• Termine, News und Wissenswertes aus Saarbrücken, dem Saarland und der Welt:

Mein Lieblingsding: Der Garten

Ein Stück weit kann der Corona-Frust auch ganz besonders positive Folgen haben. Zumindest für Roman Körner aus Nonnweiler. Der 46jährige nutzte die Zeit, um den heimischen Garten in einen echten Hingucker-Park zu verwandeln. Mit tatkräftiger Unterstützung seines Mannes erschuf er in weniger als einem Jahr  sein absolutes Lieblingsding: Einen traumhaften Garten. Der Personaler und Buchhalter erklärt: „Seitdem ist der Garten mein Ort zum Ankommen, Wohlfühlen, Kraft tanken, Entspannen, Ruhe und Frieden finden und Energie speichern.“ Sein Schmuckstück erstreckt sich in der aktuellen Ausbaustufe über gut 400 Quadratmeter und der nicht eben kleine Teich fasst satte 20.000 Liter. Abschließend meint er mit einem Augenzwinkern „So einen sollte jeder haben, denn es tut einfach saumäßig gut!“

Unvergängliche Antiquitäten & guter Zweck

In Saarbrücken befindet sich direkt am Fuße des Halbergs das Geschäft „Brockenhaus Antiquitäten“. Vom alten Bauernschrank bis hin zum Blechblasinstrument, Lampen, Tische, Stühle, Kommoden, Schrank, Sofa, die Liste ist beinahe endlos und so vielfältig wie die Stilrichtungen. Hier findet sich wirklich immer was für jeden Geschmack und alle denkbaren Anlässe. Darüber hinaus wird noch mehr geboten, denn das Antiquitätenhaus verkauft nicht nur die schönsten Stücke, sondern verwendet einen Teil des Erlöses für wohltätige Zwecke, indem es Kinderheime in der Region und das Bertha-Bruch-Tierheim unterstützt. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag von 10.00 bis 17.00 Uhr.

Brockenhaus Antiquitäten - Am Halberg 1, 66121 Saarbrücken, Tel: 0681-842798

Money, Money, Money …

Hallo Mikrokosmonauten: Geld allein ist auch eine Lösung

Pünktlich am 1.1.2022 um 0 Uhr 1 sprach ich es laut aus: „Dieses Jahr werde ich reich!“ Es waren die ganzen Umstände, die mich das sagen ließen auf diesem riesigen Balkon mitten im Münchner Zentrum, mit Blick auf Rathaus, Frauenkirche und Löwenturm. Ich hatte das komplette Wochenende in einer Stadt verbracht, in der Reichtum etwas völlig Normales zu sein scheint und wo sich Deutschlands Elite tummelt. Eine Stadt, die zum Leben immer teurer wird, die Lebensqualität jedoch enorm nach oben treibt. Es schien mir sogar, dass die Luft klarer und frischer ist, als die im Saarland. Und der Himmel erst! Ein sattes Blau mit weißen Wölkchen, wie Farbtupfer in einem Gemälde. Je länger ich durch Münchens Straßen wandelte, desto mehr wurde ich zu München und irgendwann war mir so, als hätte ich nie woanders gelebt. Als gäbe es die heimatliche saarländische Provinz nicht. Sie war ja auch so fern!

Ihr könnt jetzt denken, was ihr wollt, aber für mich steht seither eines ganz klar im Fokus: Liebe, Freiheit, Gesundheit sind ja schön und gut, aber ohne Geld bist du in dieser Welt einfach am Arsch! Verzeiht mir, aber es wäre Augenwischerei, euch zu erzählen, dass Luft und Liebe eure Versicherungen bezahlen. Es mag Menschen unter uns geben, die felsenfest davon überzeugt sind, dass es mehr gibt, als Geld und dass man reich ist, wenn man liebt, geliebt wird, gesund ist und Freunde hat. Aber sei es drum: Diese Leute wissen tief in ihrem Innern, dass es ungemein beruhigend ist, wenn das Konto prall gefüllt ist. Die Frage, die ich mir hier jedoch stelle ist:

Wie werde ich möglichst schnell reich?

Im Optimalfall natürlich mit möglichst wenig Aufwand. Im Grunde kann ich nämlich nichts, was mir zum Reichtum verhelfen könnte. Obwohl, ich kann andere zum Lachen bringen. Also habe ich Humor. Aber lässt sich mit Humor viel Geld verdienen? Ich glaube nicht. Ich bin auch ein bisschen kreativ. Also ich kann zumindest unheimlich gut Geschichten erfinden. Erfinden möchte ich demnächst auch ein Mandarinen-Schälgerät. Mir fehlen nur noch Leute, die so ein Ding kaufen würden. Ich bin allerdings unsicher, ob die bei „Die Höhle der Löwen“ mir ein Angebot machen würden. Ich fürchte nicht.

Wenn ich bei „Google“ die Frage „Wie werde ich reich?“ eintippe, erscheinen mir so allerhand Tipps. Langfristig denken, Kosten reduzieren und Finanzen nicht dem Zufall überlassen. Mir wurde dann bewusst, dass ich de facto kein Kapital besitze, um es nicht dem Zufall zu überlassen. Schlechte Ausgangssituation. Da stehen auch solche Sachen wie „Kosten reduzieren“. Wie soll denn das gehen? Ich bin kein Mensch, wenn ich nichts kaufen darf. Richtig lebendig fühle ich mich nur in einem gut gefüllten begehbaren Kleiderschrank. Und gäbe es ebensolche Kühlschränke, wäre mein Glück perfekt. Und getreu dem Motto: „Konto leer, Schrank voll“ friste ich also mein Dasein als anonyme Kaufsüchtige. Aber ich investiere in mich selbst und das führt bekanntlich auch zu finanziellem Erfolg. Also irgendwann. Eventuell. Vielleicht.  

Es muss aber doch irgendwas anderes geben, um an zu Geld zu kommen. Irgendwas fernab von harter Arbeit oder messerscharfem Verstand. Lotto vielleicht. Es schadet zwar nicht, aber außer Ausgaben hat mir das bis jetzt nichts eingebracht. Wobei, doch! 12,50 Euro. Kurz vor Weihnachten. Und ich hatte nicht damit gerechnet. Ich fühlte mich kurzzeitig wie Krösus und überlegte kurz, in welchen Noten ich mir den Betrag auszahlen lassen soll. Letztendlich dämmerte es mir, dass ich über Zwanzig Euro für den Lottoschein bezahlt hatte und somit Verlust gemacht hatte.

Mehrere Standbeine aufbauen

Um reich zu werden, reicht es also nicht, einfach nur dazusitzen und Lotto zu spielen. Ich muss augenscheinlich zu einem Tausendsassa mutieren, um meine Chancen auf Ruhm zu erhöhen. Job & Kolumnen texten reichen also nicht mehr aus. Ich habe es mit Schreiben versucht. Also ein richtiges Buch. Ich bin immer noch dran und es macht auch Spaß, aber da ich wirklich sehr ungeduldig bin, könnte das Buch bestenfalls ja schon längst fertig geschrieben und gedruckt sein und auf der Spiegel-Bestseller-Liste stehen. Zusammen mit meinem Praktikant kann man mich seit kurzem auch buchen. Wir sind zwar frei von Talent, aber als volksnahe Idioten hat man uns gerne an seiner Seite. Und so haben wir uns gedacht, dass wir als musikalisches, künstlerisches oder generell bespaßendes Duo zu Ruhm und Ehre gelangen könnten.

Aber wie ich es auch drehe und wende: Richtig erfolgsversprechend erscheint mir nichts von alldem. Ich mag aber ungern in die illegalen Abgründe abdriften, als Bankräuber, Drogenboss oder gar Auftragsmörder arbeiten, um die große Kohle zu machen.  Wobei mich das bestimmt ungemein interessant machen würde. Wer kann schon von sich behaupten, mit einer Drogenboss liiert zu sein? Und Stoff für mein Buch brächte dieses Leben allemal. Ich könnte natürlich auch reich erben. Das müsste aber bedeuten, dass niemand aus meinem näheren Umfeld sterben darf, weil ich die alle mag. Vielleicht ein entfernter Urgroßonkel aus Tasmanien oder so. Aber am Ende komme ich immer an den gleichen Punkt. Das alles sind Hirngespinste der allerfeinsten Art.

Machen wir uns mal nichts vor: Wenn wir nicht gerade zur rechten Zeit am rechten Ort sind, Glück haben oder einfach ein außerordentliches Talent besitzen, wird das mit dem reich werden wohl vorerst nichts. Was bleibt, ist die Tatsache, dass wir sparen, sparen, sparen müssen und gleichzeitig arbeiten, arbeiten, arbeiten. Ein gefühlt nicht endender Alptraum. Für mich jedenfalls. Und damit nicht genug. Grundregel des Reichtums ganz profan gesehen: Je weniger man von seinem Nettoeinkommen ausgibt, umso größer ist das verbleibende Vermögen. Na toll. Das klingt ja fast so, wie eine von Mister Miyagis Weisheiten und ist ähnlich schwer umsetzbar. „Wer Fliege fangen mit Stäbchen, der vollbringen alles.“.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich empfinde Sparen als entsetzlich. Mag ja sein, dass es nie zu spät ist, ein paar Kröten zur Seite zu legen oder anzulegen, allerdings gehöre ich zu den Menschen, die bereits jetzt schon aus den Vollen schöpfen möchten und nicht erst, wenn ich alt und grau bin. Ich hätte gerne jetzt die Millionen und nicht erst dann, wenn ich Väterchen Tod gegenüberstehe. Und ihr wisst ja: Das letzte Hemd hat keine Taschen mehr.

Am Ende ist es doch so: Wie Carrie Bradshaw schon sagte: „Ich mag mein Geld am liebsten dort, wo ich es sehen kann - hängend in meinem Kleiderschrank.“. Obendrein sehe ich mein Geld aber auch gerne in meinen Reisen, meinen Vergnügungen und in meinen Abenteuern davon schwimmen. Also zumindest das Geld, das ich immer wieder zusammenkratzen kann und jedes Mal staune, dass es gereicht hat.

Ein weiser Spruch lautet: „Verfolge die Vision, nicht das Geld. Das Geld wird dir folgen.“. Ich darf also die Hoffnung nicht aufgeben, dass dieses Mandarinenschälgerät irgendwann mein Triumph werden wird. Also eventuell. Vielleicht.

Hauptsache was mit Mode

Wie kommt eine „Germany’s Next Topmodel“ Gewinnerin nach Saarbrücken? Weil das Saarland in Sachen Mode einfach mehr zu bieten hat, als man denkt. Neben talentierten Modemachern und Fotografen, von denen wir ja schon einige in unserem Magazin vorgestellt haben, gibt es hier auch außergewöhnliche Models und Stylisten. Der Saarbrücker Oliver M. Fall vereinbart gleich beide Jobs in einer Person.  Da haben wir gerne mal genauer hingeschaut.

Seit gute Nachrichten Mangelware sind, macht es besonders viel Spaß, auch mal von etwas Positivem zu berichtigen, das nicht auf einen Corona-Infekt hindeutet. Besonders, wenn es um einen gewissen Oliver M. Fall geht. Der Mann, der noch nicht wirklich entschieden hat, ob er nun Art Director, Model, Fashion-Stylist oder Personal Shopper ist, wuchs in Saarbrücken auf und will auf jeden Fall etwas mit Mode machen. So vielfältig wie seine Talente sind auch seine Wurzeln. Sein Vater ist Moslem und kommt aus dem Senegal. Seine Mutter stammt aus Israel. Er selbst sieht sich daher - wenig verwunderlich - aus Mix aus einem Mix. Das erklärt vielleicht seine vielfältigen Talente.

L!VE: Bei Dir wird es ja schon bei der Frage nach dem Beruf etwas tricky?

Oliver M. Fall: „Es geht, eigentlich bin ich bin gelernter Kaufmann im Einzelhandel, habe aber die letzten gut 18 Jahre fast alles querbeet in der Modebranche gemacht. Angefangen als normale Aushilfe in der Boutique für 5,80 Euro ohne Mindestlohn damals, weil ich einfach, was starten wollte, bis hin zum Bezirksleiter und Visual Merchandise, wenn es ums Kreative ging. Aktuell bin ich stellvertretender Storemanager bei einem bekannten Filialisten. Im „Zweitberuf“ versuche ich als Stylist und Multitalent im Bereich Fashion weiter durchzustarten, zum Beispiel bei Fotoshootings mit „Germanys Next Topmodel“ 2018 Gewinnerin Toni oder auch überregional bekannten Fotografen wie Sabrina Kleinas, die ich bei ihren Shootings supporte.“

L!VE: Der Job im Einzelhandel ist also quasi „nur“ die sichere Basis, was in Pandemiezeiten ja sicher nicht das Schlechteste ist?

O.M.F.: „Ja, klar. Die Branche ist im Moment schon sehr unsicher. Hat man Aufträge, hat man Geld, aber das ist in der Coronazeit nichts, worauf man sich alleine verlassen kann. Im Handel hingegen, kommt es zwar drauf an, wie gut die Onlineshops des jeweiligen Unternehmens etabliert sind. Ich habe bis vor Kurzem noch für Bershka gearbeitet, die ja wie z.B. Zara zu Inditex gehören und muss sagen, die haben sich wirklich sehr schnell mit der Corona-Situation arrangiert. Statt Homeoffice haben wir zu Beginn der Pandemie die Online-Sendungen im geschlossenen Store fertig gemacht. Als es wieder losging, war dann aber auch der Laden ganz schnell wieder für den „normalen“ Kunden hergerichtet, weil die Ware ja schon vor Ort war. Mann muss schon erkennen, dass vor der Pandemie der Online-Anteil des Geschäfts bei 15 bis 20 Prozent lag, während wir uns mittlerweile trotz wieder geöffneter Läden bei knapp 50 Prozent bewegen. Das wirkt sich natürlich auch auf den „klassischen“ Verkauf vor Ort an sich aus und sorgt schon hier und da für etwas bangen.“

Egal welcher Style, bei Mode blühe ich auf!

L!VE: Auf deinem Insta-Account findet sich neben Model, Art Director und Stylist auch noch der Eintrag „Personal Shopper. Wie funktioniert das denn?

O.M.F.: „Das war tatsächlich so, dass mich immer wieder Leute gefragt haben, was sie tragen sollen oder was sie wie kombinieren könnten. Stellenweise läuft das dann genauso ab, wie man es mitunter bei den entsprechenden Sendungen und Serien im TV sieht. Das heißt, ich gucke zuerst mal was denjenigen überhaupt als Person beschreibt, dann natürlich auch nach Lieblingsfarben und -Silhouetten. Gibt es Vorbilder, was den Look angeht, in was wird sich am wohlsten gefühlt? Auf diesen Key-Items baue ich dann auf und beginne damit, den Kleiderschrank komplett neu zu organisieren, erstmal ohne shoppen zu gehen. Aus dem Vorhandenen baue ich dann Outfits, die als Grundlage dienen. Dann allerdings geht’s an Shoppen mit sorgfältiger Beratung und Begleitung. Denn dabei muss man aufpassen, dass man Items kauft, die einem stehen, den eigenen Look ausbauen, die man auch wirklich trägt und man nicht nur mit irgendwelchen exotischen Sachen nach Hause kommt, die dann aber nur ewig im Schrank hängen und schließlich auf Vinted oder anderen Portalen verkauft oder getauscht werden.“

L!VE: Und dafür gibt es einen Markt an der Saar?

O.M.F.: „Ich biete das ja nicht nur hier im Saarland an. Das fing damit an, dass Leute aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis mich fragten, ob ich nicht mal vorbeikommen könnte und schon war ich in Mannheim oder Frankfurt. Und wenn die Kunden zufrieden sind, wechseln auch schon mal dreistellige Beträge den Besitzer. Diese Dienstleistung ist halt immer noch eine Marktlücke und tatsächlich baue ich meinen Kundenkreis immer weiter aus. Wenn es hier überhaupt jemand gibt, der sich in irgendeiner Form mit dem Thema beschäftigt, dann sind das die typischen Influencer oder Blogger. Die posten dann Hunderte von Fotos, die dann zwar von sehr vielen Menschen gesehen oder geliket werden, aber die geben halt nicht wirklich Tipps, wie man erfolgreich einen Look kreiert. Tolle gestylte Outfits sind dank Instagram und Co. allgegenwärtig. Die Leute vergleichen und messen sich immer mehr damit, erkennen aber im gleichen Augenblick, dass sie das selber nicht hinkriegen.“

L!VE: Aber sollte das nicht Sache des Einzelhandels sein?

O.M.F.: Ich denke, da gibt es einen untersorgten Bedarf, denn eigentlich war es noch nie so einfach sich gut anzuziehen und zu stylen wie heutzutage. Aber ohne richtige Beratung, die es eben im Einzelhandel ja kaum noch gibt, fühlen sich viele Leute echt überfordert. Hinzu kommt, dass das Personal inzwischen allerdings auch so ausgedünnt ist, dass die schnell, schnell von einem Kunden zum nächsten springen müssen. Da bleibt dann oft auch keine Zeit für Beratung und bei den Kunden entsteht dann der Eindruck, dass sei auch nicht erwünscht und die trauen sich dann deswegen nicht in den Läden zu fragen. Das Resultat ist dann wie gesagt, dass eine 1:1 Beratung nicht mehr stattfindet. Genau in dieser Bresche springe ich dann und biete echten Service.

L!VE: Zurück zum Anfang. Ursprünglich bist Du ja mal als Model gestartet, wie kam es dann zum Art-Director und Stylisten mit Shootings in Paris zum Beispiel?

O.M.F.: „Das fing schon zu meiner Schulzeit an. Immer mehr Leute sagten, ich solle es unbedingt mal mit dem Modeln versuchen. Das habe ich dann auch gemacht, damals noch etwas holprig. Ich wurde hier halt immer in so eine androgyne Schiene gedrängt, also war schnell klar, ich musste hinaus in die große weite Welt. Dennoch blieb es so, dass ich auf einen bestimmten Typ festgelegt wurde, was für die Commercial Schiene nicht wirklich zuträglich war. Zeitgleich war es aber auch so, dass es bei dem Merchandising, also die neue Ware immer kreativ zusammenzustellen und stimmig im Lokal und Schaufenster als Marketingtool zu präsentieren, was ich nach meiner Ausbildung ja als erstes intensiv betrieben habe, mehr und mehr das Gefühl hatte, ständig das Rad neu erfinden zu müssen. Da dachte ich mir, wenn man immer wieder Schaufensterpuppen anzieht oder eine Kollektion neu aufbaut, dass könnte ich auch mit Models machen. Das wollte ich dann probieren und so ergab sich eine erste Zusammenarbeit mit einer befreundeten Fotografin, nach dem Motto: gemeinsam sind wir stark. Sie hatte als Französin immer schon gute Verbindungen nach Paris und dann dort immer mehr Shootings gemacht. Schließlich war auch ich dann jedes Wochenende in Paris. Während ich in Saarbrücken immer ein bisschen untergegangen war, hat es dort dann funktioniert.“

Germany‘s Next Topmodel“ in Saarbrücken

L!VE: Und wie kam es zu der Zusammenarbeit mit „Germanys next Topmodel“ Gewinnerin Toni?

O.M.F.: „Ich bin schon seit der ersten Staffel riesengroßer GNTM-Fan und feiere die Show jeden Donnerstag. 2018 war meine Favoritin von der ersten Sendung an ganz klar Toni. Meiner Freundin Sabrina ging das genauso, nur meinte sie dann noch: die will ich shooten! Ich hab‘ dann noch versucht das zu relativieren, weil ich mit nicht vorstellen konnte, dass sie, wenn sie wirklich gewinnt, so einfach zu buchen wäre. Immerhin kannten wir sie weder persönlich noch ihre Agentur. Tatsächlich hat mich meine Freundin dann kurz nachdem Toni gewonnen hatte, angerufen und mich mit der Nachricht überrascht, dass wir sie schon in zwei Wochen shooten könnten. Da musste ich dann ganz schnell die Outfits für sie zusammen bekommen, damit wir ein Storyboard zusammensetzen können, damit die Agentur entscheiden konnte, schicken wir sie dahin oder eben nicht. Das war natürlich ein Riesendruck. Aber zack, war sie dann irgendwann tatsächlich da. Das war natürlich auch ein Stück weit surreal, immerhin hatten wir sie monatelang im Fernsehen verfolgt und ewig mitgefiebert, dass sie gewinnt. Da stand sie also vor mir und ich musste sie stylen. Das war für mich ein Riesending, auch wenn die Location, eine Abraumhalde bei Fischbach war.“

L!VE: Gibt es schon neue Projekte über die Du schon was verraten kannst?

O.M.F.: „Tatsächlich bin ich gerade dabei mich ein bisschen mehr in Richtung Selbstständigkeit zu fokussieren. Ich spiele immer mehr mit dem Gedanken den Leerstand auch in besten Lagen in der City für mich und den Namen, den ich mir draußen in der Welt geschaffen habe, zu nutzen mit einem Projekt, dass es so hier vorher noch nicht gab. Was die Lage angeht, könnte ich mir am besten den St. Johanner Markt vorstellen. Einfach weil da auch eher noch die Klientel unterwegs ist, die sagt, okay ich nehme jetzt für einen gute Beratung auch Geld in die Hand. Aber ich möchte nicht zu viel verraten und bleibe bin in der Hinsicht am liebsten ein Überraschungsei. Außerdem bin ich der Meinung, dass sich viel mehr Kreative hier vor Ort engagieren müssten. Und man sollte in der Region schon ein bisschen besser zusammenhalten, bzw. zusammenarbeiten, zum Nutzen aller.“

L!VE: Du gehörst also nicht zu denen, die Saarbrücken bei der ersten Gelegenheit schreiend verlassen, sondern siehst Dein Engagement auch künftig hier?

O.M.F.: „Ich finde Saarbrücken hat immer noch richtig viel Potential und finde es schade, wenn viele junge Leute sagen, sie müssten hier unbedingt weg. Klar, auch ich bin gerne in Berlin, in Barcelona oder Paris unterwegs, aber für mich ist es einfach so, dass ich sage: warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah liegt? Ich finde Saarbrücken hat sehr viel zu bieten und dazu noch die Nähe zu Luxemburg und Frankreich. In diesem Dreiländereck könnte noch viel mehr entstehen, wenn manche Leute sich mehr Mühe machen würden, statt immer nur den einfachsten und bequemsten Weg zu gehen. Vielleicht wäre manches in Berlin oder sonst wo einfacher, aber wie schon meine Mutter zu sagen pflegt: Schiffe sind nicht gebaut, um nur im sicheren Hafen zu liegen. Also wenn ich was Neues mache, dann gehe ich da All-In, ganz oder gar nicht! Lieber sitze ich mit 80 da und sage, oops, scheiße gelaufen damals, aber ich habe es wenigsten probiert.“

Fast furios

Während heutzutage schon derjenige als Draufgänger gilt, der sich nicht nach jedem Essen die Zähne putzt, seinen leeren Joghurtbecher ungespült in die gelben Tonne wirft oder die FFP2-Maske nicht täglich wechselt, gab es früher noch richtige Gesetzlose, die das wirkliche Abenteuer suchten. An ihrer Seite nicht mehr als ein treues Pferd, ein Säckchen Gold und ein Revolver. Nur eine kleine, um die Welt verstreute Gruppe Menschen hat sich diese Freiheit bis heute bewahrt. Sie wissen nicht, wohin ihr Schicksal sie führen und welche Aufgabe ihre nächste sein wird. Sie sind die Outlaws unserer Zeit und leben auf der Straße, wo jeder sie fürchtet. Sie sind Taxifahrer…

Taxifahrer sind die Cowboys unserer Städte. Ihr treues Pferd ist ein Mercedes Diesel, ihr Säckchen Gold ein Beutel Wechselgeld und ihr Revolver ein Elektroschocker in der Türablage. Sie sind die Wildwesthelden von heute. Sie leben aus, wovon andere träumen: Unabhängigkeit, Ungebundenheit und Fahren auf der Busspur. Keine Ampel ist ihnen zu rot, keine Lücke zu eng, kein Auffahren zu dicht. Nur Taxifahrer wagen es, den Verkehrsregeln vor den Augen der Polizei zu trotzen und sich Straßenbahnen in den Weg zu stellen. Taxi bedeutet Vorfahrt. Hand an der Hupe, Fuß auf dem Gas, das ist ihr Leben. Dazu ihr Ehrenkodex: Keine Zeit verschenken und erst recht keinen Euro…

Völlig zu Unrecht werden Taxifahrer von vielen als arbeitslose Lehrer oder Langzeitstudenten abgestempelt und ihnen nachgesagt, sie seien raubeinige Straßenrassisten mit Lederjacke und Ellbogen im geöffneten Seitenfenster, die Worte wie Deo und Freundlichkeit nur aus dem Kreuzworträtselbuch auf dem Armaturenbrett kennen. Ja, viele Taxifahrer schnallen sich nicht an und biegen ab, ohne zu blinken. Ja, die meisten Taxifahrer kümmern Geschwindigkeitsbegrenzungen wenig. Ja, Taxifahrer nutzen ihren Mittelfinger zum Grüßen anderer Verkehrsteilnehmer. Alles richtig, aber das Leben auf der Straße ist eben nicht, wie es einem in der Fahrschule vorgegaukelt wird…

Ein Leben als Taxifahrer ist ein Leben auf der Überholspur. An manchen Tagen hat man dabei mehr nach Alkohol stinkende Typen bei sich drinnen als eine gut besuchte Prostituierte. Hier wie dort geht es um schnelles Geld und darum, rasch zum Ziel und danach an den nächsten Kunden zu kommen. Die Konversation beschränkt sich derweil nur auf das Notwendigste. Man sollte sich über Taxifahrer jedoch nicht beschweren, sondern stattdessen diesen Helden des Alltags lieber Tribut zollen. Da sie Tag für Tag rund um die Uhr auf Abruf zu Diensten stehen, um uns nach dem Verlust von Muttersprache und Gleichgewicht von der Kneipe sicher zu unserem eigenen Auto zu fahren…

Man muss kein Uber-Flieger sein, um als Taxifahrer Erfolg zu haben, jedoch wissen, wo die eigenen Grenzen sind und wann man an den Bahngleisen dem heraneilenden Schnellzug den Vorrang lässt. Der Kunde ist im Taxi König, zumindest so lange er nicht auf den Rücksitz kotzt und Trinkgeld zahlt. Was Taxifahrer auszeichnet, ist mehr als ihr Wissen, was auf der Titelseite der aktuellen Bildzeitung steht, und die Kenntnis, wo die besten Strapsibars der Stadt sind. Es ist vor allem ihre Gelassenheit, wenn sie tiefenentspannt mit 80 Sachen durch verkehrsberuhigte Zonen cruisen und Rentner mit Rollatoren mittels Lichthupe dazu anspornen, schneller zur Seite zu gehen...

Es ist schon erstaunlich, wie Taxifahrer es schaffen, ihre elfenbeinfarbenen Boliden mit einer Hand am Lenkrad und der anderen Hand im Schritt durch spielende Kinder zu manövrieren, ohne dabei freie Kindergartenplätze zu schaffen. Der Fahrgast im vollklimatisierten Fond der Limousine bekommt derweil vom Gekreische heraneilender Waldorfkindergarten-Mütter nichts mit und genießt das Gefühl der Geborgenheit, das ihm Seitenaufprallschutz und Airbags vermitteln. Nie fühlte man sich sicherer in einem Auto, das eine knappe Million Kilometer auf dem Tacho hat und von jemandem gefahren wird, der im Monat mehr Punkte in Flensburg sammelt als man selbst in einem Jahr im Supermarkt…

Taxifahrer, das ist eine Mischung aus Psychologen und Psychopaten. Wie keine andere Berufsgruppe des Personenbeförderungsgewerbes verstehen sie es, aus einer einfachen Stadtfahrt eine Reise per Anhalter durch die Galaxis zu machen. In einer Viertelstunde prasseln auf den Fahrgast Eindrücke nieder, die sich außerhalb des Taxenkosmos nur in Jahren der Kriegsgefangenschaft ansammeln. Anders als Busfahrer oder Polizisten, die einen sonst heim bringen, baut sich zwischen Taxifahrer und Fahrgast in wenigen Minuten ein Verhältnis auf, das jeden Fahrgast dazu bewegt, seine Probleme jemand Wildfremdem anzuvertrauen, dem er sonst nicht einmal freiwillig die Uhrzeit sagen würde…

Eine Taxifahrt bleibt meist unvergesslich. Ob nun wegen des Kettenrauchers hinter dem Steuer, der beim Einsteigen des Gastes auf das Rauchen-Verboten-Schild am Handschuhfach deutet, oder wegen der Fahrtroute, die an das Einkreisen von Wild bei der Treibjagd erinnert. Aber wer will schon morgens um vier den kürzesten Weg nach Hause, wenn er für ein paar Euro mehr einen pittoresken Ausflug durch die schönsten Gewerbegebiete der Umgebung bekommt? Dank moderner Computer kann man verlässlich das Wetter der nächsten drei Wochen voraussagen, jedoch nicht die Fahrtroute eines Taxis in den nächsten drei Minuten. Ideal für Menschen mit Verfolgungswahn…

Wie bei einem Blinddate weiß man auch bei einer Taxifahrt vorher nie, was einen erwartet. Die Zahl unterschiedlicher Taxis ist so groß wie die Zahl unterschiedlicher Routen zum gleichen Ziel. Vom akkuraten deutschen Taxi mit gehäkelten Sitzüberzügen, das am liebsten rechts abbiegt, bis hin zum fahrenden indischen Gemischtwarenladen mit eigenem E-Bay-Shop ist alles möglich. Wartet am Steuer nun ein Osteuropäer mit dem mimiklosen Gesicht eines Profikillers, der seinen Auftrag ohne Fragen erledigt, oder doch ein Südländer, der wasserfallartig von seiner Großfamilie berichtet und Fotos zeigt, auf denen alle seine Verwandten unabhängig vom Geschlecht einen Bart tragen…

Vielleicht erwischt man aber auch ein heimisches Urgestein, das seit 50 Jahren „Kraftdroschke“ fährt und es schafft, in fünf Minuten sein gesamtes Lebens zu erzählen. Wobei er ohne Redepause den Spagat zwischen Wetter, Politik, Exfrau und seiner Vorliebe für thailändische Prostituierte schafft und nicht hinter dem Zaun hält, dass die Pandemie längst vorbei wäre, wenn jeder tun würde, was er sagt. Besonders beeindruckend sind auch Taxifahrer, die selbst keine zehn Worte Deutsch sprechen, es aber schaffen, den Röchellauten ihrer sturzbetrunkenen Fahrgäste das gewünschte Fahrziel richtig zu entnehmen. Dies bestätigt dann wohl, dass sich jede Sprache nach zwölf Bier gleich anhört…

Wer selten Taxi fährt, dem sei Folgendes als Tipp mit auf den Weg gegeben: 1.) Man ist kein Rassist, wenn man ein weißes Taxi mit ausgestrecktem Arm anhält. 2.) Die vermeintliche Stoppuhr, die vorne im Taxi mitläuft, zeigt nicht den Jackpot der nächsten Lotto-Ziehung an, sondern den Fahrpreis, der schneller steigt als die Zahl der Corona-Neuinfektionen. 3.) Stets in den letzten Wagen am Taxistand einsteigen und nie in eine der Taxen davor, die schon seit Stunden auf Kundschaft warten. – Wer nach der Fahrt zufrieden war, sollte 19,90 Euro ruhig mal gerade sein lassen und sich großzügig mit einem Zwanziger bedanken. Taxifahrer zu sein, ist: Fast furios... gruenetomaten@live-magazin.de

Patrik Wolf

P.S. Gegen den Typen am Taxifunk spricht René Mariks Maulwurf perfektes Deutsch.

Vom Saulus zum Paulus

Armin König ist seit 1996 Bürgermeister von Illingen und damit dienstältester Bürgermeister des
Saarlandes. Er ist Mitglied im Beirat des saarländischen Staatstheaters und gilt als sehr
kulturinteressiert. Seit seinem Parteiaustritt engagiert er sich in einer Wählervereinigung. Im Interview
mit L!VE verrät er wie es dazu kam und warum er einen Sinneswandel beim Thema „Ehe für alle“
vollzog. Das Interview führte unser freie Autor Marc Kirch.


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(Armin König und Marc Kirch, vorm Interview geimpft und getestet) 

L!VE: Wie kam es zu dem Austritt aus der CDU? 
Es gibt ein ganzes Bündel von Gründen. Nicht zuletzt die Missachtung der Kultur in der Pandemie. In
den letzten 10 Jahren habe ich als Bürgermeister und als Kulturamtsleiter die Kulturpolitik meiner
Gemeinde Illingen mitverantwortet und mache selbst Musik, spiele Klavier. Mitzuerleben, dass Kultur
und Gastronomie als wesentliche Bestandteile unserer Gesellschaft kaum Beachtung finden, hat mich
schockiert. Ein weiterer Grund ist auch die Übernahme des CDU-Vorsitzes durch Friedrich Merz.
Unter ihm wollte ich nicht mehr in der CDU sein. Ich bin da anders positioniert, immer eher links von
der Mitte. Ein weiterer Grund ist die Grubenflutung im Saarland: die Genehmigung die Gruben
absaufen zu lassen, mit all den damit verbundenen Gefahren, wenn giftiges Grubenwasser aufsteigt.
Ich hatte bereits vor drei Jahren eine Volksinitiative dagegen gegründet, mit Freunden 5.000
Unterschriften gesammelt und „Pro H2O Saar e.V.“ gegründet. Das führte irgendwann zur totalen
Entfremdung und es fehlte schlussendlich nur noch ein Tropfen für mich, um zu sagen „tschüss, ich
gehe jetzt!“. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war der Umgang der saarländischen
Landesregierung mit der Corona-Pandemie. Dieses „Hü und Hott“. Ich hatte auch den Eindruck, dass
ich irgendwann als lästig empfunden wurde. Ich habe meine Positionen schon immer sehr offensiv
vertreten - nicht um mich selbst zu profilieren, sondern weil es Themen gibt, die die Menschen
bewegen und berühren. Ich bin schon seit 26 Jahren Bürgermeister und bin mitten unter den Leuten,
die einem sagen, wo es weh tut und wo es unter den Nägeln brennt. Das war für mich dann der
letztendlich auslösende Punkt meine Mitgliedschaft in der CDU zu beenden, nach verschiedenen
Entfremdungsprozessen von der Partei.  

L!VE: Jetzt engagierst du dich für die Wählervereinigung „bunt.saar“ und trittst zur Landtagswahl an.
Allein der Name „bunt.Saar“ suggeriert ein Wahlprogramm und eine Überzeugung, welche
Wertschätzung von Vielfalt in unserer Gesellschaft fördert und fordert. Ist dem so? 

Es wird nicht nur suggeriert, es steht im Programm! Wir haben uns explizit die Vielfalt auf die Fahnen
geschrieben; das betrifft jede Facette der Gesellschaft. Das betrifft übrigens auch das Thema
Inklusion, Menschen mit Behinderung, auch das Thema Zuwanderung. Der Name „bunt.saar“ wurde
bereits gewählt, bevor ich gekommen bin, er hat mir gefallen. Dieses politische Start-up, das sich zum
Ziel gesetzt hat, die Gesellschaft zu verändern, hat für mich ganz großen Reiz. Denn ich glaube, wir
müssen ganz viel in unserer Gesellschaft verändern! Das betrifft Klimawandel, gesellschaftlichen
Wandel und Strukturwandel. Wenn man sich zu diesen Themen die Frage stellt: Wie sieht es denn
hierzu mit Fairness und Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft aus? Ich finde hier haben wir sehr viel
zu leisten und müssen mit den Menschen auch ganz offen darüber sprechen. Wir wollen eine
Gesellschaft die fairer wird, eine Gesellschaft, die das Thema Ökologie viel stärker in den Mittelpunkt
rückt, wir wollen eine gesellschaftliche Veränderung. 


L!VE: Betrifft diese angestrebte gesellschaftliche Veränderung auch LGBTQ (Lesben, Schwule,
Bisexuelle, Transgender, Queer)?  
Selbstverständlich betrifft das auch LGBTQ! Das gehört zum Selbstverständnis der Mitglieder von
bunt.saar. Auch hier sind wir bunt aufgestellt und vor diesem Hintergrund passt das natürlich auch.
Aber es ist jetzt nicht der entscheidende Punkt für die Namensgebung „bunt.saar“ gewesen, das wäre
zu vordergründig. LGBTQ gehören zu unserem Selbstverständnis.  

L!VE: Jüngst kursierten Meldungen, dass „bunt.saar“ ihre Teilnahme an der Landtagswahl im März
diesen Jahres zurückzieht. Ist da was dran bzw. kann das noch passieren?
Das ist völliger Quatsch. Im Wahlkampfzeiten muss man immer auch mit „Fake-News“ rechnen. Wir
haben in allen drei Wahlkreisen Unterschriften gesammelt. Wir mussten jeweils 150 Unterschriften
sammeln. In Neunkirchen haben wir 250 Unterschriften abgegeben, in Saarbrücken und in Saarlouis
waren es jeweils 300. Das haben wir also mühelos geschafft. Und die Menschen, die für uns
unterschrieben haben, die erwarten auch etwas von uns. Wir sind nicht gegründet worden, weil
andere Schwierigkeiten haben, sondern wir haben eine dezidiert eigene Position. Wir haben ein
Programm, das auch für den „Wahl-O-Mat“ geeignet ist. Wer sich zum Beispiel über den Wahl-O-Mat
mit unserem Programm auseinandersetzt, wird feststellen, dass wir in bestimmten Bereichen sehr
besondere Positionen vertreten. Warum sollten wir also zur Landtagswahl nicht antreten? Wir wollen
die Politik verändern. Wir wollen zeigen, dass man im Saarland auch andere Politik machen kann. Wir
wollen den Mund aufmachen und sind dabei 100% parteifrei. Wir sind von keiner Bundespartei
abhängig, uns kann niemand reinreden. 

L!VE: Wie geht es für dich im Erfolgsfall und wie im Misserfolgsfall bei der Landtagswahl weiter? 
Ich kandidiere als Spitzenkandidat und um zu gewinnen. Ich bin da optimistisch und mit uns muss
man rechnen. Es gibt viele Menschen, die mit den Parteien nichts mehr anfangen können. Wenn ich
es also in den Landtag schaffe, werde ich dafür sorgen, dass Stimmen von Bürger*innen dort zum Zug
kommen, auch zu Spezialthemen wie zum Beispiel zu Grubenflutung oder SVolt. Ich werde im
Landtag Position beziehen und dafür sorgen, dass die Politik anders kommuniziert wird. Wenn ich
nicht in den Landtag komme, bin ich weiterhin Bürgermeister von Illingen und entscheide dann, wie
lange ich das bleiben möchte. Gewählt bin ich bis 2025. Ich bin voller Energie und werde in jedem Fall
versuchen, vieles für die Menschen zu erreichen. 

L!VE: Wenn ihr in den Landtag gewählt werdet, welche konkreten politischen Maßnahmen und
Handlungen darf man von euch erwarten, die die Gleichberechtigung und gelebte
Selbstverständlichkeit in Akzeptanz und Umgang mit LGBTQ in unserer Gesellschaft fördern? 

Es gibt noch immer Diskriminierung. Diese muss weg, das sehe ich als Querschnittsaufgabe. Ich sehe
es als Aufgabe Reformbündnisse auf den Weg zu bringen, die dafür sorgen, dass Diskriminierungen
in jedem Fall abgebaut werden. 

L!VE: Sagen kann man viel, der Wert bemisst sich an den Taten… Wie bzw. durch was hast du
dieser geänderten Auffassung auf dem Weg, sozusagen „vom Saulus zum Paulus“, bereits Ausdruck
verliehen? 
Ich habe 2001 einen riesigen Fehler gemacht! Es war der Anfang einer Bewegung, zu der es die
ersten Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare gab und ich aus einer Kirmeslaune heraus völlig
idiotische Dinge gesagt hatte. Es gab dazu eine sehr heftige Debatte in der Öffentlichkeit und in
meiner Familie darüber. Insbesondere meine Schwester hatte mich deshalb „sehr hart
rangenommen“, aber auch gute Freunde. Ich habe in der Folge meine Positionierung zu dem Thema
um 180 Grad verändert. In der Zwischenzeit habe ich als Standesbeamter eine ganze Reihe
wunderbarer Trauungen - auch gleichgeschlechtlicher Paare - gemacht, mit Klavier und Gedichten,
worauf ich sehr stolz bin. 

Als Bürgermeister war ich vor zwei Jahren richtig gefordert, als im Rahmen unserer Partnergemeinde
Tuchów in Polen, dort erzkonservative Positionen der PiS-Partei gegen LGBTQ bezogen wurden. So
war auch in Tuchów u.a. die Einrichtung LGBTQ-freier Zonen im Gespräch. Das ist unerträglich und
meines Erachtens fast schon ein Aufruf zu Übergriffen! Wir haben zahlreiche Schwule und Lesben in
unseren Communities, die auch im Rahmen unserer Städtepartnerschaft Tuchow bereist haben.
Deren Sicherheit war in Gefahr, ganz zu schweigen von den betroffenen Polinnen und Polen, die dort
leben und weder frei noch sicher sind. Als ich dazu angeschrieben wurde, ob ich mich hier einsetzen
kann, war klar, dass wir hier zwingend Position beziehen müssen. Das habe ich getan und mit dem
Gemeinderat unsere klare Positionierung beschlossen: Es wird nach 20 Jahren keine offizielle
Städtepartnerschaft mit Illingen mehr geben und auch keine Städtebesuche, wenn Tuchow bei der
offiziellen Position deren Stadtrates bleibt. Ich habe diese klare Haltung auch in einem Brief an den
Stadtrat eindeutig und scharf formuliert. Dieser Brief wurde nie direkt beantwortet, aber Ende des
letzten Jahres kam dann die positive Nachricht der Bürgermeisterin von Tuchow - mit der ich immer
den informellen Kontakt hielt -, dass der Stadtrat nach heftigen Diskussionen von seiner
Positionierung abrückt. Ich bin froh, dass wir das so erreicht haben und es zeigt sich auch die

Wichtigkeit einer klaren Positionierung, dass Diskriminierung unter gar keinen Umständen zulässig ist
und man da nicht nachgeben darf. Wir müssen in Europa auch diese Positionierungen dort vertreten,
wo es nicht nur um Deutschland geht. 

L!VE: Nach 47 Jahren Mitgliedschaft bist du aus der Partei CDU ausgetreten. Du warst damals auch sehr engagierter Wahlkämpfer für deine damalige Parteikollegin Annegret Kramp-Karrenbauer. Sie hat ihre eindeutige persönliche Ablehnung der „Ehe für alle“ bis heute nicht revidiert. Ihres Erachtens fördere das Erlauben der leichgeschlechtlichen Ehe, in der Folge auch die Heirat zwischen engen Verwandten oder eine Heirat zwischen mehr als zwei Menschen. Das sind die Grundlagen zweier Strafrechtsbestände „Inzest“ und „Vielehe“. Diese klare persönliche Haltung hatte AKK zuletzt 2019 bei Sandra Maischberger und Bettina Böttinger erneut bekräftigt und auch nie revidiert.
Solche Äußerungen sind meines Erachtens völlig absurd und ich war auch entsetzt als ich diese
gesehen und gehört habe. Ich verstehe gar nicht wie man solche Gedanken äußern kann. Für mich ist
das völlig abwegig.

L!VE: Als ehemaliger enger innerparteilicher Förderer von AKK war deine Haltung zumindest ähnlich.
Im Jahr 2001 sagtest du: „Trauungszeremonien wird es für Schwule und Lesben in Illingen nicht
geben. Wer schwule Folklore will, soll nach Saarbrücken gehen.“ 
Ja, das war von mir eine schwere Fehlleistung und von mir völlig idiotisch das zu sagen. Wie erwähnt
war das eine Äußerung in einer Kirmesstimmung und manchmal ist es besser länger nachzudenken
bevor man sich äußert. Es war damals zugegebenermaßen auf einer Schiene, bei der ich gestehen
muss, ich habe mir da nicht viel dabei gedacht. Es war für eine wohlfeile Schlagzeile in einer Art und
Weise formuliert, zu der ich heute sage „völlig irre so etwas zu tun. Es war ein schwerer Fehler, für
den ich mich entschuldige und bereits entschuldigt habe.“ Es gab heftige Diskussionen im
Gemeinderat, in der lokalen Presse. Ich habe mit vielen Lesben- und Schwulen darüber geredet, auch
in meinem direkten Umfeld. Inzwischen habe ich viele gute lesbische und schwule Freundinnen und
Freunde. Heute schäme ich mich dafür und frage ich mich selbst: „wie konnte ich das tun?“ Aber ich
habe es getan und kann ja nicht meine eigene Geschichte leugnen. Aber jeder Mensch macht - denke
ich - auch Fehler. Diesen habe ich tief bereut, gleichzeitig hat er mir auch geholfen, weil er mich
sensibilisiert hat. Er hat auch viele Illinger Bürgerinnen und Bürger sensibilisiert, weil daraufhin das
Thema öffentlich sehr präsent ausdiskutiert wurde. Ich denke das hat nicht nur mich persönlich,
sondern auch unsere gesamte Gemeinde weitergebracht. Und das vor 20 Jahren! 

L!VE: Welche abschließenden Worte möchtest du an unsere Leser, Zuseher, Zuhörer aus der
LGBTQ-Community richten? 
Diversity und Vielfalt selbstverständlich zu leben ist für mich ein Schlüsselerlebnis und Anliegen. Ihr
habt mit „bunt.saar“ eine der stärksten FürsprecherInnen alle Diskriminierungen und Vorurteile
gegenüber LGBTQ gänzlich abzubauen.

Danke, dass Ihr da seid!

Neulich – es muss etwa Mitte Dezember gewesen sein – am Eingang zum Schulhof einer Saarbrücker Grundschule. Alles in allem eine typische Nachmittagsszene: Eltern warten auf ihre Kinder. Kinder warten auf ihre Eltern. Und ich mittendrin, warte auf Max. Und während sich Max beim Verlassen der Schule – wie gewohnt – alle Zeit der Welt lässt, stehe ich dezent abgenervt draußen am Tor und schaue den anderen Kids beim Spielen auf dem Hof zu. Plötzlich stürmen mehrere dieser kleinen Menschen auf mich zu, umringen mich. Einer von ihnen fragt ganz forsch: „Stimmt das? Dass Max’ Papa gestorben ist?“ Zugegeben, die Frage erwischt mich kalt und trocken, und ich antworte mit leicht unterkühltem Tonfall „Ja, das stimmt.“ Aber der kleine Mensch lässt noch nicht locker und stellt mir schon die nächste Frage: „Und stimmt es, dass Max’ Papa berühmt ist?“ Und während die Kälte in mir verfliegt und von einem warmen Gefühl abgelöst wird, antworte ich: „Ja, das stimmt. Vielleicht nicht wahnsinnig berühmt, aber doch schon so ein bisschen.“

In den letzten zehn, elf Jahren war ich sicherlich tausende Male mit Klaus unterwegs – tags wie nachts, als Freunde, als Paar, als Eltern, als Familie. Dabei war mir eines vom ersten Tag an unbegreiflich: Wie kann nur ein einziger Mensch immer und wirklich überall so unglaublich viele Leute kennen? Lange Zeit fand ich darauf keine wirkliche Antwort. Ich erklärte mir seine Bekanntheit mit seinem langjährige Dasein als DJ und Veranstalter, manchmal auch mit seiner ausgeprägten Kontakt- und Kommunikationsfreude. Mittlerweile weiß ich: es war nichts von all dem. Es war seine Herzenswärme, seine unglaubliche Offenheit und seine Unfähigkeit, mit Gefühlen hinterm Berg zu halten. Es waren seine Realness und seine Sturheit. Es waren sein Humor, seine manchmal grenzwertigen Witze und seine Fähigkeit, einen Raum innerhalb kürzester Zeit mit Lachen zu füllen. Wenn Klaus irgendwo auftauchte, war er nicht nur da, sondern er war absolut präsent!

Wie „berühmt“ der Mann an meiner Seite tatsächlich war, habe ich erst mit seinem Tod wirklich begriffen. Die Anteilnahme, die man uns entgegen brachte bzw. immer noch entgegen bringt, war und ist einfach unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass mir Beileidsbekundungen, Postkarten, Posts und Nachrichten mit persönlichen Worten und Wünschen mal so wichtig sein könnten. Aber das waren sie. Sie haben Max und mich durch die dunkelsten Tage begleitet und uns ein bisschen von dem Licht, dass Klaus umgab, zurückgegeben. Und dafür möchte ich an dieser Stelle aus ganzem Herzen Danke sagen!

Danke für all die lieben Worte, die Max und mich seit dem 17. Oktober erreicht haben!

Danke an den lieben Fabian, der innerhalb kürzester Zeit eine unglaubliche Spendenaktion ins Leben gerufen hat!

Danke an all diejenigen, die uns mit großen und kleinen Spenden unterstützt haben!

Danke an das Bestattungsinstitut Hubert Laubach, dass uns mit viel Souveränität und Nervenstärke durch die Organisation der Beisetzung manövriert hat!

Danke an das Team vom Bistro Café Nauwies, welches uns mit der Ausrichtung des Leichenschmaus unterstützt hat!

Danke an die Teams vom Silodom und Sektor Heimat sowie alle Helfer vor Ort, die gemeinsam die Ausrichtung der offiziellen Abschiedsfeier gestemmt haben!

Danke an Getränke Dubios GmbH und Karlsberg, die die Getränke für die offizielle Abschiedsfeier gestellt haben!

Danke an all die guten Freunde und besonderen Menschen, die mir in den letzten zwei Monaten den Rücken freigehalten haben und die immer für Max und mich da waren!

Danke an alle Krieger, die mir im Kampf gegen Trauer und Finsternis zur Seite stehen!

Und danke all jenen, die ich bei dieser Danksagung eventuell vergessen habe könnte – ist nicht böse gemeint!

Wo auch immer Klaus jetzt hinterm Mischpult steht, er wäre unglaublich stolz und gerührt von der Tatsache, so vielen tolle Menschen in seinem Leben gehabt zu haben!

Max und Andrea

Auf wiederhören

1994 war ein gutes Jahr für Hans Müller und die Stadt Saarbrücken. In diesem Jahr verschlug es den damaligen BWL-Student an die Saar. Im Anschluss bereicherte der Regensburger als DJ Landa del Tigre das Saarländische Nachtleben und als Betreiber des „Humpty Recordstore“ die elektronische Musikszene. Jetzt verlässt Hansi das Saarland und kehrt in die bayrische Heimat an der Naab zurück. L!VE hörte nach warum.

L!VE: Die Legende besagt, unsere Gemeinde hat Deine Anwesenheit einem Zufall zu verdanken?

Hans Müller: Das stimmt. Eigentlich wollte ich nach England fahren. Ich kam von Regensburg und wollte mal nicht über Köln, sondern über Luxemburg fahren, und so kam ich zwangsläufig in Saarbrücken vorbei – und genau da ging meine Karre kaputt. Das war so der Anfang, ich stand da und der Wagen war unwiederbringlich dahin. Da dachte ich, das sei ein Zeichen. Ich suchte mir einen Laden, weil ich sowieso was aufmachen wollte. So landete ich in Saarbrücken.

L!VE: Gewissermaßen die Autopanne als Wink des Schicksals?

H.M.: Genau so war das! Ich war da kurzentschlossen! Natürlich bin ich nochmal kurz zurück nach Regensburg. Ich musste ja meine Sachen holen. Aber nach zwei Wochen war ich wieder hier, das ging ganz schnell. Ich hatte mir vorher auch noch ein Ladenlokal ausgeguckt und bin erst dann zurückgefahren. Der Laden war passenderweise in der Nauwieserstraße, genau da wo ich liegengeblieben war. Da hatte ich ja noch kein Handy und so bin ich ausgestiegen und hab‘ mich hilfesuchend zu Fuß auf den Weg begeben. Nach ein paar Schritten stehe ich auf einmal vor einem leeren Ladenlokal. Ich habe dann einen Nachbarn gefragt, wem das Haus gehöre, weil mich das direkt interessiert hat. Vor dem Haus auf der anderen Straßenseite saßen auch ein paar Leute, die auch meinten, es sei schon cool hier. Außerdem hab‘ ich mir gedacht, dass Heidelberg ja auch nicht weit ist von hier, wo ich eine Freundesbasis hatte, die schon viel mit Platten zu tun hatten, die Humpty-Leute zum Beispiel. Mit denen hatte ich schon immer zu schaffen, von Anfang an. Schließlich dachte ich mir, liegt doch wirklich nah, machen wir! Der Laden dort war allerdings total runtergekommen und ich musste den erstmal ausbauen. Deswegen musste ich auch erstmal keine Miete zahlen, was ehrlich gesagt auch ein Riesenargument war. Ich habe dann wie verrückt renoviert und am Ende war es dann so, dass ich Mitte Oktober ’94 die Autopanne hatte und den Laden schon am 1.11. eröffnet habe.

L!VE: Den Plan einen Plattenladen zu machen hattest Du also auch schon vor dem unfreiwilligen Autostopp?

H.M.: Nee, eigentlich wollte ich eine Kneipe aufmachen oder ein Café. Aber das mit den Plattenläden war auch schon immer auch im Hinterkopf auch wegen des Kontakts zu den Heidelbergern. Von denen hatte ich ja immer Platten mit nach Regensburg genommen, wo ich damals BWL studiert hatte. Und Saarbrücken fand ich schon immer auch in dieser Hinsicht sehr interessant, muss ich ehrlich sagen. Damals gab es nur das Delirium, wo ich auch schon mal eingekauft hatte. So hab‘ ich mir gedacht, da muss noch ein Laden her. Ein paar Wochen später gab es dann mit Hard Wax und mir sogar schon drei. Tatsächlich gab‘ es dann hier, gemessen an der Einwohnerzahl, die größte Plattenlädendichte im ganzen Land. Dann kam auch noch das Rex Rotari, ein Reggae-Laden und Short Egg in der Mainzer dazu. Zu den besten Zeiten gab es dann noch Läden in Neunkirchen, Saarlouis und Zweibrücken. Mich haben dann öfter mal Vertriebsleute gefragt: „Was ist denn da bei euch los in der Gegend, sind die alle verrückt?“ Ich habe dann nur gesagt, stimmt!

L!VE: Apropos Platten, Deine Basis ist nach wie vor Vinyl?

H.M.: Auf jeden Fall. Es gab zwar zwischenzeitlich so Momente, wo man überlegen musste, wo die Reise hingeht. Wir wussten, dass wir tolle und treue Kunden hatten, aber trotzdem kannst Du ja nie wissen, was in ein paar Jahren sein wird. Damals hatte ich dann das Sortiment auf Farben ausgedehnt, eine Idee, die ursprünglich von Kunden kam, weil es in der Stadt kaum ein Angebot gab. Das war dann sofort ein zweites Standbein, was es mir sehr leicht gemacht hat, über Vinyl gar nicht weiter nachdenken zu müssen. Das war echt eine Riesenhilfe und das blieb auch so bis heute. Inzwischen ist Vinyl natürlich wieder wesentlich stärker geworden in den letzten Jahren, keine Frage.

L!VE: Nochmal kurz zurück zum Anfang, die Liebe hat also gar keine Rolle bei der Umsiedlung gespielt?

H.M.: Ganz im Gegenteil! Die Liebe zum Saarland kannte ich ja noch gar nicht. Das Saarland war für uns Bayern ja damals überhaupt nicht existent, sorry. Ansonsten hatte ich ja meine ganzen Freunde und Bekannte in Regensburg, Heidelberg und München. Ich musste da schon einen ganz schönen Cut machen. Ich hatte einen einzigen Schulfreund, der Saarländer war. Mit dem wollte ich ursprünglich das Café aufmachen. Von daher gab es eine minimale Beziehung hierher, weil ich ihn später auch mal besucht hatte. Der ausschlaggebende Punkt war aber wirklich die Autopanne. Und natürlich, dass die Stadt ein Wahnsinnspotential hatte - und hat!

L!VE: Warum dann jetzt die Kehrtwende zurück in die Heimat?

H.M.: Das hatte ich eigentlich schon von Anfang an vor. Denn ich bin ein Zugvogel und es zieht mich immer weiter. Am Anfang hatte ich ja überhaupt kein soziales Umfeld hier. Das war nicht so ganz einfach und ich habe die ersten Monate ja auch noch im Laden gewohnt; ein echtes Abenteuer. Schon da habe ich mir gedacht, dass acht Jahre in meinem Leben immer so ein Rhythmus sind. Da hatte ich immer wieder was Schwerwiegenderes geändert. Schon weil mein Vater in der Armee war, sind wir alle paar Jahre umgezogen, von daher hatte ich das so’n bisschen drin. Ich habe mir also gedacht, acht Jahre bleibst Du mal hier und guckst mal, was Du draus machst. Es hat mir ja auch gut gefallen hier. Und erst jetzt merke ich wie lange die acht Jahre jetzt tatsächlich sind, denn jetzt sind ja 27 daraus geworden.

L!VE: Dennoch kommt dein Wegzug jetzt doch recht überraschend.

H.M.: Ich bin halt echt schlecht im Verabschieden, muss ich sagen. Es war wie gesagt ja schon länger geplant. Ich baue schon seit längerem ein Haus in an Naab. Das Haus ist jetzt so gut wie fertig. Da ist es klar, dass man den Weggang plant. Meine Eltern werden auch nicht jünger, mein Sohn ist mit der Schule fertig geworden und auch im Laden muss jetzt einfach ein Generationswechsel her. Denn der braucht künftig Ideen, die ich nicht mehr liefern kann und mein Nachfolger Metty macht das einfach mehr als gut. Es hat jetzt einfach alles zusammengepasst.

L!VE: Die Pandemie hat bei dem Entschluss gar keine Rolle gespielt?

H.M.: Nein, überhaupt nicht! Die spielt für mich gar keine Rolle! Die Leute bleiben ja im Endeffekt dieselben. Von daher hat das meine Entscheidung weder beschleunigt noch gebremst. Ich werde es nur in Zukunft deutlich einfacher haben, da ich viel weniger Menschen vor mir habe werde. Was das Geschäft angeht, haben wir hier in den letzten zwei Pandemie-Jahren gelernt, wie cool die Leute hier sind. Echt wahr! Es gibt nur ganz wenige Städte, wo die Leute so eine Bindung zu dem haben, was ihnen vor Ort geboten wird, muss ich ganz ehrlich sagen. In dem Zusammenhang auch ein ganz großes Dankeschön an die Leute!

L!VE: Gibt es etwas, was Du auf jeden Fall aus Deiner Zeit hier mitnimmst?

H.M.: Weißt Du was ich wirklich gelernt habe: Menschen sind mehr wert als Geld! Auch den ganzen Laden hier machen nur die Menschen, machen nur die Leute aus. Das Geld ist dann das, was danach kommt. Wenn du nur aufs Geld zielst, veränderst du dich – und nicht zu Deinem Besten. Wenn du mit den Menschen klarkommst, dann wirst du vielleicht nicht reich, aber willst du das denn? Das letzte Hemd hat keine Taschen. Ich habe echt gelernt, dass ich zwar gut mit mir alleine zurechtkomme, aber ich bin wirklich froh, wenn es Menschen gibt, die einen mögen!

L!VE: Abschließend bleibt uns Saarbrückern erstmal nur, uns bei Dir für den Soundtrack der letzten knapp drei Jahrzehnte zu bedanken! Hast Du noch irgendwelche letzten Worte zum Abschied?

H.M.: Wir sehen uns wieder!

Unmöglich möglich

Hallo Mikrokosmonauten: Wir sollten uns „ent-sollten“!

Ich habe nachgedacht. Viele Jahre meines Lebens war ich der Auffassung, dass es immer die anderen sind, die über mein Leben urteilen, meine Entscheidungen kritisieren und mich in ein Korsett eines bestimmten Lebensweges pressen möchten. Ich war immer der Auffassung, dass es die anderen sind, die mir Druck machen, zu heiraten, ein Haus zu bauen und an meiner finanziellen Unabhängigkeit zu arbeiten. Inzwischen komme ich jedoch nach und nach von dieser Annahme ab. Denn so wichtig bin ich für andere gar nicht. Was ich damit sagen möchte ist, dass die Menschen in meinem Umfeld zwar durchaus mal gut oder weniger gut finden, was ich tue oder nicht. Jedoch drehe ich mich nicht ständig um sie, als dass sie mich andauernd einer Art „gesellschaftlichen Rankings“ unterziehen müssten. Dazu haben die alle schlichtweg zu viel zu tun. Mit ihrem eigenen Leben beispielsweise. Und mit ihren eigenen Entscheidungen, die aus all den Möglichkeiten resultieren, die die Welt für sie bereithält. Und als ich mich neulich dabei ertappte, wie ich mich zum wiederholten Male ermahnte, ich sollte statt faul auf der Couch rumzuliegen doch etwas Weltverbesserndes, Konstruktives, Phänomenales tun, dämmerte es mir: Vielleicht bin ich es selbst, die mich immerzu für die Dinge kritisiert oder sogar verurteilt, die ich tue.

Offenkundig! In letzter Zeit ertappe ich mich dabei, wie ich mich andauernd aus dem grammatikalischen Möglichkeiten-Katalog bediene und solche Sachen sage wie: „Ich sollte mehr Sport treiben!“ oder „Ich müsste mal wieder abnehmen!“ oder aber der Klassiker: „Ich sollte mich nicht so gehen lassen!“. Der Konjunktiv als ständiger, nerviger Begleiter. Und ich komme nicht daran vorbei, mir die Frage zu stellen:

Seit wann „be-sollten“ wir uns denn so?

Jetzt mal Hand aufs Herz: Wie oft ertappen wir uns dabei, wie wir uns mit überhöhten Ansprüchen an uns selbst regelrecht übernehmen? Und wie wir dann anfangen, uns zu gängeln, dass wir doch dies und das sollten oder könnten oder was-weiß-ich. Was denken wir uns eigentlich dabei? Glauben wir allen Ernstes, dass überzogene Ansprüche der Schlüssel zum Erfolg sind? Getreu dem Spruch: „Glücklich sind die Anspruchslosen“ ist es nun an der Zeit, unsere Erwartungen durchaus etwas runterzuschrauben. Vor allem die an uns selbst.

Gute Vorsätze?

Es ist doch jedes Jahr das Gleiche: Der Jahreswechsel ist das beste Beispiel dafür, uns unsere vermeintliche Mittelmäßigkeit vor Augen zu führen. Ich glaube sogar, dass Silvester der ultimative „Hätte, würde, sollte-Tag" überhaupt ist! Traurig, aber wahr, aber es zeigt sich Jahr um Jahr, dass wir Vorsätze schmieden, die uns besser, schöner und im Optimalfall schlauer machen sollen. Ausgenommen sind die wenigen, deren Ego größer ist als das von Annalena Baerbock. Es ist ja schön, sich neue Ziele zu stecken, denn Stehenbleiben ist keine Option. Allerdings habe ich gemerkt, wie frustrierend es sein kann, sich selbstkritisch und kontrollverliebt durchs Leben zu jagen. Natürlich sollte ich genügend Sport treiben, in Gesprächen immer möglichst unterhaltsam und lustig sein, wenn`s geht nicht zu viel zu trinken und noch weniger zu fluchen, mich an die Geschwindigkeit halten und bloß nicht jammern, wenn’s mal schwierig wird. Aber seien wir mal ehrlich: Der Satz „Ich sollte mich nicht so gehen lassen!“ ist die maximale Verunglimpfung der eigenen Person. Sich gehen lassen. Was für eine Frechheit und ein Eingeständnis, dass man sich selbst offensichtlich ziemlich unattraktiv und erfolglos findet. Stattdessen sollten wir es uns vielmehr gut gehen lassen!

Und damit nicht genug. Wer zu hohe Ansprüche an sich selbst hat, ist erwiesenermaßen unglücklich. Einerseits, weil man zu selbstkritisch ist, sich für Fehler verurteilt, sämtliche Rollen im Leben perfekt zu meistern versucht, sei es im Beruf, in der Familie und in Liebesbeziehungen, und obendrein dazu neigt, eigene Erfolge herunterzuspielen. Und andererseits, weil eine unbändige Angst besteht, von anderen abgelehnt zu werden, wenn Leistungen nicht erfüllt werden. Und außerdem sollten wir uns keinesfalls den übriggebliebenen Rest der Weihnachtsplätzchen reinpfeifen! Denn das sollte und dürfte einfach nicht sein und macht uns automatisch zu den Abtrünnigen der Gesellschaft!

Schluss mit „hätte, würde, sollte“?

Die Möglichkeitsform bietet im umgekehrten Fall aber auch unzählige Möglichkeiten! Und Konjunktiv sei Dank bewahrte mich so manches „hätte, würde, könnte, sollte“ schon oft vor Schlimmerem. Sätze, in die solche Wörter gepackt werden, wirken in manchen Situationen wesentlich weicher, entschärfter und ja, auch netter. „Ich würde ja gerne mit dir in Wollsocken am Kamin faulenzen, aber ich sollte meine Kreditkarte besser bei einem ausgedehnten Shoppingtrip zum Glühen bringen. Es könnte nämlich sonst zu hormonbedingten Ausfällen meinerseits kommen, die zur Folge haben könnten, dass es Todesfälle zu beklagen gibt."

Aber ist es nicht genau das? Ein Konjunktiv beschreibt doch einfach nur, dass etwas möglich ist. Es ist also nicht unmöglich, von einer Möglichkeitsform insoweit abzurücken, wie man selbst dazu bereit ist. Oder in meinem Falle: Ein Konjunktiv ist so lange der Mahnende, wie ich ihn lasse, der Mahner zu sein. Ansonsten ist er nämlich eigentlich ganz in Ordnung. Also er könnte zumindest in Ordnung sein, sofern ich das zulasse. Könnt ihr mir noch folgen?

Es ist doch so: „Ich sollte mehr Sport treiben!", ist die kühne Art, mich darauf hinzuweisen, dass ich jederzeit Sport machen könnte, es aber keineswegs muss. Es bleibt lediglich eine Option. Aber hey, wie toll ist es, dass ich es überhaupt könnte, wenn ich denn wollte. Ha! Was für eine Möglichkeit! Da kann der Mahner in mir jetzt staunen! Aber ernsthaft: Wenn vor jedem „Ich sollte“-Satz, der ursprünglich darauf abzielen sollte, uns  klein zu machen, zu kritisieren oder sogar zu erniedrigen der Mahner darin des Hauses verwiesen werden würde, wäre der Satz überhaupt nicht mehr schlimm. Im Gegenteil. Er hätte eine Leichtigkeit inne. Ganz nonchalant käme er daher und würde uns überhaupt nicht mehr stressen. Es könnte so einfach sein. Und ist es auch.

Ich wünsche Euch einen guten Start ins neue Jahr. So viele Möglichkeiten warten.

Lasst sie uns nutzen!

Osthafen unter Strom

Der Saarbrücker Unternehmer Andreas Hoffmann setzt sich für eine Neugestaltung des ehemaligen Osthafens zum nachhaltigen Kulturort ein. Woher er als Geschäftsführer eines der führenden europäischen Unternehmen der Solarenergie-Branche Zeit, Energie und Motivation nimmt, verrät er uns im Gespräch

Die Greencells Group startete im Jahr 2009 als kleine Montagefirma in Saarbrücken. Seither ist das Unternehmen zu einem der größten europäischen Anbieter von Solarkraftwerken gewachsen, der weltweit über 300 Mitarbeitern beschäftigt und Tochtergesellschaften in Asien, dem Mittleren Osten und den USA gründete. Der Weg dorthin erfordert besonders von Gründer und Geschäftsführer Andreas Hoffmann immer wieder Einsatz, gerade weil sich die Branche in jüngster Zeit in einer Krise befand und auch die Corona-Pandemie für zusätzliche Schwierigkeiten sorgte.

Trotzdem fand der 44jährige noch die Zeit gefunden, sich beispielhaft für ein Projekt zur nachhaltigen Wiederbelebung des ehemaligen Saarbrücker Osthafens, eines seit langem leerstehenden Industriekomplexes, einzusetzen. Vor allem die zwischenzeitliche kreative gastronomische Nutzung der Fläche hat das Gelände zu einem echten Lieblingsort vieler Saarbrücker gemacht. In Abstimmung mit dem dort aktiven Vereinen Sektor Heimat und WiWo entwickelte Andreas Hoffmann jetzt ein Konzept für den Osthafen, das ausreichend Raum für die kulturelle Nutzung lässt und der lokalen Kunstszene den erforderlichen Raum lässt, um sich frei entfalten zu können.

L!VE: Wo nimmst du die Zeit her, um neben deiner hauptberuflichen Tätigkeit noch solche Projekte zu entwickeln?

Andreas Hoffmann: Es wird tatsächlich Zeit, dass ich ein bisschen runterfahre. Bei Greencells war es so, dass wir eigentlich zu spät gestartet sind. Denn die erste große Solarwelle war schon am Abebben und die Branche steuerte gerade auf eine Krise zu, als wir loslegten. Dann gab es plötzlich keinen Markt mehr in Deutschland und wir mussten ins Ausland, um unser Unternehmen nicht schon unmittelbar nach dem Start sterben zu sehen. Was wir dann getan haben, war jedoch keine total clevere Internationalisierungsstrategie, sondern eher „run for your life“. Es gab nur zwei Alternativen: Entweder aufgeben und untergehen oder dort arbeiten, wo es funktioniert. Obwohl wir uns für die zweite Möglichkeit entschieden, agierten wir weiter von Saarbrücken aus. Unser größeres Büro in Berlin wurde geschlossen, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellen sollte. Denn eine Zeit lang ist es uns hier in Saarbrücken sehr schwergefallen, Mitarbeiter zu finden oder Leute zu begeistern hierher zu kommen. Wenn du in Berlin einen chilenischen Mittelspannungsingenieur suchst, dann hast du am nächsten Tag fünf Bewerbungen. In Saarbrücken hättest du jemand Schmerzensgeld zahlen müssen, abgesehen davon, dass man nicht den Fehler machen darf, die Leute bei schlechtem Wetter im November hierher einzuladen. Letztlich mussten wir flexibel sein und die Leute von dort aus arbeiten lassen, wo auch immer sie waren bzw. arbeiten wollten. Diese Routine hat uns dann in der Covid-Krise sogar geholfen. Wir hatten weiter hier in Saarbrücken unsere Homebase und dehnten uns in ganz Europa aus. Leider haben wir uns dann auch noch auf andere Kontinente begeben, was zu immensen Reisetätigkeit und Raubbau am eigenen Körper geführt hat… Im Nachhinein, wenn ich’s nochmal machen dürfte, würde ich das vermeiden, denn manchmal bin ich aufgewacht und wusste wirklich nicht wo ich bin. Da waren schon viele 16-Stunden-Tage und an den Wochenenden auch nochmal sechs bis acht Stunden. Bei manchen Aktionen, muss ich sagen, kommt man dann auch nicht so gut raus. Ähnlich wie in einer Bobbahn, einmal losgefahren, musst du da dann bis zum Ende durch. Aussteigen tut echt weh und führt  zu schlimmen Kollateral-Schäden. Ein oder zwei mögliche Haltestellen hab‘ ich leider verpasst. Jetzt nähere ich mich wieder so einer Haltestelle und die will ich dann aber auch sehr bewusst wahrnehmen. Deshalb, auch wenn der Akku schon ziemlich leer ist, bis jetzt hab‘ ich alles hingekriegt. Im Leben geht es oftmals um Timing und manchmal ist das Timing auch gut. Das Projekt Osthafen hätte ich in den letzten 18 Monaten nie so beherzt angehen können, wenn nicht die Pandemie gekommen wäre, denn dann hätte ich im Flieger gesessen.

L!VE: Was liegt dir mehr am Herzen. Die Firma Greencells oder die Entwicklung des Osthafens?

A.H.: „Beides triggert mich auf unterschiedliche Weise. Bei Greencells war es für mich die Idee, seit langem wieder was Sinnstiftendes zu tun, etwas wie es eigentlich in meiner Jugend und Kindheit von Bedeutung war. Zwischendurch, bei den Ausflügen in die Gastronomie oder die Werbung, verfolgte ich eher spaßgetriebene Projekte. Angesichts der Möglichkeit, wieder was Sinnstiftendes tun zu können, habe ich mir gesagt, das will ich jetzt mal durchziehen, bis ich wirklich der Meinung bin, es hat seine volle Ausbaustufe erreicht. Allerdings habe ich unterschätzt, was das bedeutet. Dann kam noch massiv der Einfluss exogener Faktoren hinzu, was ich vorher so nicht kannte. In den Projekten, die ich vorher gemacht hatte, gab es nicht so wirklich Sachen, die außerhalb der eigenen Kontrolle liegen und dann doch voll reinhauen… Was mich dagegen beim Projekt Osthafen antreibt und warum ich die Leute am Silo seit Jahren unterstütze, ist die Tatsache, dass Saarbrücken meiner Meinung nach, im Moment auf einem schmalen Grat unterwegs ist. Wir stehen an einem Scheideweg, leisten uns eine Universität, wo Leute einen Heulkrampf kriegen, wenn sie durch die ZVS hierherkommen. Wenn wir doch aber das viel Geld für eine Uni ausgeben, dann wollen wir doch auch, dass manche Leute anschließend hierbleiben. Oft hört man von solchen Leuten, dass sie ihr Meinung ganz schnell geändert hätten, weil der Saarländer ja so warmherzig und hilfsbereit sei. Aber trotzdem gehen diese Leute nach dem Studium. Sie sagen zwar, es war super hier und sind irgendwo vielleicht auch gute Botschafter für das Saarland, aber so richtig was gewinnen, tun wir hier dabei nicht, denn es wäre natürlich schöner, wenn die Menschen auch im Saarland bleiben würden. Und was bewegt denn junge Menschen nach dem Studium, in einem Alter wo sie ja noch richtig aktiv sind, auch und gerade in ihrer Freizeit. Das Thema Familiengründung findet erst wieder später statt. Um deren Ansprüchen zu genügen, muss die Stadt attraktiv bleiben. Und dazu gehört eben auch das, was Leute wie Tim Grothe am Ludwigskreisel, Michael Kastel und Giovanni D’Arcangelo in der City, Janis Mudrich am Silo oder ihr mit eurem Magazin auf die Beine stellt. Die halten eben nicht nur die Fahne des Nachtlebens hoch, sondern schaffen darüber hinaus die Verbindung zu Kunst und Kultur, was ja durchaus auch nahe beieinander liegt. So erreichst du eben ein signifikant breiteres Publikum, nicht nur die Tänzer und Raver, sondern sprichst auch die Leute an, die einen anderen, weiteren kulturelle Horizont haben, kommen dann dazu. Dann wird’s halt urban und dieses Urbane müssen wir stärken hier. Und weil ich nun mal hier lebe, ist es für mich wichtig, dass diese Stadt sich entwickelt. Wir haben natürlich ein paar Vorteile und die sollten wir aber auch wirklich nutzen!“

L!VE: Warum spricht dich das Thema so an?

A.H.: „Am Anfang habe ich bei meinen Managerjob das Nachtleben vermisst, weil es mir einfach Spaß gemacht hatte. Das ist dann irgendwann verschwunden, vielleicht auch über meine Rolle als Vater. Trotzdem wollte ich den Jungs da helfen, vielleicht auch irgendwie noch eine Rolle spielen und nicht ganz aus dieser Szene raus zu sein. Was die Gastronomie angeht, juckt es mich eigentlich nicht mehr, das können andere viel besser. Dann habe ich auch gemerkt, dass wenn ich noch Ambitionen hatte, da mitzugestalten, dann hat das am Schluss doch keinen Spaß gemacht. Da waren halt Leute am Start, die das tags wie nachts mit 100% betreiben und beherrschen. Die haben sich dann auch manchmal gedacht: „Ey Andy, ist ja nett, dass du uns hilfst, aber was soll das denn jetzt?“. Hier und da mal ein bisschen rumfummeln, hat nicht funktioniert und so bin ich dann einfach nur noch Gast gewesen, was dann auch immer weniger wurde. Jetzt aber freue ich mich, dass dieses Projekt, das inzwischen so viel Formen angenommen hat, von Kunsthandwerk und Ateliers, von Inklusion von Behinderten bis Gewaltprävention, von Proberäumen und Studios, einen Spannungsbogen schafft, alle kulturellen Facetten, die Saarbrücken bietet, jenseits von den etablierten und professionellen Institutionen wie Staatstheater und Museen dort zu beheimaten. Wenn das gelingt, habe ich erreicht was ich wollte.“

L!VE: War dein Leben als erfolgreicher Unternehmer eher Fluch oder Segen bei der Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen?

A.H.: Das habe ich so nicht wahrgenommen. Vielleicht war das auch gut so. Früher waren wir immer ungeduldig. Alles musste schnell gehen und gut werden. Dahinten haben wir jetzt über vier, fünf Jahre vorgearbeitet und uns erstmal ein gewisses Maß an Vertrauen erworben. Das hat auch schon mal wehgetan, wenn man dann keine richtige Unterstützung erfahren hat, wo ich aber heute sage, wenn wir dieses Gebäude auch noch übernehmen wollen und viel Geld investieren, gibt es ja unter Umständen auch Fragezeichen bei Außenstehenden, ob das wohl alles mit rechten Dingen zugeht oder ob wir vielleicht sogar was geschenkt bekommen. Deswegen gibt es die europaweite Ausschreibung nach EU Richtlinien, es gab einen städtebaulichen Wettbewerb und dadurch sind wir auf der sicheren Seite was mögliche Kritiken angeht, da wäre etwas gemauschelt worden. Die würden das Projekt nämlich schädigen. Wir haben diese Zeit also ohne Hilfen überstanden und vielleicht ist das gut, weil wenn wir jetzt Mitte Februar den Zuschlag erhalten, kann keiner was sagen.Mir ging es einfach darum, dass dort etwas passiert. Auch wenn wir nicht gewinnen, gelten doch trotzdem die Bedingungen wie sie in der Ausschreibung definiert wurden – und so ist dann auch das Ziel für den Osthafen erreicht.“

L!VE: Am Schluss muss eine Frage einfach kommen: was ist das nächste Projekt?

A.H.: Hoffentlich nix!

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