Wer 2 und 2 zusammenzählen kann, weiß, dass der Alltag heutzutage ohne Zahlen 0 Bedeutung hätte. Das merkt man un2felhaft an 1000 Dingen: Im Job soll man stets 8 geben und versuchen 1. aber nicht 3st zu sein. Dazu kriecht man vor dem Chef am besten auf allen 4ren und vermeidet es, einen 3er mit der 9 Kollegin auf dem Rücksitz ihres 4t zu haben. Vor allem im Winter, wenn man sich dabei an den Füßen 15 abfriert und die 10e im Mund klappern. Das wäre nicht 1mal für einen 4beiner wie einen 100räglich. Zwar ist 1mal beim 6 k1mal, aber wenn 1 klar ist, dann, dass einem nicht mehr zu h11en ist, wenn es am Ende eine Ab3bung braucht. Das ist in 2brücken wie in M1 am Rhein…
Wenn es um Kontoguthaben, Urlaubstage und Penislängen geht, können Zahlen für die meisten gar nicht groß genug sein, während sie bei Körpergewicht, Überstunden und der Größe von Spinnen dagegen möglichst klein bleiben sollten. Bei Schuhen, Unterhosen oder Verwandtschaftsbesuchen gehen die Meinungen meist weit auseinander, wie groß ihre Zahl sein soll, muss oder darf. Vor allem zwischen Mann und Frau. Ohne Zahlen wäre im Leben das erste Mal wie jedes Mal und im Bett einfach keine flotte Nummer möglich. Man könnte nirgends auf Nummer sicher gehen oder erwarten, dass sich die eigenen Mühen einmal auszahlen…
Ob nun der Mathematikunterricht des Sohnemanns oder der Bordellbesuch seines Papis, alles hat mit Zahlen zu tun. Wenn auch mit dem Unterschied, dass nach einer Stunde Arbeit einer der beiden traurig und der andere glücklich nach Hause zu Mutti kommt, wenn das Ergebnis 6 war. Dabei hätte ein befriedigend beiden schon genügt. Irgendwann haben wir bei vielen Alltagsdingen Zahlen den Vorrang gegenüber Buchstaben gegeben. Außer bei Tütensuppen. Aber was soll es mir nun sagen, wenn die Körperwaage Ziffern wie 1 – 0 – 0 anzeigt? Wäre es da nicht hilfreicher, auf dem Display würden Buchstaben wie F – E – T – T erscheinen? Aber lassen wir 4 jetzt einfach einmal gerade sein…
Beim Einkaufen von Obst hat es sich z.B. als recht nützlich herausgestellt, Mengen mit Stück- oder Grammzahlen statt mit ungenauen Angaben wie „eine Hand voll“ zu bemessen, da diese durchaus zu relevanten Unterschieden führen, je nachdem ob man Äpfel oder Melonen möchte. Jeder weiß aus Kontaktanzeigen bei Singlebörsen, dass „eine Hand voll“ manchmal Unmengen, manchmal aber auch fast nichts bedeutet. Letzteres vor allem, wenn die Schale erst einmal entfernt ist und trockene Rosinen statt saftiger Früchte zum Vorschein kommen. Dass der Inhalt nicht halten kann, was die Hochglanzverpackung verspricht, trifft eben nicht nur auf Überraschungseier zu…
Zahl ist jedoch nicht gleich Zahl. Manche Zahlen sind böse wie die 666, andere unanständig wie die 69 oder knapp in der Zeit wie die 5 vor 12. Es gibt welche, die stehen für Unglück wie die 13, für Glück wie die 00 oder für Dummheit wie die 88. Manche Zahlen spielen Fußball wie die 11, riechen gut wie die 4711 oder kennen den Sinn des Lebens wie die 42. Wiederum andere gehören zu feinem Sand wie die 7 oder zu den Füßen wie die 10. Es gibt aber auch Zahlen, die sind nichts Besonderes wie die 0815 oder einfach nichts wert wie die 0, während wiederum andere die Lizenz zum Töten haben, wie die 007. Und dass 6 über 18 Spaß macht und 6 unter 16 Gefängnis bedeutet, weiß wohl auch jeder…
Es gab jedoch Zeiten, da kamen wir mit weit weniger Zahlen aus als heutzutage. Mit zwei um genau zu sein. Noah genügten zwei Tiere jeder Art, um seine Arche zu füllen, und uns Deutschen zwei Weltkriege, um den halben Kontinent zu verwüsten. Auch die Evolution entschied sich, dass zwei Geschlechter ausreichen, selbst wenn beim Menschen nur eines von beiden die Fähigkeit erhielt, Kinder zu gebären, das andere dafür jedoch Autofahren kann. Die Informatik kommt bis heute mit nur Einsen und Nullen aus. Zwei Möglichkeiten genügen, um bei etwas die Wahl, jedoch nicht die Qual zu haben. Weniger heißt nicht wählen zu können, mehr dagegen, dass Wählen zum Stress wird. …
Leider bevorzugen viele von uns statt eines klaren Jas oder Neins lieber ein Eventuell, das noch die Option zur Umentscheidung lässt. Jeder möchte bei allem wählen und wechseln können. Das ist beim Stromtarif nicht anders als beim Partner. Selbst Geruch und Farbe des Toilettensteins gilt es zu individualisieren. Dies erfordert ein größtmögliches Wahlangebot, egal ob es um Kleidung, Autos oder Brühwürfel geht. Wahrscheinlich würde selbst Noah heute von jedem Tier drei oder vier in verschiedenen Farben und Größen mit auf die Arche nehmen, um nach Lust und Laune wechseln zu können. Vielleicht gäbe es Zebras dann auch in einem schönen Blau-Grün oder Gelb-Rot…?
Früher war jeder beim Fernsehen mit Schwarz und Weiß und beim Kochen mit Salz und Pfeffer zufrieden. Heute wollen alle Millionen scharfe Farben und ebenso viele scharfe Gewürze. Lampen waren einst entweder an- oder ausgeschaltet und brauchten nicht stufenlos dimmbar zu sein. Wein wählte man nach rot oder weiß und manchmal einfach auch nach dem Geschmack aus und nicht nach einer von Hunderten Rebsorten und Anbaugebieten. Und wenn bei Omas Geburtstag jemand wissen wollte, woher der Kaffee stammt, wollte er nicht Brasilien, Kolumbien, Mexiko oder Indien als Antwort hören, sondern einfach Tchibo oder Eduscho…
Heutzutage geht aber einfach nichts mehr ohne möglichst viele Variationen. Mineralwasser gibt es nicht mehr nur mit oder ohne Kohlensäure, sondern in unzähligen Sprudelstärken und Mineralienzusammensetzungen. Was früher Rosa war, ist heute Malve, Flieder, Fuchsie oder Inkarnat. Selbst Parken ist nicht mehr einfach nur erlaubt oder verboten. Es gilt, sich uhrzeit- und tagesabhängig zwischen eingeschränktem und absolutem Halteverbot, Kurz- und Dauerparken, Frauen-, Mit-Kind-, Lieferanten- und Anwohnerstellplätzen zu entscheiden. Selbst Ampeln sind nicht mehr eindeutig rot oder grün, seitdem es den grünen Pfeil für Rechtsabbieger gibt…
Früher gab es auch nur zwei Arten von Kopfschmerzen; beide nach einer durchzechten Nacht: Eine wegen zu viel Bier in der Kneipe, die andere wegen dem Nudelholz zuhause. Heute muss man sich zwischen zwei Dutzend Kopfschmerzen entscheiden, gegen die es ebenso viele Tablettensorten gibt. Beeindruckend ist, wie viele Milchsorten mittlerweile angeboten werden, wenn man bedenkt, dass diese alle aus ein und demselben Euter stammen. Einkaufen ist schwieriger geworden als Scrabble ohne Vokale. Warum bloß so viel von allem? Man hat mit zweimal meist doch schon einmal Ersatz. Das ist mit Schlüpfern wie mit Lungenflügeln. Im Zweifelsfall kommt man mit nur einem aus…
War in meiner Kindheit Kleidung schmutzig, nahm Oma mehr oder weniger von dem immer gleichen weißen Universalpulver aus der Pappkiste und wusch so lange und heiß, bis das blaue Hemd sauber oder zumindest weiß war oder dem kleinen Bruder passte. Heutzutage soll und kann jeder zwischen unzähligen verschiedenfarbigen, unterschiedlich stoff- und temperaturgeeigneten Flüssig-, Gel- und Pulverwaschmitteln, Weich- und Hygienespülern wählen, die Kleidung, Haut und Waschmaschine gleichzeitig pflegen und ab und an sogar Flecken lösen, und hat ebenso viele Waschprogramme zu Verfügung. Als wenn es Socken interessieren würde, in welche Richtung sich die Trommel dreht…
Klar macht Weichspüler Sinn, um Handtücher nicht mit Schmirgelpapier zu verwechseln, aber muss man denn wirklich vor die Wahl zwischen April-, Sommer-, Blüten-, Meeres- und Halloweenfrische gestellt werden? Zahncreme muss farblich doch nicht zu den Fliesen passen? Das einzige, worauf ich farblich achte, ist Gemüse. Das mag ich grün. – Zahlen bitte… gruenetomaten@live-magazin.de.
Patrik Wolf
P.S. Früher gab es auch beim Sex lediglich zwei Arten: Er oben oder sie unten.