler „Into Tomorrow“ vertreten. Eine Vielzahl von großen und kleinen Tourneen führt sie bereits seit den 90ern neben zahllosen UK-Gigs auch durch Italien, Spanien, Österreich und Belgien. The Apemen ist die einzige Band, die auf allen bisherigen Modstock-Festivals (1994, 2004, 2014) aufgetreten ist, doch die Jungs sind eher stolz darauf, dass z.B. bei einem ihrer Konzerte im Londoner „100 Club“ fast alle Mitglieder der Britpop-Band Blur vor ihrer Bühne feierten und sich nach der Show mit Merch eindeckten. Oder Sänger Tom mal dafür gesorgt hat, dass Liam Gallagher bei einer After-Show-Party Einlass fand oder dass Phil Collins mal alle Kosten für Flug und Übernachtung nebst 200 Pfund Taxigeld aus eigener Tasche zahlen wollte, nur weil die Apemen ein Konzert eigentlich eher nicht spielen wollten.

Die Verbundenheit der Affenmänner untereinander zeigt sich schon in deren Herkunft. Tatsächlich stammen alle Mitglieder der Apemen, auch ehemalige aus Saarbrücken, strenggenommen sogar alle aus dem gleichen Postleitzahlbereich: Nur Frontmann Tom macht da eine Ausnahme, denn nur er kommt vom Rodenhof. Dort soll er sich üblen Nachreden zufolge auch bereits eine Grabstätte gesichert haben, aber das hat noch Zeit und so lange beschäftigen wir uns erstmal mit den Anfängen der Band.

L!VE: Als ich Dich, Tom, das erste Mal wahrgenommen hatte, trugst Du noch ein Beatles „Let it be“ T-Shirt. Ganz platt gefragt, warum wird man denn Mod?

Tom Platte: Eins ist klar, man verliebt sich ja nicht nur in die Musik, sondern auch in die Ausstrahlung einer Band, was ich mir bis heute erhalten konnte. Also ich behaupte mal, dass in den 80er Jahren die Bands auch die 60er Jahre als Vorbild haben. Joy Division, Feargal Sharkey und und und …“ Und ich bin immer ins Octopus im Viertel gegangen, weil da Punk und die Stray Cats gespielt wurden.

Und Markus, was für T-Shirt hast du so angehabt?

Markus Brixius: Gute Frage. Ich bin ja großer Simply Minds Fan. Das war, glaube ich, so mit eins in der ersten Bandshirts, das ich gehabt habe. Aber ich habe auch sehr früh Progressive Rock gehört, also Yes zum Beispiel und solche Sachen. Als wir angefangen haben, uns für Musik für unsere Bands zu interessieren, sind wir trotz allem alle immer wieder auf die 60er zurückgekommen. Um ein Beispiel zu nennen, die Simple Minds haben zum Beispiel mal „Summertime Blues“ in Wembley auf dem Nelson Mandela Konzert. Und irgendwann habe ich mir mal eine „The Who Platte“ gekauft, wo das auch drauf war und so habe ich „The Who“ entdeckt. Also es ging immer wieder irgendwie rückwärts. Immer.“

Tom: Aber man muss dazu sagen, dass ich bevor die Band zusammen kam ja vorher schon in der Sixties Szene war und schon Mitte der 80er in London unterwegs. Genau das war natürlich hilfreich, denn wen bietet man an, wenn man selbst eine Band hat nachher? Sich selbst natürlich, wenn man jemanden kennenlernt. So geht’s.

Habt ihr noch blutjung vor den Apemen in anderen Bands gespielt?

Brix: Johannes, Jean Marc, der Nuss, alles spätere Apemen, und ich, wir hatten eine Schülerband (Articull), die durch Zufall schon ihr zweites Konzert in der Garage auf der Hauptbühne gespielt hat. Das war so unser erster großer Auftritt und danach ging das aber irgendwie auseinander und alle außer mir sind Apemen geworden. Der Thommy hat dann auch noch bei auch noch bei Wolfchild und Spy vs Spy gespielt. Nuss bei Bronson Norris. Tom war vorher bei den Biting Butterflies, einer Sixties Garage Band.

Tom: Immerhin werde ich diesen Monat 60 Jahre alt. 60 Jahre Mods = 60 Jahre ich. Zeit Champagner zu kaufen.

Wenn man mal den einzigen Wechsels in der Besetzung  vernachlässigt, habt ihr eine sehr stabile Bandkonstellation.

Tom: Immerhin sind wir die einzige Band, die auf allen Modstock Festivals gespielt hat – und die einzige deutsche Band, die in England einen sehr guten Ruf hat. Wir haben mal parallel zu den „Toten Hosen“ in London gespielt. Die Toten Hosen hatten, glaube ich, 80 Zuschauer wir 240.

Liegt diese Konstanz vielleicht auch an einer gewissen Erdung, immerhin habt ihr alle noch ganz normale Berufe?

Brix: Das stimmt. Nebenbei mache ich noch irgendwas mit Medien. Und irgendwas mit Mod und Musik. Hauptsache man macht irgendwas. Und irgendwo muss ja auch die Kohle herkommen.

Was ist das dann für ein Gefühl wenn ihr von gefeierten Auftritten zurückkommt und wieder vermeintlich ganz normale Saarbrücker seid?

Tom: Furchtbar! Das haben wir schon öfter gehabt. Es ist wie eine andere Welt und wir kommen ja auch gut an, wenn wir unterwegs sind. Wir sind, glaube ich, vielleicht die Deutschen, die in England am wenigsten schlechte Erfahrungen als Deutsche gemacht. Aber das liegt an unserer Art, die vielleicht auch die saarländische oder sogar Saarbrigger Art ist. Aber vielleicht ist es gerade deswegen schön wieder nachhause zu kommen.

Brix: Also ich kann mich dem voll anschließen. Natürlich ist es cool, wenn man London spielt oder in Barcelona oder wo auch immer. Aber das Abenteuer an sich ist halt, auf Tour zu sein und dann nochmal zurückzukommen, da braucht’s schon ein bisschen Gewöhnung. Weniger, weil man jetzt als Geiler in London gespielt hat oder auf Tour war, aber Du sammelst ja in der Zeit viel mehr Eindrücke als bei zwei Wochen zuhause. Und die müssen sich erstmal setzen.

Gibt es einen Moment aus eurer Bandgeschichte wo ihr sagen würdet, das war das Highlight schlechthin?

Tom: Du wirst lachen, für mich waren das die Konzerte auf dem Max-Ophüls-Platz beim Naufest. Das war die Hölle, immer! Da kommen jedes Mal immer über 10.000 Leute zusammen. Das war schon geil!“

Brix: „Genau das würd‘ ich auch sagen. Wir haben zwar auch deutlich größere Konzerte gespielt, wie zum Beispiel auf dem Motorrad-Festival Glems Eck mit fast 40.000 Leuten. Das war auch legendär, vor allem auch weil wir da mal falsch gefahren sind und auf einer ganz engen Straße wenden musste, wo am Rand ein Motorrad am anderen stand. Hätten wir da eine Maschine berührt, hätte es eine Dominoreaktion gegeben und wir hätten ein echtes Problem mit den Rockern gehabt. Aber es gab schon ganz schön viele Momente, zum Beispiel die ersten Male im Ausland zu spielen, gerade in England. Da erkennen sie unsere Songs schon am ersten Takt und fangen gleich an zu tanzen und mitzusingen. Aber trotzdem ist es immer besonders heiß in der Heimatstadt zu spielen. Das ist klar!“

Tom: Wir sind halt auch immer froh, abends in unseren eigenen Betten zu liegen.“

Besten Dank für eure Zeit und wir sehen uns am 20.04. beim „Kein Bock auf Hass“ Festival in Ormesheim!

Weltreise zu Fuß

7.400 Kilometer hat der Saarbrücker Marc Hügel schon zurückgelegt, fehlen noch 15.000 Kilometer bis zum Ziel. Mit der Weltumwanderung zeigt der 44jährige, dass wir die Kraft haben, unsere eigenen Grenzen zu überwinden. Sein Ziel ist es, anderen Menschen in schwierigen und scheinbar aussichtslosen Lebenssituationen Mut, Kraft und Zuversicht zu schenken und sie zu motivieren, niemals aufzugeben.

Am 27. Juli 2022 begann Marc Hügel seine Reise, die ihn über 28.000 Kilometer um die Erde führen soll. Seine Route erstreckt sich über die vier Kontinente Europa, Australien-Ozeanien, Nordamerika und Asien. Jeder Kontinent wird eine besondere Herausforderung beinhalten, die es zu bewältigen gilt. Die Reise durch Europa brachte er Ende letzten Jahres zum Abschluss. Seine Route führte ihn 14 Monate lang durch die wesentlichen Gebirge des Kontinents, angefangen im östlichen Griechenland bis ganz in den Westen zur letzten kanarischen Insel El Hierro. Dabei legte er insgesamt 7.400 Kilometer zurück und überwand beeindruckende 240.000 Höhenmeter. Das entspricht in etwa der Strecke zwischen Paris und Mumbai sowie der 26fachen Besteigung des Mount Everest. Am 17. Oktober 2023 erreichte er den ersten bedeutenden Meilenstein seiner Reise und schaffte es erfolgreich, den gesamten Kontinent Europa zu Fuß zu durchqueren. Im November 2024 wird er den nächsten Kontinent in Angriff nehmen: Australien und Neuseeland. Dabei wird er als erster Mensch sowohl die Nord- als auch die Südinsel Neuseelands sowie das Australische Outback, eine der trockensten Regionen der Erde, durchqueren. Die Gesamtdistanz, die Marc dabei bewältigen muss, beträgt erneut rund 7.000 Kilometer, die er ganz alleine und ohne externe Unterstützung überbrücken muss.

Trotz einer traumatischen, gewaltbestimmten Kindheit und schweren Schicksalsschlägen im Laufe seines Lebens, war Marc Hügel in seiner Jugend erfolgreicher Leistungssportler im Rudern und trainierte am Olympiastützpunkt des Saarlandes. Der begeisterte Kitesurfer bestritt zahlreiche Marathonläufe. Seine Passion waren schon damals Fernreisen zu Fuß und mit dem Fahrrad. Im Jahre 2020 fuhr er 6.000 Kilometer mit dem Fahrrad vom Nordkap nach Gibraltar und legte als Wanderer über 10.000 Kilometer auf der ganzen Welt zurückgelegt. Daneben studierte er International Business Administration und verbrachte seine Auslandssemester in Madrid, Spanien, und Guangzhou, China. Nach erfolgreichem Abschluss seines Masterstudiums arbeitete er mehrere Jahre in der Unternehmensberatung im HR- und Restrukturierungsbereich. 2014 stieg er aus der Beratungsbranche aus und versuchte sich als Hotel- und Kite-Surfschulmanager in Ägypten und Sri Lanka. Der Erfolg scheiterte an der Corona Krise. Marc verlor dabei seinen letzten Cent. Seine berufliche und private Existenz lag am Boden. Dennoch verlor Marc nicht die Zuversicht, sondern raffte sich auf und suchte nach einer neuen Lebensperspektive. Daher weiß Marc, dass man den Lauf des eigenen Lebens selbst bestimmen kann, ungeachtet dessen, wie aussichtslos sich das Leben manchmal darstellt.

Erdnussbutter und Kartoffelpüree

Es gibt zwei Eigenschaften, die den Saarbrücker besonders auszeichnen. Das ist zum der starker Wille und zum anderen das Ausdauervermögen. Extreme und immer neue Herausforderungen sind für Marc der Brennstoff des Lebens. Er ist von der Faszination getrieben, in Gebiete aufzubrechen, die durch ihre Lebensfeindlichkeit das Leben in seiner reinsten Form erst erlebbar machen. Dabei ist er fasziniert davon, wie sich diese Expeditionen positiv auf seine Persönlichkeit auswirken und ihm langfristig die Chance bieten, die Welt aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Diese Erfahrungen haben ihn dazu inspiriert, etwas Außergewöhnliches zu tun, um Hoffnung zu verbreiten, insbesondere für Menschen, die sich in schwierigen und scheinbar aussichtslosen Lebenssituationen befinden. Er möchte diesen Menschen Mut, Kraft und Zuversicht schenken. Speziell Kinder und Jugendliche mit sozial schwachem Hintergrund und mit Gewalterfahrung innerhalb der Familie liegen ihm dabei besonders am Herzen. Ihnen möchte er als Inspirationsquelle dienen und als lebender Beweis dafür gelten, dass es niemals zu spät ist, etwas Großartiges neu zu erschaffen. Die Weltreise zu Fuß soll also mehr als nur eine physische Herausforderung repräsentieren. Sie ist ein Symbol für Resilienz, Durchhaltevermögen und den Glauben daran, dass wir alle die Kraft haben, unsere eigenen Grenzen zu überwinden. Sein Ziel ist es, anderen Menschen in schwierigen und scheinbar aussichtslosen Lebenssituationen Mut, Kraft und Zuversicht zu schenken und sie zu motivieren, niemals aufzugeben.

L!VE: Wahrscheinlich gibt es auf deinen Routen kein Mc Donalds. Wovon ernährst du dich denn?

Marc Hügel: „Bei langen Läufen beginnt der Körper irgendwann, Muskelmasse abzubauen und dieser Problematik begegnete ich mit Eiweißpulver. Gekocht habe ich mit einem Gaskocher-System. Um solche Distanzen zu bewältigen, muss man sich von jeglichem Luxus verabschieden. Dehydrierte Nahrung ist wichtig, da das Gewicht der Lebensmittel eine zentrale Rolle spielt. Mein Ernährungsplan bestand hauptsächlich aus Erdnussbutter, Trockenfrüchten und instant Kartoffelpüree mit Käse. Meine größte Schwierigkeit lag weniger in der Zufuhr von Kohlenhydraten, sondern vielmehr in der Proteinzufuhr, die entscheidend für den Muskelerhalt ist. Es gab sogar mehrere Tage, an denen ich mich ausschließlich von Erdnussbutter ernährte, da Erdnussbutte die höchste Kaloriendichte pro Gewichtseinheit hat.“

L!VE: Und wo übernachtest du?

MH: „Ich habe überwiegend wild gezeltet, etwa 95 Prozent der Zeit. Etwa einmal pro Woche versuchte ich, einen öffentlichen Campingplatz zu finden. Pensionen oder Berghütten habe ich nur in Erschöpfungsphasen oder bei extremen Wetterbedingungen genutzt, was jedoch eher die Ausnahme darstellte. Für die Körperhygiene habe ich jede verfügbare Möglichkeit genutzt, sei es durch Brunnen, Seen, Flüsse oder das Meer.“

L!VE: Dem Wetter bist zu ziemlich ausgeliefert?

MH: „Das Wetter spielt eine zentrale Rolle auf solchen Reisen, insbesondere in den Bergen, wo man fortwährend den Naturgewalten ausgesetzt ist. In den Pyrenäen treten beispielsweise im Sommer nachmittags oft heftige Gewitter auf. Zu dieser Zeit ist es entscheidend, sich an einem sicheren Ort, vorzugsweise in einer Schutzhütte, aufzuhalten, da es ansonsten lebensgefährlich sein kann. Darüber hinaus stellen die starken Temperaturschwankungen in den Bergen über solch eine lange Dauer eine enorme Belastung für den Körper dar. Auf meinem Weg durch Kroatien wurde ich mit einer Hitzewelle konfrontiert und war drei Wochen lang extremen Temperaturen von über 40 Grad ausgesetzt. Dies war eine von vielen großen Herausforderungen, die ich während meiner Reise bewältigen musste.“

L!VE: Wie sorgst Du für einen Notfall vor?

MH: „Glücklicherweise gab es keine Verletzungen. Zu meiner Sicherheit führte ich zusätzlich das kompakte, leichte GPS-Satelliten-Kommunikationsgerät namens inReach Mini von Garmin mit. Dies ermöglicht es, in abgelegenen Gebieten ohne Netzempfang einen Notruf abzusetzen. Für meine nächste Expedition, die mich 3.000 Kilometer durch das australische Outback führen wird, sind sowohl dieses Gerät als auch ein Solarpanel unerlässlich, da weder Mobilfunkempfang noch ausreichende Stromversorgungsmöglichkeiten vorhanden sein werden.“

L!VE: Kam es unterwegs zu Erfahrungen mit Kriminalität ?

MH: „Während meiner Reise habe ich keine kriminellen Erfahrungen gemacht. Es ist entscheidend zu verstehen, dass außerhalb von städtischen Gebieten und in der freien Natur die Wahrscheinlichkeit, Opfer von kriminellen Handlungen zu werden, äußerst gering ist. Meine Erfahrung zeigt, dass diese Welt oft besser ist, als wir annehmen. Ein eindrückliches Beispiel ereignete sich während meiner Reise in Nordspanien. Nachdem ich an einem Tag bei Minusgraden 40 Kilometer gelaufen war, kam ich mitten in der Nacht in einer kleinen Ortschaft an. Völlig erschöpft konnte ich keinen Meter mehr laufen und musste mein Zelt spontan auf dem Marktplatz der Ortschaft aufschlagen. Am nächsten Morgen erwartete ich, von der Polizei geweckt zu werden, doch stattdessen klopfte es an mein Zelt. Anstelle der Polizei stand jedoch eine ältere Dame vor mir, die mir einen Kaffee brachte. Diese herzliche Geste ist eine von vielen unvergesslichen Erinnerungen, die mich nachhaltig beeindruckt haben.“

L!VE: Zum Schluss die Frage nach dem lieben Geld. Wie finanziert sich so ein Projekt?

MH: „Einen Teil finanziere ich durch saisonale Arbeit. Damit ich die Finanzierung für die Reise durch Neuseeland und Australien bereits gesichert. Außerdem stehe ich zur Zeit in Verhandlungen mit Sponsoren. Die Beteiligung der Sponsoren hängt maßgeblich von der Reichweite meines Instagram-Accounts ab. Mit zunehmender Reichweite über die Zeit erwarte ich, dass sich mehr Sponsoren am Projekt beteiligen werden. Als dritten Finanzierungsbaustein werde ich diesen Sommer eine Crowdfunding-Kampagne starten, über die ich versuchen werde, einen Teil der Projektkosten zu kompensieren. Also lade ich auch alle L!VE-Leser herzlich dazu ein, Teil meiner aufregenden Reise zu werden, indem sie meinem Instagram-Account folgen. Gemeinsam können wir einen Unterschied machen und verdeutlichen, dass wir alle die Kraft haben, unsere Grenzen zu überwinden und somit unsere Ziele zu erreichen. Weitere Einblicke und zusätzliche Informationen finden sich auf meiner Homepage, über die ich versuchen werde, einen Teil der Projektkosten zu kompensieren. Bitte schaut einfach auf @marc_is_walking oder www.marciswalking.com

Starker Typ macht starke Fotos

Schwer zu entscheiden, was der größere Hingucker ist, der charismatische Fotograf Jonas Ziegler, die Körperkunst auf seinem Body oder seine Fotografien. Der gebürtige Schwalbacher ist Jahrgang ’93 und gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger. Ein Beruf, zu dem er trotz aller bekannten Widrigkeiten wie fehlender, wirklicher, gesellschaftlicher Wertschätzung nach wie vor steht, wenn gleich in letzter Zeit seine Hingabe zur Fotografie mehr und mehr seiner Zeit in Anspruch nimmt. Denn seit etwa fünf Jahren betreibt er sein einstiges Hobby zunehmend ernsthafter. Da wird es Zeit, den Mann mal vorzustellen…

Text: Kasimir Ehmke

L!VE: Bevor wir zur Fotografie kommen, kurz ein paar Gedanken zu Deinem eigentlich Job. Mal abgesehen von den Karmapunkten, die Du und Deine Kollegen da mehr als verdient sammeln, macht die Arbeit in der Pflege überhaupt Spaß?

Jonas Ziegler: In der Pflege muss man um alles kämpfen. Das ist halt so das Ding. In der Fotografie kann man sich sehr leicht sehr viel selbst erarbeiten. Dafür braucht man kein ultimates Equipment, um da ziemlich gute Arbeit abzuliefern und damit Geld zu verdienen. Dagegen könnte ich in meinem Pflegeberuf noch zig Weiterbildungen machen und noch etliche Sachen mehr. Trotzdem würde kaum mehr verdienen. Da überlegt man schon, mit der Fotografie in die Selbstständigkeit zu gehen. Ich arbeite an sich auch sehr gerne in meinem eigentlichen Beruf, aber es wird halt zunehmend mieser.

L!VE: Wie viel Zeit nimmt Deine Fotografie unter diesen Bedingungen im Augenblick in Anspruch?

JZ: Meinen Job in der Pflege habe ich schon auf 75 Prozent reduziert. Den Rest mache ich Fotografie. Manchmal sogar noch mehr darüber hinaus. Im Moment läuft es ganz gut und ich denke, ich werde dann auch weiter mehr zur Fotografie übergehen. Gibt mir im Prinzip aktuell mehr und ich komm damit sogar besser über die Runden als wenn ich mich jetzt in der Pflege halb tot arbeiten würde.“

L!VE: Also ist die Arbeit mit der Kamera längst mehr als nur ein Hobby?

JZ: Genau. Das war mal ein Hobby. Zuerst habe ich gar keine Menschen fotografiert, sondern nur Lost Places. Dann, so mit Beginn der Pandemie, wurde es immer schwieriger an die Locations zu kommen. Man konnte ja auch nicht mehr ins Ausland gehen. Da dachte ich mir, ich probiere mal was anderes und versuche mich auch in anderen Sparten der Fotografie.

L!VE: Die Talente, die Du unbestreitbar hast, teilst Du auch gerne mit anderen, indem Du beispielsweise andere, junge Fotografen unterstützt und ihnen sogar dein Equipment leihst.

JZ: Ja, also sagen wir mal so, man sieht ja, wenn jemand sehr ambitioniert ist und Bock auf die Sache hat. Beim Jonas Kammer habe ich das beispielsweise direkt gesehen und der hatte halt mega Bock. Der war zu dem Zeitpunkt ja ausschließlich analog unterwegs und ich dachte mir, der jetzt zum Beispiel dasselbe Equipment hätte wie ich, dann könnte er so viel reißen. Sowas unterstütze ich dann halt mega gern, weil es halt an sich ein sehr teures Hobby ist. Da kann man wirklich froh sein, wenn da jemand einen an die Hand nimmt. In der Vergangenheit als ich damit angefangen habe, hatten wir so eine kleine Gruppe an Leuten, mit der wir uns immer gegenseitig geholfen haben. Und es gibt natürlich mehrere Fotografen, mit denen ich bis heute zusammenarbeite und wo man sich das eine oder andere leiht oder sich ergänzt oder mir hilft.

L!VE: Gab es so was wie einen Hauptbeweggrund, der Dich antrieb,zu fotografieren? Bei den Lost Places war es wahrscheinlich die Faszination, die diesen vergessenen Räume irgendwie innewohnt?

JZ: Also das war schon so das Ding von Lost Place fotografieren. So der Nervenkitzel. Bei der anderen Fotografie oder bei der generell normalen Fotografie finde ich halt immer geil, entweder Eigenes zu schaffen, also wirklich sehr kreativ zu sein und das dann auch wirklich umzusetzen. Und wenn das dann funktioniert, ist natürlich noch geiler. Außerdem sehe ich halt in meinem eigentlichen Beruf schon sehr viel Leid und eher negative Sachen und auf der Station, wo ich arbeite, hat man jetzt auch nicht immer die krass positiven Erfahrungen. Dann im Ausgleich dazu beim Fotografieren diese schönen Momente für mich selber so wahrzunehmen, auch darum ging es mir.

L!VE: Lost Places, Portraits, Live-Konzerte, hast Du bei all dem eine bevorzugte Richtung?

JZ: Also, das mit dem Lost Places mache ich schon länger nicht mehr, weil das ist wirklich sehr zeitintensiv und einiges an Vorbereitung bedarf. Also ich würde sagen, ich bin fototechnisch eher ein Allrounder geworden. Sprich ich gucke in alles rein, gucke mir alles nur an und nehme nur mit, was geht. Unterm Strich aktuell hauptsächlich Porträtfotografie, aber beispielsweise auch gerne Hochzeiten. Die nutze ich nicht nur, um mein Equipment etc. zu finanzieren, das macht auch sehr viel Spaß. Aber ich würde mich jetzt nicht festlegen, was ich genau am liebsten mache. Wie gesagt, ich gucke in jede Sparte rein. Ich teste mich da aus, weil dann bin ich auch im Endeffekt für alles, was dann so an Aufträgen kommt, auch gewappnet, kann dann dementsprechend gut drauf reagieren.

L!VE: Zurück zu den Anfängen, was war Deine erste Kamera?

JZ: Das war eine von meiner Mutter und die ist auch längst zurück bei ihr, das war nur eine Leihgabe. Aber da habe ich als allererstes gemerkt, da kommt man ganz schnell ans Limit. Und die ersten Bilder von der Digitalkamera waren dann so geil, wo ich mir dachte Wow, krass. Das ist alles möglich, wenn man die Einstellungen richtig setzt und macht. Und dann habe ich mir irgend so eine Sportkamera am Anfang gekauft. Ich weiß auch nicht mehr, was es für eine war. Die war aber leider nicht so passend für meine Dienste und ich bin ich relativ schnell und switcht auf eine digitale Spiegelreflex und dann irgendwann auf eine Systemkamera.

L!VE: Deine Foto-Skills, hast du dir das alles selber oder hast du deinerseits von Bekannten profitiert oder gar irgendwelche Kurse besorgt?

JZ: Ich hatte immer ziemlich Glück, dass ich zur richtigen Zeit an die richtigen Leute geraten bin. Als ich gerade so am Switchen war von Lost Places zur Porträtfotografie, bin ich über eine Arbeitskollegin Lydia Golumbeck geraten. Sie hat mich dann mit an der Hand genommen und bei der bin ich so circa zweieinhalb, drei Jahre, immer, wenn die Zeit hatte, mitgelaufen und habe mir da sämtliches Wissen angeeignet, was ich jetzt so als Basis nutzt. Also die war schon sehr, sehr tragend auch für meine Entwicklung und hat mich wirklich sehr vorangebracht. Genau wie Marco Schmidt, der auf jeden Fall mit seinem Foto meinen Weg begleitet hat und ohne den ich sehr viele Möglichkeiten nicht gehabt hätte, das muss ich ganz klar sagen. Das Gleiche gilt auch für Julia Valentini und Sandro Ryu Rose, mit denen ich viel zusammengearbeitet haben und immer noch sehr gerne zusammenarbeite.

L!VE: Wie entstehen deine Bilder?

JZ: Also erstens kommt die Bildidee oder die Bildsprache an sich. Ich gucke immer, dass ich meinen Bearbeitungsstil relativ ans Analoge anlehnen. Ich finde Analogfotografie megageil und es schon schwierig, diesen Look zu imitieren. Also wenn man den Look will, ist es am Einfachsten direkt analog zu fotografieren. Und ja, generell so ein bisschen retro. Ich nutze sehr wenig Kunstlicht, generell kaum Bildbearbeitung und wenn, dann nur sehr dezent. Also ich fange jetzt nicht an, jemandem die Arme dünner zu retuschieren oder den Körper komplett zu verändern oder jegliche Falten aus dem Gesicht zu holen, weil ich finde, gerade das gibt dem Bild halt so ein gewisses Leben.

L!VE: Der einzige Weg sich deine Arbeiten anzuschauen, ist dein Insta-Account. Du hast aktuell keine Website, woran hängt es?

JZ: Eigentlich ist die Seite schon zu drei Viertel fertig. Ich muss die jetzt nur noch anlegen, dann gibt es noch so ein bisschen rechtliches Zeug und Impressum zu klären und dann steht die Seite.

Insta: @jonas_zglr_

Damals hätte sage müssen: „Fick dich!“

Es gibt kaum etwas, was Thorsten Diehl nicht kann und praktisch keine Kunst, die ihn nicht wenigstens interessiert. Klingt komisch, ist aber so. Unter seinem Pseudonym TAD lebt er sein künstlerisches Talent in den unterschiedlichsten Genres aus. Neben einer ansehnlichen Karriere als Frontmann und Rapper in der Hip Hop Szene beeindruckt er durch denkbar vielseitige Arbeiten in der bildenden Kunst.

Gleich ob Streetart, Kalligraphie, Reliefs, Arbeiten mit geplotteten Stencils, Entwerfen von Characters und Logo, Herstellen eigener T-Shirts und nicht zuletzt eben Malerei. Der Mann ist ein Macher und beispielhaft bescheiden dabei. Auch beruflich kann der pädagogische Fachanleiter und frühere Lehrer für Kunstgeschichte nicht von seiner Kunst lassen. Nachdem er 1968 in Dudweiler geboren wurde, verließ er den Stadtteil schon mit zwölf Jahren, „weil er dieses Kaff bis auf den Tod hasst“. Seine Sozialisation fand Thorsten im Wesentlichen in der Saarbrücker Karstadt-Passage. Die stand er einst vor allem für Breakdance und Grafittis und in dieser Szene geht er auf.  

L!VE: Deine ersten Berührungspunkte mit bildender Kunst Graffitis…

Thorsten Andreas Diehl: „Nein, ich hatte eigentlich schon sehr, sehr früh angefangen zu zeichnen und zu malen, als Kind und als sehr junger Bub. Streetart und Graffiti kam im Grunde genommen obendrauf. Tatsächlich habe ich hier schon gesprüht, da waren die heute hier Aktiven alle noch flüssig. Das wissen die ja alle gar nicht. Also, ich meine, die sind top mittlerweile. Das ist ja Wahnsinn, was die machen. Da komme ich auch nicht mehr mit. Dann habe ich für mich die Renaissance und ihre Künstler entdeckt und die liebe ich noch heute. Ich zitiere sehr immer wieder gern alte Meister, auch in meinen Graffitis. Unter anderem Caravaggio, Dürer, Da Vinci, Michelangelo, die Großen des 15. und 16. Jahrhundert. Und damit bin ich groß geworden und wollte eigentlich immer Kunst studieren. Aber mein Kunstlehrer hat mir in der elften Klasse gesagt: Lass das mal! Ich bin halt sehr sensibel und bin dann aus dem Kunstkurs raus, habe nie wieder einen besucht und habe auch nie eine Kunstakademie von innen gesehen. Jetzt weiß ich, was ich dem damals hätte sage müssen: Fick dich!“

L!VE: Wahrscheinlich bist Du nur eines von unzähligen Talenten, die sich durch eine dumme Äußerung eines unaufmerksamen Lehrers entmutigen ließen.

TAD: „Es war eigentlich mein Lebensinhalt. Ist es immer noch, seit meiner Jugend. Und deshalb bin ich auch wieder zurückgekehrt zur bildenden Kunst, nachdem ich es lange schleifen ließ. Ich bin klassischer Autodidakt im wahrsten Sinne des Wortes. Habe zwar immer mal wieder hier und da was gemacht, aber dann zu mir gesagt: jetzt noch mal richtig angreifen.“

L!VE: Seit wann ist die bildende Kunst wieder in den Fokus gerückt ist?

TAD: „Seit fünf Jahren mindestens. Ich habe eigentlich die ganze Zeit was gemacht, aber vielleicht ist es mein Fehler, dass ich vielleicht nicht laut genug klappere. Vielleicht kann ich das auch nicht so gut, aber ich versuche es zumindest mal, durch meine Werke immer mal wieder auf mich aufmerksam zu machen.“

L!VE: Gibt es ein Projekt aus der jüngeren Zeit, dass Dir besonders wichtig ist?

TAD: „Das sind ganz klar die menschlichen Fossilien. Alles andere mache ich gern, aber die menschlichen Fossilien sind mein Herz. Das verfolge ich jetzt mittlerweile schon seit fast 15 Jahren und sie sind immer besser geworden. Worum es geht, glaube ich, ahnt man schon, wenn man es nur anguckt. Es ging darum, unsere Zivilisation zu zeigen. Ich war ja Lehrer an der Walddorfschule und habe dort Kunstgeschichte unterrichtet bis zum Abitur. Und da hatten wir einmal das Gespräch darüber, was bleibt denn von uns übrig in 5.000 Jahren? Gesetzt dem Fall, man gräbt in 5000 Jahren unsere Zivilisation aus und man sieht bestimmte Dinge. Was denken die zukünftigen Menschen darüber? Wir hatten dieses Beispiel mit einer bekannten Fast-Food-Kette. Stell dir mal vor, die finden dann auf der Erde verteilt überall dieses goldende „M“. Denken die dann, vielleicht war das eine Religion oder irgendwas in die Richtung. So allein dieser Gedanke, der von einer Schülerin geäußert wurde, das ist hochinteressant, Leute, habe ich gesagt, lasst uns mal daraus ein Projekt machen. Ich habe mit Schülern angefangen, Alltagsgegenstände einzugipsen, wieder auszugraben und zu patinieren und sie so aussehen zu lassen, als wären es Fossilien. Ich meine, ich stehe da auch in der Tradition bildender Künstler wie Marcel Duchamp oder Picasso. Alle haben mit diesen Assemblagen gearbeitet, also altes Material neu zusammengesetzt. Ich bin kein Erfinder, Ich habe das Rad nicht neu erfunden, aber in der Art und Weise habe ich es noch nicht gesehen. Und das fand ich hochspannend und habe dann unterschiedliches Material eingegipst, unter anderem den Wasserhahn, irgendwelchen Elektromüll, was aussieht wie ein Fossil. So hab ich dann natürlich auch kundig gemacht über echte Fossilien, wie ist die Farbigkeit, was ist das für ein Gestein? Das da ist aus dem Jura, ein anderes aus der Kreide und das da weiß ich nicht, vielleicht noch eine Million Jahre vornedran. Und das war sehr interessant. Das ist mein Herz.“

L!VE: Und jetzt gibt es nur noch Gestein von dir?

TAD: „Nein. Ich mache gerne Character, mache gern Schriftzüge, ich bin grafisch stark unterwegs. Ich mache auch immer wieder Logos für irgendwelche Leute, die irgendwas brauchen, beispielsweise für die Saarbrücker „Funk Freaks“ mache ich jetzt gerade viel. Also ich versuche mich sehr breit aufzustellen. Ich weiß, man hat angeblich größeren Erfolg, wenn man sich auf eine Sache fokussiert, womit man dann auch irgendwie mehr Wiedererkennung generiert. Das ist ja so ein bisschen das, womit man dann auch Geld macht, sage ich mal, aber eigentlich fühle ich mich mit meinem Weg sehr wohl.“

L!VE: Auf diesem Weg gibt es doch bestimmt auch noch andere Herzensprojekte?

TAD: „Genau, eines wollte ich noch erwähnen, eine zweite Herzenssache: ich bemale Möbel – und das mache ich gerade sehr gern. Dieses Sideboard, das ist aus den 60er Jahren. Das hat ein Kollege von mir grundiert, das habe ich bemalt, das hat er dann wiederum lackiert. Er ist Möbel- und Kunsthändler und das ist ein Stück von vielen, die gemacht wurden. Ich habe auch schon eins verkauft, das ist in die Schweiz gegangen, an einen guten Freund. Das ist zwar hochpreisig dann, ist aber auch viel Arbeit, verdammt viel Arbeit ist. Ich meine, schau dir an, was die Jungs mittlerweile für Wände bemalen bekommen. Also nicht nur hier, sondern überall weltweit. Ich möchte es gar nicht wissen, fünfstellig ist das. Locker. Das ist vielleicht von der Fläche her mehr, aber die Möbel, das ist richtig Arbeit, vom Entwurf über das Gemalte bis zum Endprodukt. Solche Sachen mache ich jetzt gerade verstärkt. Und ich habe die Motive ja auch bereits malerisch auf Leinwand umgesetzt, zum Beispiel versucht „Caravaggios Kreuzigung Petri“ oder Da Vincis „Erschaffung Adams“ mit moderner Architektur zu verbinden und dann auf der technischen Seite natürlich unterschiedliche Layer angelegt für die Stencils angelegt.“

L!VE: Apropos Technik, ganz am Anfang, wenn so ein neues Projekt entsteht, hast Du da ein leeres Blatt oder einen leeren Bildschirm vor Dir?

TAD: Der Entwurf entsteht sowohl von Hand als auch am Computer. Das heißt, ich arbeite mit dem Plotter und arbeite mit Folien. Das ist ja heute bei den „echten“ Graffitisprühern höchst verpönt, mit Schablonen zu arbeiten. Aber ich bin alt genug, ich weiß schon, was ich tue. Ich muss mir von den Schnöseln nix sagen. Schließlich arbeite ich auch mit Pinsel. Das heißt, es werden Dinge auch überarbeitet. Bei den Vier Aposteln von Dürer habe ich vor zwei Jahren frecherweise die Köpfe ausgetauscht und so die Leader der westlichen und der östlichen Welt aufgeführt, also Macron, Xi Jinping, Trump und Putin. Mittlerweile ist das so hochaktuell! Also ich zitiere gern. Und zwar nicht, um diese Künstler lächerlich zu machen oder mich darüber zu stellen, sondern ganz im Gegenteil, sie zu ehren. Und da hat der Chef aber schon den Pinsel in der Hand. Das ist jetzt reine Pinselarbeit, und zwar ganz klassische Malerei, wie man sie kennt. Also hier Töpfchen, Pinselchen und dann geht es los. Also das kann er dann auch, der Thorsten.“

L!VE: Was sind deine aktuellen Projekte?

TAD: „Ich schicke gerade seit ein paar Wochen die Graffiti Writer hier in Saarbrücken ein bisschen aufs Glatteis. Ich habe so „Grafitti is dead“ Sticker gemacht dazu auch so eine kleine Insta Story. Wenn ich irgendwelche Tags sehe, klebe die Sticker einfach auf und mache mich so ein bisschen lustig. Aber das ja klasse gemeint, das mache ich gerade sehr gern. Und was ich ganz vergessen habe: sehr viele Shirts. Das heißt, ich mache unter anderem auch für die Funk Freaks. Hab‘ das Logo gemacht und geplottet und schweiße die auf. Macht richtig viel Spaß.“

L!VE: Also Du entwirft die T-Shirts nicht nur, du stellst sie auch selber her.

TAD: „Für alle möglichen Leute. Zum Beispiel habe ich gerade ein Logo für eine Entrümpelungs-Firma entworfen. Ehemaliger Schüler von mir hat sich selbstständig gemacht, macht jetzt in Entrümpelung Firma. Dem habe ich nicht nur das Logo entwickelt, sondern ihm gerade noch ein paar T-Shirts gemacht. Da war der natürlich high!“

L!VE: Mit Hip Hop und Musik haben wir begonnen und jetzt am Schluss nochmal dazu zurück: Ist das im Augenblick (wieder) ein Thema für Dich?

TAD: „Musik ist in jedem Fall noch ein Thema für mich. Ich habe noch ein paar Sachen in der Schublade, die ich mit dem Kollegen noch machen will, in Richtung HipHop. Nicht das, was man heute so macht, sondern so wie ich das verstehe. Musik ist immer noch immer noch Thema. Ja, ja, aber ich meine, meine Kraft fließt gerade mehr in die bildende Kunst. Aber es ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden ein, zwei Jahren was entsteht. Das wird dann aber klein, bescheiden – und gut!

L!VE: Wir bedanken uns sehr für Deine Zeit, das hochinteressante Gespräch und die Einblicke in Deine Kunst.

www.mistertad.de

@mister.tad.artefaktes